BAG - Urteil vom 19.11.2020
6 AZR 449/19
Normen:
GG Art. 1 Abs. 3; GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 9 Abs. 3; GG Art. 33 Abs. 2; AGG § 1; AGG § 3; AGG § 7 Abs. 1; AGG § 7 Abs. 2; AGG § 22; ArbGG § 72 Abs. 5; ZPO § 97 Abs. 1; ZPO § 559; Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) - Allgemeiner Teil - (TVöD -AT) § 15 Abs. 1; Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) - Allgemeiner Teil - (TVöD -AT) § 15 Abs. 2 S. 2; Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) - Allgemeiner Teil - (TVöD -AT) § 16 Abs. 3 (VKA); Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) - Allgemeiner Teil - (TVöD -AT) § 17 Abs. 4; Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) § 29a; Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) § 29b; Änderungstarifvertrag Nr. 12 vom 29.04.2016 zum TVöD § 3; Änderungstarifvertrag Nr. 12 vom 29.04.2016 zum TVöD § 4;
Fundstellen:
AP TVöD § 17 Nr. 6
EzA GG Art. 9 Nr. 124
EzA-SD 2021, 14
NZA 2021, 816
NZA-RR 2021, 380
Vorinstanzen:
LAG Hamm, vom 11.07.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 17 Sa 142/19
ArbG Gelsenkirchen, vom 21.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ca 1366/18

Beachtung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG als ungeschriebene Grenze der TarifautonomieZulässigkeit von Stichtagsregelungen bei sachlicher Vertretbarkeit zum jeweiligen SachverhaltZulässigkeit von Stichtagsregelungen bei der Umstellung eines tariflichen VergütungssystemsErmittlung einer mittelbaren Diskriminierung durch tarifvertragliche RegelungenKeine Prüfung neuen Tatsachenvorbringens in der Revisionsinstanz

BAG, Urteil vom 19.11.2020 - Aktenzeichen 6 AZR 449/19

DRsp Nr. 2021/1902

Beachtung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG als ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie Zulässigkeit von Stichtagsregelungen bei sachlicher Vertretbarkeit zum jeweiligen Sachverhalt Zulässigkeit von Stichtagsregelungen bei der Umstellung eines tariflichen Vergütungssystems Ermittlung einer mittelbaren Diskriminierung durch tarifvertragliche Regelungen Keine Prüfung neuen Tatsachenvorbringens in der Revisionsinstanz

Orientierungssätze: 1. Tarifnormen sind von den Gerichten für Arbeitssachen im Rahmen ihres Schutzauftrags aus Art. 1 Abs. 3 GG uneingeschränkt auch am Gleichheitssatz als fundamentaler Gerechtigkeitsnorm zu messen. Art. 3 Abs. 1 GG ist eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie (Rn. 21 f.). 2. Aus Gründen der Praktikabilität sind Stichtagsregelungen als "Typisierungen in der Zeit" grundsätzlich zulässig, sofern sich die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert und demnach sachlich vertretbar ist (Rn. 24). 3. Bei der Umstellung eines tariflichen Vergütungssystems dürfen die Tarifvertragsparteien den Stichtag in den Grenzen des Vertrauensschutzes frei aushandeln. Ebenso dürfen sie autonom festlegen, ob und für welche Personenkreise es ab welchem Zeitpunkt ggf. Übergangs- oder Besitzstandsregelungen geben soll. Das folgt aus der Tarifautonomie und bedeutet im Ergebnis eine bloße Willkürkontrolle solcher Stichtagsregelungen (Rn. 24).