doc_lopez © photocase.com

Sonstige Themen, Top News -

EuGH zu Cannabis-Ersatz: Legal Highs sind keine Arzneimittel

Sog. „Legal-Highs“ sind nach derzeitiger Rechtslage tatsächlich legal. Die Kräutermischungen, die synthetische Cannabinoide enthalten und als Ersatz für Marihuana konsumiert werden, sind keine Arzneimittel. Das entschied jetzt der EuGH. Einige Strafverfolgungsbehörden und Gerichte hatten den Cannabis-Ersatz mangels einer Strafbarkeit nach dem Betäubungsmittelgesetz als Arzneimittel eingestuft.

Darum geht es

Zwei Verkäufer solcher Mischungen (Herr D. und Herr G.) wurden von den Vorinstanzen wegen des Verkaufs bedenklicher Arzneimittel zu Freiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung (Herr D.) bzw. vier Jahren und sechs Monaten (Herr G.) verurteilt; im Falle von Herrn G. wurde zudem ein Wertersatzverfall in Höhe von 200 000 € angeordnet.

Zu der für die Sachverhalte maßgeblichen Zeit fielen synthetische Cannabinoide nicht unter das deutsche Betäubungsmittelgesetz, so dass von den deutschen Behörden auf der Grundlage dieses Gesetzes keine Strafverfolgung eingeleitet werden konnte.

Der Konsum der in Rede stehenden synthetischen Cannabinoide führt im Allgemeinen zu einem Rauschzustand, der von gehobener Stimmung bis hin zu Halluzinationen gehen kann. Er kann auch Übelkeit, heftiges Erbrechen, Herzrasen, Desorientierung, Wahnvorstellungen und sogar Kreislaufversagen hervorrufen. Die besagten synthetischen Cannabinoide waren von der Pharmaindustrie im Rahmen vorexperimenteller Studien getestet worden.

Die Testreihen wurden bereits in der ersten experimentell-pharmakologischen Phase abgebrochen, denn es stellte sich heraus, dass die gesundheitlichen Effekte, die man sich von diesen Stoffen versprochen hatte, nicht erzielt werden konnten und dass erhebliche Nebenwirkungen aufgrund der psychoaktiven Wirksamkeit der Stoffe zu erwarten waren.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Mit seinem Urteil entscheidet der EuGH , dass der Arzneimittelbegriff im Unionsrecht Stoffe nicht einschließt, die – wie Kräutermischungen mit synthetischen Cannabinoiden – in ihrer Wirkung die physiologischen Funktionen schlicht beeinflussen, ohne geeignet zu sein, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein, die nur konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind.

Unter Berücksichtigung zum einen des Ziels des Unionsrechts, ein hohes Niveau des Schutzes der menschlichen Gesundheit zu erreichen, und zum anderen des Kontexts, in dem der Begriff des Arzneimittels steht, gelangt der EuGH zu dem Ergebnis, dass dieser Begriff Stoffe nicht einschließt, die in ihrer Wirkung die physiologischen Funktionen schlicht beeinflussen, ohne geeignet zu sein, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein.

Der EuGH beantwortet damit Fragen des BGH, der im Rahmen zweier Strafverfahren zu entscheiden hat, ob der Verkauf von Kräutermischungen, die synthetische Cannabinoide enthalten und als Ersatz für Marihuana benutzt werden, strafrechtlich unter dem Gesichtspunkt des illegalen Verkaufs bedenklicher Arzneimittel verfolgt werden kann. Zwei Verkäufer solcher Mischungen (Herr D. und Herr G.) wurden nämlich von den Vorinstanzen wegen des Verkaufs bedenklicher Arzneimittel zu Freiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung (Herr D.) bzw. vier Jahren und sechs Monaten (Herr G.) verurteilt; im Falle von Herrn G. wurde zudem ein Wertersatzverfall in Höhe von 200 000 € angeordnet.

Der Begriff „Arzneimittel“ ist u. a. in Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311, S. 67) in der durch die Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 (ABl. L 136, S. 34) geänderten Fassung definiert.

Nach dieser Bestimmung sind Arzneimittel „alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen“.

EuGH, Urt. v. 10.07.2014 - C-358/13 und C-181/14

Quelle: EuGH, Pressemitteilung v. 10.07.2014