BVerwG - Urteil vom 01.06.2017
1 C 16.16
Normen:
StAG § 10 Abs. 1; StAG § 11; StAG § 37 Abs. 1 S. 1; AsylG § 6; AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1a und Nr. 2; AufenthG § 26 Abs. 4; StGB § 271; ARB Art. 6 Abs. 1 1/80; EMRK Art. 3;
Fundstellen:
BVerwGE 159, 85
NVwZ 2017, 1312
ZAR 2018, 126
Vorinstanzen:
VG München, vom 14.01.2015 - Vorinstanzaktenzeichen M 25 K 13.5870
VGH Bayern, vom 20.04.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 5 B 15.2106

Einbürgerungsbegehren eines irakischen Staatsangehörigen in den deutschen Staatsverband; Beruhen des Aufenthalts eines Einbürgerungsbewerbers im Inland auf einer Täuschung über seine Identität; Hypothetische ex ante-Prognose der Ausländerbehörde bei Kenntnis von der Täuschung; Beachtung der Bindungswirkung des § 6 Asylgesetz (AsylG) bei anerkannten Flüchtlingen; Auslegung des im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) verwendeten Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts

BVerwG, Urteil vom 01.06.2017 - Aktenzeichen 1 C 16.16

DRsp Nr. 2017/9436

Einbürgerungsbegehren eines irakischen Staatsangehörigen in den deutschen Staatsverband; Beruhen des Aufenthalts eines Einbürgerungsbewerbers im Inland auf einer Täuschung über seine Identität; Hypothetische ex ante-Prognose der Ausländerbehörde bei Kenntnis von der Täuschung; Beachtung der Bindungswirkung des § 6 Asylgesetz (AsylG) bei anerkannten Flüchtlingen; Auslegung des im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) verwendeten Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts

Beruhte der Aufenthalt eines Einbürgerungsbewerbers im Inland zeitweise auf einer Täuschung über seine Identität oder sonstige aufenthaltsrechtlich beachtliche Umstände, kommt es für den gewöhnlichen Aufenthalt nach § 10 Abs. 1 StAG und die dabei rückblickend zu treffende Prognose maßgeblich darauf an, wie sich die Ausländerbehörde verhalten hätte, wenn sie von der Täuschung Kenntnis gehabt hätte (hypothetische ex ante-Prognose). Dabei ist bei anerkannten Flüchtlingen die Bindungswirkung des § 6 AsylG zu beachten.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. April 2016 und des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 14. Januar 2015 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 20. November 2013 verpflichtet, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern.