Auslegung letztwilliger Verfügungen

Autoren: Mangold/Christ

Grundlegend ist zwischen der Auslegung von Einzeltestamenten und der Auslegung von Erbverträgen bzw. gemeinschaftlichen Testamenten zu unterscheiden.

Einzeltestament (§ 133 BGB)

Bei der Auslegung von Einzeltestamenten ist gem. § 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften. Es ist hier nicht auf den "objektiven Empfängerhorizont" abzustellen. Allein der Wille des Testators zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung zählt. Es ist zudem nicht auf das Verständnis eines Dritten abzustellen. Es wird auch kein Vertrauenstatbestand gegenüber anderen Personen geschaffen.

Erbvertrag, gemeinschaftliches Testament (§§ 133, 157 BGB)

Bei der Auslegung von Erbverträgen und gemeinschaftlichen Testamenten ist neben dem wirklichen Willen der Beteiligten vor allem deren übereinstimmender Wille von Bedeutung.

Gemäß § 157 BGB sind mehrseitige Verfügungen von Todes wegen so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Es ist somit auch auf den Empfängerhorizont des jeweiligen Ehe- und/oder Vertragspartners und dessen wirklichen Willen abzustellen (zu den Besonderheiten bei der Auslegung bzw. Anfechtung von Erbverträgen und gemeinschaftlichen Testamenten siehe Kapitel 5.A.2.3 bzw. Kapitel 5.A.3.5).

Systematik der Testamentsauslegung

Die Systematik der Testamentsauslegung verdeutlicht das folgende Schaubild:

Schrittweise Testamentsauslegung