Zwangsvollstreckung -

Pfändungsschutz bei Kontenpfändung

Zu den Voraussetzungen unter denen Eheleute im Falle der Pfändung von Guthaben auf dem Girokonto Vollstreckungsschutz beanspruchen können.

Pfändet der Gläubiger den einer Mitschuldnerin und Ehefrau zustehenden Auszahlungsanspruch aus Girokontovertrag gegen einen Drittschuldner, können die Schuldner und Eheleute zwar nicht nach § 850k ZPO, jedoch unter den Voraussetzungen des § 765a ZPO Vollstreckungsschutz beanspruchen, soweit das Guthaben auf dem Girokonto aus der Überweisung von unpfändbarem Arbeitseinkommen des Ehemannes herrührt.

Sachverhalt:

Die Gläubigerin erwirkte gegen die Schuldner, ein Ehepaar, einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über Forderungen der Ehefrau gegen die Drittschuldnerin aus der bestehenden Geschäftsverbindung. Drittschuldnerin war eine Sparkasse, bei der die Ehefrau ein Girokonto unterhielt. Auf dieses Konto wurde monatlich das Einkommen des Ehemanns, der über keine eigene Kontoverbindung verfügte, sowie eine Unterhaltszahlung des Kindsvaters eines der drei Kinder der Ehefrau überwiesen.

Auf Antrag der Schuldnerin hob das AG die Pfändung des Guthabens für den Monat November 2006 in Höhe von 1.486,14 € auf; der Betrag setzte sich zusammen aus 1.299,01 € Arbeitsentgelt des Ehemannes und 187,13 € Unterhaltszahlung des Kindsvaters der Tochter.

Das Beschwerdegericht wies die durch die Gläubigerin eingelegte sofortige Beschwerde zurück. Der BGH wies die eingelegte Rechtsbeschwerde als unbegründet zurück.


Entscheidungsgründe:

Der BGH hat im Ergebnis die Ausgangsentscheidungen bestätigt. Die Freigabe der Unterhaltszahlungen wurde dabei nicht weiter problematisiert, weil die Gläubigerin diese schon erstinstanzlich freigegeben hatte.

Bemängelt wurde allerdings, dass das LG zu Unrecht den Schuldnern Pfändungsschutz hinsichtlich des gepfändeten Auszahlungsanspruchs nach § 850k ZPO gewährte. Denn eine Aufhebung der Pfändung im Umfang des nach § 850c ZPO unpfändbaren Betrags von Arbeitseinkommen kommt in entsprechender Anwendung des § 850k ZPO zwar hinsichtlich solcher Leistungen in Betracht, die auf ein bei einem Geldinstitut unterhaltenes Konto des Arbeitseinkommen erzielenden Schuldners überwiesen werden (BGH NJW 2007, 604).

Die Regelung nach § 850k ZPO ist hingegen nicht anwendbar, wenn das Arbeitseinkommen auf Weisung des Arbeitnehmers auf ein Konto eines Dritten überwiesen wird, und der Gläubiger entweder den Anspruch des Berechtigten gegen den Kontoinhaber auf Auskehrung des betreffenden Betrags oder den Auszahlungsanspruch des Dritten gegen die kontoführende Bank pfändet (BGH NJW 2007, 2703; LG Berlin, Rpfleger 1992, 128 f.).

Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn der Kontoinhaber selbst Mitschuldner ist. Auch dann umfasst der ihm als Kontoinhaber gemäß § 850k ZPO gewährte Schutz nicht ein Guthaben, das nicht auf seinen eigenen Einkünften beruht.

Allerdings gewährte der BGH den Schuldnern Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO, soweit Gutschriften aus nach § 850c ZPO unpfändbarem Arbeitseinkommen des Mitschuldners und Ehemanns durch die Kontopfändung berührt waren.

Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift steht nicht entgegen, dass bei der erforderlichen Interessenabwägung im Einzelfall auch die in den gesetzlichen Pfändungsschutzbestimmungen zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertungen zu berücksichtigen sind (BGH NJW 2007, 604). Auf der Grundlage der Feststellungen der Vorinstanzen war daher den Schuldnern zur Vermeidung einer unangemessenen Härte der zur Bestreitung ihres notwendigen Lebensunterhalts erforderliche Betrag von 1.299,01 € für den Monat November 2006 zu belassen.

Die Gläubigerin wird dadurch, dass der Anspruch auf Auszahlung des Kontoguthabens gegen die Drittschuldnerin in Höhe des für den notwendigen Lebensbedarf beider Schuldner und ihrer gemeinsamen Kinder erforderlichen Betrags von der Pfändung ausgenommen wird, nicht unangemessen benachteiligt. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts könnte der Ehemann für das dem Auszahlungsanspruch zugrunde liegende Arbeitseinkommen in voller Höhe Pfändungsschutz nach § 850c ZPO beanspruchen. Durch die Anwendung des § 765a ZPO wird daher hier einer unzumutbaren Härte entgegengewirkt, die daraus resultiert, dass der Ehemann, dessen Familie auf die betreffenden Beträge existentiell angewiesen ist, über kein eigenes Bankkonto verfügt.


Konsequenzen der Entscheidung:

Obwohl die Entscheidung im betreffenden Einzelfall für den Gläubiger nachteilig ausfiel, bringt sie für vergleichbare Fälle in Zukunft Klarheit.

Der BGH betont ausdrücklich, dass ein Kontoschutz eines mitschuldnerischen Kontoinhabers (i.d.R. also Ehegatten, Lebenspartner) nach der hierfür eigens geschaffenen Regelung des § 850k ZPO nur dann zu gewähren ist, wenn auf das Konto ein Guthaben eingeht, das auf eigenen Leistungen beruht. Wenn aber wie im vorliegenden Fall der mitschuldnerische Ehegatte kein Kontoinhaber ist und daher nur das Konto des anderen Mitschuldners als banktechnische Abwicklung nutzt, so greift § 850k ZPO nicht. Vielmehr gilt dann § 765a ZPO.

Genau hier liegt der Vorteil für Gläubiger. Damit ein Schuldner den Vollstreckungsschutz aufgrund der Ausnahmeregelung (BGH NJW 1965, 2107) des § 765a ZPO in Anspruch nehmen kann, müssen nämlich folgende Voraussetzungen zwingend erfolgt sein:

  • Schuldnerantrag
    Dies bedeutet, dass der Schuldner die Leistungen ab Antragstellung nur für die Zukunft freigestellt bekommt, nicht hingegen für die Vergangenheit. Die Folge ist, dass dem Gläubiger daher die Leistungen zwischen dem Pfändungszeitpunkt (Zustellung an den Drittschuldner, § 829 Abs. 3 ZPO) und dem Antrag auf Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO zustehen.
  • Die Vollstreckung muss wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeuten, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist
    Dies ist dann gegeben, wenn die Zwangsvollstreckung sozusagen dem Anstandsgefühl der Allgemeinheit widerspricht und sie darüber hinaus zu einem ganz und gar untragbaren Ergebnis führt. In diesem Fall ist sie objektiv gesehenen sittenwidrig für den Schuldner. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass eine Sittenwidrigkeit dann vorliegt, wenn die Menschenwürde, die persönliche Freiheit oder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit tangiert ist (BVerfG NJW 1979, 2607).

Hierzu hat der Schuldner zwingend Umstände vorzutragen.

Quelle: Dipl.-Rechtspfleger Peter Mock - Entscheidungsbesprechung vom 09.06.08