Verkehrsrecht -

Unverwertbare Atemalkoholmessung

Bei Nichteinhaltung der Wartezeit von 20 Minuten zwischen Trinkende und Messung ist eine Atemalkoholmessung nur eingeschränkt verwertbar.

Denn bei der Bestimmung der Atemalkoholkonzentration handelt es sich um ein sog. standardisiertes Messverfahren, bei welchem der Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen hat, dass nur Messgeräte eingesetzt und Messmethoden angewendet werden dürfen, die den im Gutachten des Bundesgesundheitsamts gestellten Anforderungen genügen.

Sachverhalt:

Die 21-jährige Betroffene war in einer badischen Gemeinde im Frühjahr 2005 gegen 7.20 Uhr mit ihrem Kraftfahrzeug einer Polizeistreife aufgefallen und einer Kontrolle unterzogen worden, wobei Alkoholgeruch festgestellt werden konnte. Da die Fahrerin den Zeitpunkt ihres letzen Alkoholgenusses mit 5.00 Uhr bezeichnet hatte, verzichteten die Beamten auf die Einhaltung der nach den polizeilichen Richtlinien vorgeschriebenen Wartezeit von 20 Minuten zwischen Trinkende und erster Atemalkoholmessung und begannen mit dieser schon gegen 7.35 Uhr (Messergebnis: 0,30 mg/l).

Vor Gericht widerrief die Betroffene ihre Aussage und gab an, nach Ende ihrer Nachtschicht und nach Fahrtantritt auf einem Parkplatz noch eine Dose „Cola-Bier“ getrunken zu haben, so dass die Wartezeit nicht eingehalten gewesen sei.

Das Amtsgericht hielt die Messung gleichwohl für wirksam und verurteilte die Frau im Dezember 2005 wegen Führens eines Kraftfahrzeugs mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,30 mg/l zu einer Geldbuße von 250,00 € und ordnete ein Fahrverbot von einem Monat an.


Entscheidung:

Anders nun das Oberlandesgericht Karlsruhe auf die von der Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde. Der 1. Bußgeldsenat hat das Urteil aufgehoben, die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet.

Bei der Bestimmung der Atemalkoholkonzentration handele es sich um ein sog. standardisiertes Messverfahren, bei welchem der Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen habe, dass nur Messgeräte eingesetzt und Messmethoden angewendet werden dürfen, die den im Gutachten des Bundesgesundheitsamts gestellten Anforderungen genügen. Danach müsse seit der Beendigung der Alkoholaufnahme (Trinkende) und der Atemalkoholmessung ein Zeitraum von mindestens 20 Minuten verstrichen sein. Dies beruhe darauf, dass sich erst danach ein definiertes Verhältnis zwischen Atemalkohol- und Blutalkoholkonzentration einstelle und die Messung von kurzfristigen Schwankungen nur noch in geringem Maß betroffen sei.

Zwar sei - so der Senat - eine unter Verletzung dieser Richtlinien erfolgte Messung weiterhin dann als unverwertbar anzusehen, wenn der in § 24a Abs. 1 StVG definierte Grenzwert von 0,25 mg/l Alkohol in der Atemluft nur geringfügig überschritten sei.

Hiervon könne jedoch bei einer Überschreitung von 20% bei einer Atemalkoholkonzentration von 0,30 mg/l Alkohol nicht die Rede sein. Bei einem derartigen Wert sei vielmehr durch Hinzuziehung eines Sachverständigen zu klären, ob sich die Nichteinhaltung der Wartezeit von 20 Minuten seit Trinkende ausgewirkt habe und dies durch einen Sicherheitszuschlag ausgeglichen werden könne. Auch komme vorliegend hinzu, dass nach den Bekundungen der Betroffenen in der Hauptverhandlung diese während der 20-minütigen Wartezeit lediglich eine Dose „Cola-Bier“ getrunken habe und deshalb nur von einer geringfügigen Verfälschung des Messergebnisses ausgegangen werden könne.

Quelle: OLG Karlsruhe - Pressemitteillung vom 12.05.06