LAG Thüringen - Urteil vom 16.08.2022
1 Sa 197/21
Normen:
BGB § 626 Abs. 1; BGB § 628 Abs. 2; KSchG § 4;
Vorinstanzen:
ArbG Erfurt, vom 11.06.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 7 Ca 1886/20

Verbrauch vertraglicher Verfehlungen durch eine AbmahnungUmfassende Interessenabwägung vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung

LAG Thüringen, Urteil vom 16.08.2022 - Aktenzeichen 1 Sa 197/21

DRsp Nr. 2022/13355

"Verbrauch" vertraglicher Verfehlungen durch eine Abmahnung Umfassende Interessenabwägung vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung

1. Hat der Arbeitgeber vertragliche Verfehlungen des Arbeitnehmers durch eine Abmahnung gerügt, kann er diese Verfehlungen nicht mehr als Grund für eine fristlose oder ordentliche Kündigung heranziehen. 2. In einer Gesamtwürdigung ist das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Zu berücksichtigen sind regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf.

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 11.06.2021 - 7 Ca 1886/20 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Feststellung in Ziffer 1 zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses klarstellend lauten muss "sondern jedenfalls bis zum 30.04.2021 fortbestanden hat".

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Normenkette:

BGB § 626 Abs. 1; BGB § 628 Abs. 2; KSchG § 4;

Tatbestand: