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Rückerstattungsanspruch gegen den Bund nach Rückzahlung eines Altdarlehens?

Der Bundesgerichtshof hatte über eine Klage auf Rückerstattung von Zahlungen an die Bundesrepublik Deutschland auf vor 1941 gewährte Darlehen zu entscheiden.

Nach Ansicht des BGH bezweckt das Gesetze zur Regelung bestimmter Altforderungen vom 10. Juni 2005 (AFRG) eine eindeutige Zuordnung von Altforderungen, die – wie im vorliegenden Fall – in der Rechtswirklichkeit der DDR als enteignet galten, die aber nach heutiger Rechtsauffassung nicht wirksam enteignet worden waren.

Sachverhalt:

Das Deutsche Reich und zwei Kreditinstitute gewährten dem Vater und dem Großvater des Klägers in der Zeit zwischen 1926 und 1941 Darlehen, die durch Grundpfandrechte auf ihrem landwirtschaftlichen Anwesen in Brandenburg gesichert wurden. Die Kreditinstitute wurden im Mai 1949 durch den für Ost-Berlin zuständigen Magistrat enteignet. 1955 wurde auch das landwirtschaftliche Anwesen enteignet, nachdem der Vater des Klägers die DDR verlassen hatte. Nach der Wiedervereinigung übertrug das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen das Eigentum an dem Grundstück auf den Kläger als Erbe seines Vaters. 1999 zahlte der Kläger sämtliche Darlehen auf Verlangen der beklagten Bundesrepublik Deutschland an diese zurück. Nachdem der XI. Zivilsenat mit Urteil vom 12. Juni 2001 (BGHZ 148, 90 ff.) hinsichtlich ähnlicher Darlehen entschieden hat, dass der Darlehensrückzahlungsanspruch der Bundesrepublik Deutschland verjährt sei, begehrt der Kläger nunmehr die Rückerstattung der von ihm gezahlten Beträge, weil die Beklagte mit ihrem Zahlungsverlangen gegen Treu und Glauben verstoßen habe und die Darlehensforderungen im Zeitpunkt der Zahlung bereits verjährt gewesen seien. Der Kläger hat außerdem die Gläubigerstellung der Beklagten hinsichtlich der Bankdarlehen in Zweifel gezogen.

Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos.


Entscheidung:

Der Bundesgerichtshof hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision zurückgewiesen.

Er hat offen gelassen, ob die streitgegenständlichen Darlehensrückzahlungsansprüche durch die vom Magistrat von Groß-Berlin verfügte Enteignung 1949 erfasst wurden, obwohl sie nicht im Machtbereich des Magistrats belegen waren.

Die Forderungen stehen der Beklagten jetzt jedenfalls in entsprechender Anwendung von § 1 des Gesetzes zur Regelung bestimmter Altforderungen vom 10. Juni 2005 (AFRG) zu. Dieses Gesetz bezweckt eine eindeutige Zuordnung von Altforderungen, die – wie im vorliegenden Fall – in der Rechtswirklichkeit der DDR als enteignet galten, die aber nach heutiger Rechtsauffassung nicht wirksam enteignet worden waren. Jedenfalls dann, wenn diese Forderungen von der Kreditanstalt für Wiederaufbau bereits realisiert worden sind, soll es hierbei verbleiben.

Die Zahlung des Klägers ist auch nicht aus anderen Gründen rechtsgrundlos erfolgt. Weder sind die schuldrechtlichen Ansprüche auf Darlehensrückzahlung infolge der Enteignung des Grundstücks erloschen noch sind sie infolge Zeitablaufs verwirkt. Die Geltendmachung dieser Ansprüche ist darüber hinaus nicht treuwidrig gewesen. Insbesondere führte die Grundstücksenteignung nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage der Darlehensverträge. Der Fortbestand des landwirtschaftlichen Betriebes ist auch nicht dadurch zur Geschäftsgrundlage der Darlehen geworden, dass letztere Gegenstand von Entschuldungsverfahren nach dem Gesetz zur Regelung der landwirtschaftlichen Schuldverhältnisse vom 1. Juni 1993 (RGBl. I S. 331) waren.

Schließlich ergibt sich ein Bereicherungsanspruch nicht daraus, dass der Kläger auf eine verjährte Forderung gezahlt hat. Nach §§ 813 Abs. 2 Satz 2, 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. ist die Rückforderung des zur Befriedigung von verjährten Ansprüchen Geleisteten im Interesse des Rechtsfriedens ausgeschlossen und zwar unabhängig davon, ob der Leistende Kenntnis von der Verjährung hatte oder der Eintritt der Verjährung zweifelhaft war. Die Beklagte verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn sie sich gegenüber dem Kläger auf den Ausschluss des Bereicherungsanspruchs beruft, obwohl sie nach der Entscheidung des Senats vom 12. Juni 2001 (BGHZ 148, 90 ff.) von anderen Schuldnern nicht mehr die Rückzahlung vergleichbarer Darlehen verlangt. Die genannte Entscheidung stellt vielmehr in Verbindung mit § 222 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung der verschiedenen Schuldner dar.

Quelle: BGH - Pressemitteilung vom 28.03.06