BVerfG - Urteil vom 01.08.2017
1 BvR 1910/12
Normen:
BVerfGG § 93c Abs. 1 S. 1; GG Art. 19 Abs. 4 S. 1; SGB II § 22 Abs. 1;
Fundstellen:
DÖV 2017, 918
NJW 2017, 3142
NZM 2018, 212
NZS 2018, 32
ZMR 2017, 2
ZMR 2017, 871
Vorinstanzen:
LSG Nordrhein-Westfalen, vom 31.07.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 7 AS 1145/12
LSG Nordrhein-Westfalen, vom 31.07.2012 - Vorinstanzaktenzeichen L 7 SF 206/12

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung; Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes; Auslegung und Anwendung der Gesetzesbestimmungen über den sozialrechtlichen Eilrechtsschutz; Unzumutbare Verkürzung des Anspruchs auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts durch eine übermäßig strenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften

BVerfG, Urteil vom 01.08.2017 - Aktenzeichen 1 BvR 1910/12

DRsp Nr. 2017/13684

Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung; Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes; Auslegung und Anwendung der Gesetzesbestimmungen über den sozialrechtlichen Eilrechtsschutz; Unzumutbare Verkürzung des Anspruchs auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts durch eine übermäßig strenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften

1. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes dürfen im sozialrechtlichen Eilrechtsschutz nicht überspannt werden.2. Der Gesetzgeber hat auf eine beispielhafte Aufzählung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung verzichtet, denn das Gericht soll ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien eine Einzelfallentscheidung treffen. Damit begrenzt der Gesetzgeber den einstweiligen Rechtsschutz nicht auf die Beeinträchtigung bestimmter formaler Rechtspositionen, sondern verlangt eine wertende Betrachtung im konkreten Einzelfall. Entsprechend haben die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Verfahren des Eilrechtsschutzes zu den Kosten der Unterkunft auch unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II zu prüfen, welche negativen Folgen im konkreten Einzelfall drohen.