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Handelsregister: Haftung für Rechtsschein

Voraussetzung für eine Haftung nach § 15 Absatz 3 HGB ist das Vorliegen einer im Handelsregister eintragungspflichtigen Tatsache. Beim Formwechsel einer GmbH in eine GbR müssen weder die GbR noch ihre Gesellschafter eingetragen werden. Wer fälschlich als Gesellschafter eingetragen ist, kann aber für den Rechtsschein nach allgemeinen Regeln haften. Das hat der BGH entschieden.

Sachverhalt

Die L GmbH hatte sich aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung verpflichtet, Mietrückstände in Raten an die Vermieterin zu zahlen. Etwa ein Jahr nach Abschluss dieser Vereinbarung fand ein Gesellschafterwechsel bei der L GmbH statt. Die Neugesellschafter beschlossen den Formwechsel der L. GmbH in die M GbR. Die Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Handelsregister erfolgte mit folgendem Wortlaut:

„Die Gesellschafterversammlung vom … hat die formwechselnde Umwandlung der Gesellschaft in die M. GbR (...), welche aus folgenden Gesellschaftern besteht: C. Verwaltung GmbH (...) und A. H. (...), beschlossen. Die Firma ist erloschen.“

Nach der Beschlussfassung über den Formwechsel, jedoch vor der Eintragung im Handelsregister hatten die Neugesellschafter ihre Geschäftsanteile an der L. GmbH an zwei britische Limited-Personengesellschaften (Ltd.) übertragen. Nach der Eintragung im Handelsregister wurde die neue Gesellschafterliste der L. GmbH mit diesen Limited-Gesellschaften bei dem Handelsregister eingereicht. Die Eintragungen, die die Umwandlung betreffen, wurden anschließend dahin gehend berichtigt, dass die Neugesellschafter nicht mehr als Gesellschafter der M. GbR genannt wurden.

Die Vermieterin verlangte die Zahlung des aus der Ratenvereinbarung noch offenen Betrages von den ausgeschiedenen Neugesellschaftern sowie die Freistellung von den Kosten des Rechtsstreites.  Das LG Bremen hat die Klage mit Urteil vom 03.12.2012 (4 O 735/11) abgewiesen. Das OLG Bremen hat die Berufung der Vermieterin, mit der diese nur noch die Freistellung von den Kosten verfolgte, mit Urteil vom 01.10.2015 (5 U 21/14) zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Die Neugesellschafter haften nicht als Gesellschafter der M. GbR entsprechend §§ 128 ff. HGB für die Verbindlichkeiten der L. GmbH bzw. der M. GbR. Denn sie sind nicht Gesellschafter der M. GbR, der Rechtsnachfolgerin der L. GmbH, geworden, weil sie ihre Geschäftsanteile an der L. GmbH noch vor der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister übertragen hatten. Der Beschluss über den Formwechsel steht der Übertragung der Geschäftsanteile nicht entgegen.

Gesellschafter der mit dem Formwechsel entstehenden GbR werden grundsätzlich diejenigen, die im Zeitpunkt der Eintragung der neuen Rechtsform bzw. der Umwandlung (§ 235 Abs. 1 UmwG) in das Register Anteilsinhaber des formwechselnden Rechtsträgers sind. Wer zum Zeitpunkt der Fassung des Umwandlungsbeschlusses Anteilsinhaber war, ist ohne Bedeutung – unabhängig davon, wann die berichtigte Gesellschafterliste der GmbH eingereicht wird. Zum maßgebenden Zeitpunkt waren die beiden Ltd. Gesellschafter der M GbR und nicht die Neugesellschafter.

Ihren Freistellungsanspruch kann die Vermieterin nicht auf § 15 Abs. 3 HGB wegen der Bekanntmachung der Umwandlung mit der Angabe stützen, dass die beiden Neugesellschafter Gesellschafter seien. Denn § 15 Abs. 3 HGB, der nur für eintragspflichtige Tatsachen gilt, ist auf die Eintragung von Gesellschaftern einer GbR in das Handelsregister nicht anwendbar, da es sich insoweit nicht um eine eintragungspflichtige Tatsache handelt. Eingetragen werden muss nach § 235 UmwG die Umwandlung der Gesellschaft im Register der GmbH als formwechselnder Gesellschaft, in Abweichung von § 198 Abs. 1 UmwG jedoch nicht die GbR selbst als neue Rechtsform. Eine GbR unterliegt nicht der Eintragung in das Handelsregister. Gleiches gilt für deren Gesellschafter.

Die Neugesellschafter haften aber für die Kosten der Rechtsverfolgung, die aufgrund des von ihnen gesetzten Rechtsscheins entstanden sind, der sich aus ihrer Eintragung als Gesellschafter der M. GbR in das Handelsregister ergibt. Personen können als Scheingesellschafter nach Rechtsscheingrundsätzen haften. Das setzt voraus, dass sie in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer existierenden GbR und ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft gesetzt haben oder gegen den durch einen anderen gesetzten Rechtsschein nicht pflichtgemäß vorgegangen sind und der Dritte sich bei seinem geschäftlichen Verhalten auf den Rechtsschein verlassen hat.

Die Neugesellschafter haften nur für die Kosten der Rechtsverfolgung, die entstanden sind,  weil die Vermieterin auf den Rechtsschein, der mit der Eintragung der Neugesellschafter als Gesellschafter verbunden war, vertraut hat und vertrauen durfte. Soweit Kosten dadurch entstanden sind, dass die Vermieterin das Verfahren fortgesetzt hat, obwohl sie Kenntnis davon hatte oder sich einer Kenntnis ohne grobe Fahrlässigkeit nicht verschließen konnte, dass die Neugesellschafter nicht Gesellschafter der M. GbR geworden sind, tritt keine Ersatzpflicht ein. Allerdings fehlten hier entsprechende Feststellungen, ab welchem Zeitpunkt dies bei der Vermieterin der Fall gewesen ist.

Folgerungen aus der Entscheidung

Der BGH wendet die bisherigen allgemeinen Grundsätze auf diese Haftungsfrage an. Zunächst stellt der BGH fest, dass auf nicht eintragungspflichtige Tatsachen § 15 Abs. 3 HGB keine Anwendung findet. § 15 Abs. 3 HGB setzt eine einzutragende Tatsache voraus. Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf eine unrichtige Eintragung und Bekanntmachung nur eintragungsfähiger Tatsachen entsprechend lehnt der BGH ebenfalls ab. Eine Schutzlücke besteht nach Ansicht des BGH nicht. Derjenige, der auf nicht eintragungspflichtige Tatsachen vertraut, kann einen Anspruch nach allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen haben.

Daher muss zum Schutz der Gläubiger der formwechselnden Gesellschaft beim Formwechsel in eine GbR auch nicht § 235 Abs. 1 UmwG in richterlicher Rechtsfortbildung dahingehend ergänzt werden, dass in Analogie zu § 47 Abs. 2 GBO der Name bzw. die Bezeichnung der Gesellschaft und deren Gesellschafter im Handelsregister des formwechselnden Rechtsträgers einzutragen sind. So soll § 15 Abs. 3 HGB auch für den Fall der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine GbR nutzbar gemacht werden.

Es besteht schließlich auch kein Bedarf, über § 15 Abs. 3 HGB eine Rechtsscheinhaftung für einen Gläubiger der GmbH zu eröffnen, der auf eine (unrichtige) Benennung der Gesellschafter im Zusammenhang mit der Umwandlung vertraut, weil insoweit auf die allgemeinen Rechtsscheingrundsätze zurückgegriffen werden kann.

Praxishinweis

Die Entscheidung zeigt deutlich, wie wichtig es ist, dass Gesellschafter einer Gesellschaft, die umgewandelt wird, eventuellen Gläubigern der umgewandelten Gesellschaft ihr Ausscheiden aus der Gesellschaft mitteilen, wenn sie nach der Beschlussfassung ihre Beteiligung übertragen und daher kurzzeitig zu Unrecht im Handelsregister als (Schein-) Gesellschafter eingetragen werden. Andernfalls müssen sie damit rechnen, dass sie wegen des gesetzten Rechtsscheins für Verbindlichkeiten der umgewandelten Gesellschaft haften.

BGH, Urt. v. 18.10.2016 - II ZR 314/15

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht