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Löschung aus dem Vereinsregister wegen wirtschaftlicher Tätigkeit?

Ein Verein, der in der Hauptsache einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führt, kann aus dem Register gelöscht werden. Die Anerkennung als gemeinnütziger Verein stellt ein Indiz dar, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit des Vereins unter das Nebenzweckprivileg fällt und der Verein damit nicht von Amts wegen aus dem Vereinsregister gelöscht werden darf. Das hat der BGH entschieden.

Sachverhalt

Ein als gemeinnützig anerkannter eingetragener Verein sollte von Amts wegen gelöscht werden, weil er nach Ansicht des AG Berlin-Charlottenburg nicht (mehr) als ideeller Verein i.S.v. § 21 BGB anzusehen, sondern sein Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sei. Der Verein fördert und trägt unter integrativem Ansatz eines multikulturellen Nachbarschaftstreffs Sozialprojekte und Einrichtungen im Land Berlin. Um diese Zwecke umzusetzen, betreibt der Verein verschiedene Einrichtungen, u.a. einen Kinderhort mit 250 Kindern.

Das AG Berlin-Charlottenburg hat mit Entscheidung vom 04.12.2014 (95 VR 18159 B) die Löschung von Amts wegen verfügt und den Widerspruch des Vereins zurückgewiesen. Das KG hat die Beschwerde des Vereins mit Entscheidung vom 14.03.2016 (22 W 87/14) zurückgewiesen. Es hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Wesentliche Aussagen der Entscheidung

Der Verein ist kein wirtschaftlicher Verein i.S.d. §§ 21, 22 BGB, weil sein Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Der entgeltliche Betrieb des Horts stellt zwar eine unternehmerische Tätigkeit dar, denn er erbringt am Markt der Kindertagesstätten planmäßig und dauerhaft Kinderbetreuungsleistungen gegen Entgelt. Aber diese wirtschaftliche Tätigkeit ist dem nichtwirtschaftlichen Hauptzweck des Beteiligten zu- und untergeordnet und Hilfsmittel zu dessen Erreichung.

Der ideelle Vereinszweck steht laut seiner Satzung, den er mittels des Betriebs seines Horts verwirklicht, im Vordergrund. Der Verein ist nach der Satzung selbstlos tätig, und die Vereinsmittel sind ausschließlich sowie unmittelbar für gemeinnützige Zwecke einzusetzen.

Die wirtschaftliche Betätigung ist danach nicht Haupt- bzw. Selbstzweck, sondern dem ideellen Hauptzweck zugeordnet. Der Verein ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet.

Gegen eine Einordnung als Idealverein spricht auch nicht der Umfang seines Geschäftsbetriebs. Diese Tätigkeit unterfällt damit dem sogenannten Nebenzweckprivileg und macht den Verein daher nicht zu einem wirtschaftlichen Verein. Eine Löschung von Amts wegen ist damit rechtswidrig.

Folgerungen aus der Entscheidung

Der BGH konkretisiert seine Rechtsprechung zum Nebenzweckprivileg eines Idealvereins weiter. Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs i.S.d. §§ 21 und 22 BGB sind erfüllt, wenn der Verein planmäßig, auf Dauer angelegt und nach außen gerichtet – d.h. über den vereinsinternen Bereich hinausgehend – eigenunternehmerische Tätigkeiten entfaltet, die auf die Verschaffung vermögenswerter Vorteile zugunsten des Vereins oder seiner Mitglieder abzielen.

Jedoch ist es mit Zweck und Tätigkeit eines Idealvereins auch unter Berücksichtigung der Schutzzwecke der §§ 21 und 22 BGB vereinbar, wenn dieser in einem solchen Umfang einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führt. Ein Verein kann auch dann ein nichtwirtschaftlicher Verein sein, wenn er zur Erreichung seiner ideellen Ziele unternehmerische Tätigkeiten entfaltet, sofern diese dem nichtwirtschaftlichen Hauptzweck zu- und untergeordnet und Hilfsmittel zu dessen Erreichung sind (sog. Nebenzweckprivileg). Folglich können wirtschaftliche Tätigkeiten eines Vereins als Gewerbe i.S.d. Gewerberechts anzusehen sein, auch wenn sie die zivilrechtliche Qualifikation des Vereins als Idealverein nicht berühren. Entscheidend für die Einordnung ist nicht nur die Satzung des Vereins, sondern auch, in welcher Form er tatsächlich tätig wird.

Für die Beurteilung dieser Frage ist die Anerkennung des Beteiligten als gemeinnützig i.S.d. §§ 51 ff. AO von entscheidender Bedeutung. Zwar sind die Voraussetzungen der Anerkennung als gemeinnützig i.S.d. §§ 51 ff. AO nicht automatisch gleichbedeutend damit, ob ein Verein nicht auf einen Geschäftsbetrieb i.S.d. § 21 BGB ausgerichtet ist.

Aber eine Indizwirkung kommt diesem Umstand zu. Denn nach § 55 AO dürfen nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke zum Beispiel gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke verfolgt werden. Mittel der Körperschaft dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder dürfen keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten.

Die Mitglieder dürfen bei ihrem Ausscheiden oder bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert ihrer geleisteten Sacheinlagen zurückerhalten. Der Verein muss seine Mittel vorbehaltlich des § 62 AO grundsätzlich zeitnah für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden. Das Interesse des als gemeinnützig i.S.d. §§ 51 ff. AO anerkannten Vereins ist damit gerade nicht auf die Erzielung eines im Verein verbleibenden Geschäftsgewinns ausgerichtet, da die erwirtschafteten Mittel zeitnah dem gemeinnützigen Zweck zugeführt werden müssen.

Eine Kapitalanhäufung im Verein ist damit ausgeschlossen. So bestimmt z.B. § 55 AO, dass der Verein nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke, wie z.B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke, verfolgen darf. Auch dürfen die Mitglieder keine Gewinnanteile und in ihrer Eigenschaft als Mitglieder auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Körperschaft erhalten.

Aufgrund des Ausschüttungsverbotes ist auch die Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils für den Einzelnen jedenfalls im Wege von Gewinnausschüttungen, die bei Gesellschaften üblich sind, nicht möglich. Eine Verlagerung von wirtschaftlichen Aktivitäten auf einen Idealverein ist nicht zu erwarten, wenn der Verein als gemeinnützig anerkannt ist, da die Einhaltung der Voraussetzungen des § 55 AO und insbesondere das Verbot der Gewinnausschüttung an die Mitglieder einer solchen Gefahr entgegenstehen.

Es wird zudem der Anreiz gesenkt, erhebliche unternehmerische Risiken einzugehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Einhaltung der Voraussetzungen der Anerkennung als gemeinnützig i.S.d. §§ 51 ff. AO und damit das damit verbundene Ausschüttungsverbot durch die Finanzverwaltung in effektiverer Weise überwacht werden, als den Registergerichten dies bei ihrer Sach- und Personalausstattung möglich ist.

Mögliche Gläubiger wissen auch von vornherein, dass der Verein keine garantierte Mindestkapitalausstattung hat. Fehlvorstellungen sind insoweit nicht zu erwarten. Dies könnte anders sein, wenn konkrete Umstände aufgrund der tatsächlichen Geschäftstätigkeit des Vereins einen effektiven Gläubigerschutz erfordern würden.

Praxishinweis

Die Entscheidung zeigt deutlich, wie wichtig es ist, dass gemeinnützige Idealvereine, die auch eine wirtschaftliche Tätigkeit in nennenswertem Umfang entfalten, die Voraussetzungen des Gemeinnützigkeitsrechtes beachten. Tun sie dies nicht, laufen sie Gefahr, zunächst die Gemeinnützigkeit zu verlieren und damit auch die Anerkennung als Idealverein. Die Folge wäre dann eine Löschung aus dem Vereinsregister. Vorstände solcher Vereine sollten also unbedingt die Gemeinnützigkeit erhalten, um ein Löschungsverfahren von Amts wegen zu vermieden und mit dem Schutz der Gemeinnützigkeit den Bestand des Vereins zu sichern.

BGH, Beschl. v. 16.05.2017 - II ZB 9/16

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht