Erbrecht, Familienrecht -

Grundbuchrechte des Nacherben vor dem Nacherbfall

Nacherben können vor dem Nacherbfall mit der Beschwerde keine Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 GBO ins Grundbuch gegen die Eintragung des Eigentümers verlangen. Vor Eintritt des Nacherbfalls kann der Nacherbe eine relative Unwirksamkeit der Verfügung gemäß § 2113 BGB allenfalls durch eine Feststellungsklage geltend machen. Das hat das OLG München entschieden.

Sachverhalt

Der als Eigentümer eingetragene Vorerbe übertrug, vertreten durch seine Ehefrau als Bevollmächtigte, mit Notarvertrag im Frühjahr 2015 ein Grundstück auf seinen Sohn MS. Dieser und sein rund acht Jahre zuvor verstorbenen Bruder JS, ersatzweise deren jeweilige Abkömmlinge, sind laut dem im Grundbuch, dort Abteilung II, in 1968 eingetragenen Nacherbenvermerk die Nach-, bzw. Ersatznacherben nach der Erblasserin. Die Beteiligten zu 1.) und 2.) sind die Kinder von JS und Ersatznacherben. Sie haben der Übertragung nicht zugestimmt.

Das Grundbuchamt vermerkte im Sommer 2015 die Auflassung im Grundbuch bei Aufrechterhaltung des Nacherbenvermerks. Danach beantragten die Ersatznacherben beim Grundbuchamt die Eintragung eines (Amts)Widerspruchs gegen die für MS eingetragene Eigentümerstellung. Zwar sei die Eintragung ihnen als (Ersatz)Nacherben gegenüber unwirksam, dies sei aber nicht im Grundbuch vermerkt.

Das Grundbuchamt legte den Antrag als Anregung aus, einen Amtswiderspruch nach § 53 GBO einzutragen. Es wies diese Anregung zurück und formulierte, die Ersatznacherben waren ausreichend geschützt: Der Nacherbenvermerk verhindere gutgläubigen Erwerb. Etwaige Verfügungen des Vorerben über das Grundstück seien den Nacherben gegenüber relativ unwirksam.

Hiergegen richteten die Ersatznacherben ihre Beschwerde. Sie argumentierten, der Vorerbe war nicht befreit und die Übertragung daher „unzulässig“. Auch habe die Erblasserin testamentarisch verfügt, die (generalbevollmächtigte) Ehefrau des Vorerben sei von der Verwaltung und Nutznießung des Nacherbes ausgeschlossen.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Die Beschwerde ist unzulässig. Zutreffend ist die „Beschwerde“ als Anregung ausgelegt worden, einen Amtswiderspruch gegen die Eintragung des Vorerben MS einzutragen. Wird diese Anregung negiert, ist die „unbeschränkte Beschwerde“ nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft.

Beschwerdeberechtigt ist nur derjenige, der (falls die Eintragung ins Grundbuch, gegen die die Eintragung eines Amtswiderspruchs begehrt wird, unrichtig wäre) nach § 894 BGB einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs hätte. Den Berichtigungsanspruch hat aber nur der „wirkliche Rechtsinhaber“. Dabei reicht aus, dass nach dessen Vortrag die ernsthafte Möglichkeit einer Beeinträchtigung von Rechten bestehen könnte. (Ersatz)Nacherben sind aber vor Eintritt des Nacherbfalls eben nicht Eigentümer des Grundstücks – selbst dann nicht, wenn die Verfügung des Vorerben ihnen gegenüber nach § 2113 BGB unwirksam wäre. Da der Nacherbfall noch nicht vorlag, hatten sie nur ein Anwartschaftsrecht an der Erbschaft.

Eine Beschwerdeberechtigung ergibt sich auch nicht daraus, dass die relative Verfügungsbeschränkung des § 2113 BGB nicht im Grundbuch eingetragen ist. Es bedarf nämlich keiner gesonderten Eintragung hierüber. Nacherben sind auch ohne einen solchen (gesetzlich nicht vorgesehenen) Vermerk ausreichend geschützt im Rahmen des § 51 GBO und den Nacherbenvermerk. Der eingetragene Nacherbenvermerk schützt nämlich die Rechtsposition der (Ersatz)Nacherben von der Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs von Nachlassgegenständen, er bewirkt keine Grundbuchsperre.

Erst mit Eintritt des Nacherbfalls erfolgt die relative Unwirksamkeit der Verfügung. Bevor allerdings der Nacherbfall eintritt, stimmt die im Grundbuch festgehaltene Eigentümerposition mit dem materiellen Recht vor Eintritt des Nacherbfalls überein. Vor Eintritt des Nacherbfalls kann der Nacherbe eine relative Unwirksamkeit der Verfügung allenfalls durch Feststellungsklage geltend machen. Nach Eintritt des Nacherbfalls wird das Grundbuchamt hingegen bei entsprechendem Antrag des/der Nacherben und Nachweisen die Nacherben in Erbengemeinschaft eintragen. Das ist ein ausreichender Schutz.

Folgerungen aus der Entscheidung

Das OLG München erachtet die Zulässigkeit eines Antrags, einen Amtswiderspruch nach § 53 GBO im Grundbuch einzutragen, als gegeben, wenn nach dem Vortrag des Antragstellers/Beschwerdeführers die ernsthafte Möglichkeit einer Rechtsbeeinträchtigung bestehen könnte. Daran fehlt es aber, wenn nicht befreite Vorerben über Grundstücke verfügen, aber ein Nacherbenvermerk in Abteilung II des Grundbuchs vorliegt. Solange der Nacherbenvermerk bestehen bleibt, ergibt dies schon aus sich heraus die relative Unwirksamkeit von Verfügungen über das Grundstück, denen die (Ersatz)Nacherben nicht zustimmen.

Dies ist auch nicht noch einmal gesondert über den Nacherbenvermerk hinaus im Grundbuch zu vermerken. Materiell diskutiert das OLG München, dass nur der mit seinem Antrag, einen Amtswiderspruch nach § 53 GBO einzutragen, Erfolg haben kann, der sich auf einen Anspruch nach § 894 BGB berufen kann. Das ist im Fall des Konflikts zwischen (nicht befreiten) Vorerben und den (Ersatz)Nacherben nicht der Fall. Stimmten zum Nacherbfall die Nacherben den vorher vorgenommenen Verfügungen des Vorerben nicht zu, wird das Grundbuchamt bei Antrag der (Ersatz)Nacherben diese in die Erbengemeinschaft eintragen.

Praxishinweis

Nacherben, die sich auch als Ersatznacherben auf einen Nacherbenvermerk in Abteilung II des Grundbuchs des jeweiligen Grundstücks berufen können, sind gegenüber Verfügungen des (nicht befreiten) Vorerben allein hierdurch ausreichend geschützt. Das legt es nahe, einen solchen auch eintragen zu lassen. Ersatznacherben sind damit gegenüber Verfügungen des nicht befreiten Vorerben nicht berechtigt, eine Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 GBO zu verlangen.

Auch wenn sich der Schutz gegenüber derartigen Verfügungen des nicht befreiten Vorerben für den Fachmann bereits ausreichend aus dem Nacherbenvermerk ergibt, muss ggf. dem (Ersatz)Nacherben, der als juristische Laie auftritt, durch den Berater dargelegt werden, dass bereits hinreichender Schutz besteht. Anderenfalls betreiben die juristischen Laien, die sich als nicht ausreichend geschützt erachten, unnütze und kostenträchtige Verfahren wie hier.

OLG München, Beschl. v. 04.08.2017 - 34 Wx 464/16

Quelle: Rechtsanwalt und FA für Erbrecht Miles B. Bäßler