LAG Chemnitz - Urteil vom 22.04.2024
2 Sa 88/23
Normen:
KSchG § 4 S. 1; KSchG § 5 Abs. 1 S. 1 und 2; MuSchG § 17 Abs. 1;
Fundstellen:
NZA 2024, 1360
NZA-RR 2024, 533
Vorinstanzen:
ArbG Dresden, vom 05.01.2023 - Vorinstanzaktenzeichen 6 Ca 1051/22

Wirksamkeit einer Kündigung insbesondere vor dem Hintergrund einer verspäteten Erhebung der Kündigungsschutzklage; Kenntnis im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG

LAG Chemnitz, Urteil vom 22.04.2024 - Aktenzeichen 2 Sa 88/23

DRsp Nr. 2024/11478

Wirksamkeit einer Kündigung insbesondere vor dem Hintergrund einer verspäteten Erhebung der Kündigungsschutzklage; Kenntnis im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG

1. Die Kenntnis im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG liegt erst vor, wenn die Arbeitnehmerin aufgrund einer ärztlichen Untersuchung berechnen kann, ob sie bereits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung schwanger war. 2. Ein vor diesem Zeitpunkt binnen der offenen Klageerhebungsfrist des § 4 Satz 1 KSchG durchgeführter Schwangerschaftstest mit positivem Ergebnis führt nicht dazu, dass die Arbeitnehmerin gehalten ist, noch binnen der dreiwöchigen Frist Kündigungsschutzklage zu erheben. Ihr ist vielmehr eine angemessene Überlegungszeit einzuräumen, die nicht mit weniger als zwei Wochen angenommen werden kann (anders LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 13.05.2008, 3 Ta 56/08 : 3 Tage). Die nachträgliche Zulassung der Kündigunsschutzklage erfolgt dann jedenfalls nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG. 3. Vorstehendes ergibt sich aus dem Effektivitätsgrundsatz unter Beachtung der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz.

Tenor