BGH - Urteil vom 14.02.2023
VI ZR 295/20
Normen:
StGB § 218a Abs. 2; BGB § 823 Abs. 1; BGB § 831;
Fundstellen:
FamRB 2023, 218
FamRZ 2023, 816
JZ 2023, 284
MDR 2023, 564
NJW 2023, 1878
VersR 2023, 603
r+s 2023, 371
Vorinstanzen:
LG Mannheim, vom 21.07.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 3 O 155/13
OLG Karlsruhe, vom 19.02.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 7 U 139/16

Schadensersatzanspruch der Mutter wegen unzureichender Beratung über die Möglichkeit einer schweren Behinderung ihres ungeborenen Kindes; Berücksichtigen der Dauer der Schwangerschaft und der daraus resultierenden besonderen Situation für Mutter und Kind bei der Abwägung zur Bestimmung der Voraussetzungen der medizinischen Indikation

BGH, Urteil vom 14.02.2023 - Aktenzeichen VI ZR 295/20

DRsp Nr. 2023/4530

Schadensersatzanspruch der Mutter wegen unzureichender Beratung über die Möglichkeit einer schweren Behinderung ihres ungeborenen Kindes; Berücksichtigen der Dauer der Schwangerschaft und der daraus resultierenden besonderen Situation für Mutter und Kind bei der Abwägung zur Bestimmung der Voraussetzungen der medizinischen Indikation

a) Für eine schwerwiegende Beeinträchtigung des seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren im Sinne von § 218a Abs. 2 StGB müssen Belastungen zu befürchten sein, die ein solches Maß an Aufopferung eigener Lebenswerte verlangen, dass dies von der Frau nicht erwartet werden kann. Bei der zu erwartenden Geburt eines schwerbehinderten Kindes und der hieraus resultierenden besonderen Lebenssituation müssen diese Belastungen dergestalt sein, dass sie die Mutter in ihrer Konstitution überfordern und die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung ihres seelischen Gesundheitszustandes als so drohend erscheinen lassen, dass bei der gebotenen Güterabwägung das Lebensrecht des Ungeborenen dahinter zurückzutreten hat.