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Formunwirksamer Vertrag zwischen nahen Angehörigen

Kommt der Formunwirksamkeit eines unter nahen Angehörigen abgeschlossenen Vertrages eine Indizwirkung gegen dessen steuerrechtliche Anerkennung zu?

Grundsätzlich sind nach der BFH-Rechtsprechung Vertragsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen steuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn die Verträge bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind. Bei Verträgen zwischen Eltern und Kindern ergibt sich das Erfordernis der Pflegerbestellung aus dem Wortlaut des Gesetzes. Denn nach § 1629 Abs. 2 BGB können Vater und Mutter ein Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1795 BGB ein Vormund von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist. § 1795 BGB wiederum regelt, dass der Vormund das Mündel u.a. nicht vertreten kann bei einem Rechtsgeschäft zwischen seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder einem seiner Verwandten in gerader Linie einerseits und dem Mündel andererseits. Es ist daher ein sog. Ergänzungspfleger durch das Vormundschaftsgericht zu bestellen. Verträge, die ohne Beachtung dieser Vorschriften geschlossen werden, sind schwebend unwirksam.

In dem Verfahren vor dem BFH ging es darum, dass der Kläger mit fünf seiner Kinder inhaltsgleiche Darlehensverträge abgeschlossen hatte, in denen sich die Kinder verpflichteten, ihrem Vater jeweils 50 000 DM zur Verfügung zu stellen. Die Kinder - beim Vertragsabschluss allesamt noch minderjährig - wurden dabei von ihrer Mutter, der Klägerin, vertreten. Ein Ergänzungspfleger wurde zunächst nicht bestellt. Mit dem von seinen Kindern empfangenen Geld führte der Kläger das Darlehen einer Hypothekenbank zurück, das er zur Finanzierung eines vermieteten Objekts aufgenommen hatte. Die an seine Kinder im Streitjahr gezahlten Schuldzinsen von insgesamt 12 500 DM machte der Kläger als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus der Vermietung dieses Objekts geltend.

Das Finanzamt ließ die Schuldzinsen nicht zum Abzug als Werbungskosten zu, weil die ohne Einschaltung eines Ergänzungspflegers abgeschlossenen Darlehensverträge zivilrechtlich nicht wirksam seien. Mit seinem Einspruch brachte der Kläger vor, aus Unkenntnis der zivilrechtlichen Notwendigkeit auf die Bestellung des Ergänzungspflegers verzichtet zu haben. Ein Ergänzungspfleger, der nachträglich bestellte wurde, genehmigte schließlich die Darlehensverträge.

Der BFH entschied, dass im Interesse einer effektiven Missbrauchsbekämpfung es geboten und zulässig sei, an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernstlichkeit von Vertragsgestaltungen zwischen nahen Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen. Würden die Vertragsbeteiligten zivilrechtliche Formerfordernisse unbeachtet lassen, so führe dieses Beweisanzeichen gegen die Ernsthaftigkeit der getroffenen Vereinbarung - anders als z.B. das Nichterfüllen eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals – zwar nicht ausnahmslos und allein dazu, dass das Vertragsverhältnis steuerrechtlich nicht anzuerkennen sei. Die Indizwirkung gegen den vertraglichen Bindungswillen werde aber verstärkt, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften insbesondere bei klarer Zivilrechtslage angelastet werden könne. Da im Streitfall schon aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften des BGB die Rechtslage klar abzuleiten sei, könne der Unkenntnis des Klägers keine Bedeutung beigemessen werden.

Quelle: BFH - Urteil vom 22.02.07