Hätten Sie gewusst, dass Fahrgäste einer Straßenbahn oder eines Linienbusses nach dem Einsteigen schnellstmöglich selbst für einen sicheren Halt sorgen müssen?
Die 82-jährige Klägerin ist in eine Straßenbahn eingestiegen und lief – ohne sich festzuhalten – in Richtung Fahrer um sich nach ihrem eigenen Vortrag eine Fahrkarte zu kaufen. Bevor sie an der Fahrerkabine angelangt war, fuhr die Straßenbahn los, die Klägerin stürzte und zog sich diverse Verletzungen zu.
Das Landgericht hat die auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gerichtete Klage abgewiesen. Mit dem Beschluss des OLG vom 28.02.2006 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihre Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe.
Das OLG hat hierzu im Einzelnen ausgeführt:
Grundsätzlich gehe von einer Straßenbahn eine Betriebsgefahr nach § 1 Abs. 1 HPflG aus. Ein überwiegendes Verschulden der Klägerin lasse die Betriebsgefahr der Straßenbahn hinter dem Verschulden der Klägerin zurücktreten. Weder ein Straßenbahnführer noch der Fahrer eines Linienbusses müssen den Fahrgästen nach dem Einsteigen eine besondere Beachtung schenken. Der Fahrer habe seine Aufmerksamkeit grundsätzlich dem Straßenverkehr zu widmen. Er müsse sich nicht vergewissern, dass alle Fahrgäste Platz genommen oder einen Halt gefunden haben, bevor er losfährt.
Das fahrlässige Verhalten der Klägerin führt dazu, dass die einfache Betriebsgefahr vollständig dahinter zurücktritt.
Eine Ausnahme besteht auch nach Ansicht des OLG lediglich in den Fällen, in denen der Fahrer erkennt oder erkennen musste, dass eine schwerbehinderte oder besonders gebrechliche Person einen Sitzplatz sucht.
Quelle: Deubner Redaktion - Beitrag vom 04.09.06