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Entziehung des Pflichtteils: Erfolgsaussichten der Klage und PKH-Antrag

Wann ist in einem Testament die Entziehung des Pflichtteils zulässig? Und wann hat eine Klage für den Antrag auf Prozesskostenhilfe hinreichend Aussicht auf Erfolg? Das OLG Oldenburg hat im Fall eines Sohnes, der wegen schweren Raubs zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden war, Prozesskostenhilfe für eine mögliche Klage zur Geltendmachung der Pflichtteilsansprüche abgelehnt.

Darum geht es

Wer gesetzlicher Erbe ist - also z.B. die Kinder des Erblassers -, aber vom Erblasser enterbt wird, kann grundsätzlich immer noch den sogenannten Pflichtteil beanspruchen.

Der Pflichtteil ist halb so groß wie der gesetzliche Erbteil. Wenn der Erblasser also nur ein Kind hinterlässt, das nach der gesetzlichen Erbfolge Alleinerbe wäre, kann es im Falle der Enterbung immer noch die Hälfte des Erbes beanspruchen.

Die Eltern des Mannes hatten ein gemeinschaftliches Testament verfasst, wonach der Sohn enterbt wurde und auch keinen Pflichtteil bekommen sollte. Nach dem Tod der Mutter wollte der Sohn seinen Pflichtteil nun geltend machen. Der Sohn sitzt zurzeit in der JVA Meppen ein. Er verbüßt eine mehrjährige Haftstrafe wegen schweren Raubes.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das OLG Oldenburg sah für die Klage keine Erfolgsaussichten. Der Mann kann jetzt keine Prozesskostenhilfe für die beabsichtige Klage beanspruchen.

Die Eltern hätten ihrem Sohn den Pflichtteil nämlich wirksam entzogen. Sie hatten in dem Testament den Pflichtteilsentzug damit begründet, dass der Sohn wegen eines schweren Raubes zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war.

Seine Teilhabe am Erbe sei den Eltern auch nicht zumutbar, weil die Straftat den in der Familie gelebten Wertvorstellungen in hohem Maße widerspreche. Dies hatten die Eltern in dem gemeinsamen Testament auch so niedergelegt.

Nach dem Gesetz kann der Pflichtteil übrigens auch entzogen werden, wenn der potenzielle Erbe sich einer schweren Straftat gegen den Erblasser oder eine diesem nahestehende Person schuldig macht - ohne dass eine mehrjährige Freiheitsstrafe verhängt werden muss - oder wenn er seine Unterhaltspflichten gegenüber dem Erblasser böswillig verletzt (§ 2333 Abs. 1 Nr. 1. bis 3 BGB).

OLG Oldenburg, Beschl. v. 08.07.2020 - 3 W 40/20

Quelle: OLG Oldenburg, Pressemitteilung v. 27.10.2020