Autor: Knoche |
Unterhaltssachen sind Verfahren, die die durch Verwandtschaft begründete gesetzliche Unterhaltspflicht betreffen (§ 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG). Nach § 111 Nr. 8 FamFG handelt es sich bei den Unterhaltssachen um Familiensachen. Sachlich zuständig für Familiensachen sind nach § 23a Abs. 1 GVG die Amtsgerichte. Nach § 23b Abs. 1 GVG werden für Familiensachen besondere Abteilungen (Familiengerichte) gebildet, die mit Familienrichtern besetzt werden (§ 23b Abs. 3 Satz 1 GVG), die über belegbare Kenntnisse auf den Gebieten des Familienrechts, insbesondere des Kindschaftsrechts, des Familienverfahrensrechts und der für das Verfahren in Familiensachen notwendigen Teile des Kinder- und Jugendhilferechts sowie über belegbare Grundkenntnisse der Psychologie, insbesondere der Entwicklungspsychologie des Kindes, und der Kommunikation mit Kindern verfügen sollen (§ 23b Abs. 3 Satz 3 GVG). Richter auf Probe dürfen im ersten Jahr nach ihrer Ernennung Geschäfte des Familienrichters nicht wahrnehmen (§ 23b Abs. 3 Satz 2 GVG). Die örtliche Zuständigkeit in Unterhaltsverfahren ergibt sich aus § 232 FamFG.
Nach § 112 Nr. 1 FamFG handelt es sich bei den Unterhaltssachen nach § 231 Abs. 1 FamFG um Familienstreitsachen. Das Verfahren in Familienstreitsachen richtet sich im Wesentlichen nach den allgemeinen Vorschriften der ZPO und den Vorschriften der ZPO über das Verfahren vor den Landgerichten (vgl. § 113 Abs. 1 FamFG). Besonderheiten für die Unterhaltsverfahren ergeben sich aus den Vorschriften für die Familienstreitverfahren (§§ 112 - 120 FamFG) und den Vorschriften für Unterhaltsverfahren (§§ 231 - 260 FamFG).
Anwendbar von den allgemeinen Vorschriften des FamFG (§§ 2 - 110) sind allein
§§ 38 und 39 FamFG : in Unterhaltsverfahren ist daher durch Beschluss zu entscheiden (vgl. auch § 116 Abs. 1 FamFG), der eine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten muss; | |
§ 46 Satz 3 und 4 FamFG : Rechtskraftzeugnis auf einer Ausfertigung ohne Begründung in Ehe- und Abstammungsverfahren von Amts wegen; | |
§§ 49 - 57 FamFG : in Unterhaltsverfahren sind die Vorschriften über einstweilige Anordnungen anzuwenden, die Vorschriften der ZPO über einstweilige Verfügungen gelten nicht; | |
§§ 58 - 75 FamFG : es gilt grundsätzlich ein einheitliches Rechtsmittelverfahren für alle Familiensachen. |
Unanwendbar aus dem FamFG sind dagegen die
§§ 23-37: damit gilt z.B. weiterhin der Beibringungsgrundsatz, es findet also keine Amtsermittlung statt; | |
§ 46 Satz 1 und 2 FamFG; | |
§§ 76 - 96 FamFG : damit gelten z.B. die Prozesskostenhilfevorschriften der ZPO (wobei trotzdem von Verfahrenskostenhilfe gesprochen wird, vgl. § 113 Abs. 5 Nr. 1 FamFG). |
Anwendbar aus der ZPO sind
die allgemeinen Vorschriften (§§ 1 ff. ZPO), soweit nicht das FamFG spezielle Regelungen bereithält, z.B. in § 115 FamFG für die Verspätung eines Vorbringens und insbesondere in §§ 231 ff. FamFG (z.B. für die örtliche Zuständigkeit § 232 FamFG oder für die Kostenentscheidung § 243 FamFG - vgl. Roessink, FamRB 2009, 117, 120); | |
die ZPO -Vorschriften über den Urkunds- und Wechselprozess (vgl. § 113 Abs. 2 FamFG); | |
die ZPO -Vorschriften über das Mahnverfahren (vgl. § 113 Abs. 2 FamFG). |
Unterhaltsverfahren wegen Kindergeld nach § 231 Abs. 2 FamFG sind demgegenüber keine Familienstreitsachen (Umkehrschluss aus § 112 Nr. 1 FamFG). Insoweit gelten sämtliche Vorschriften des FamFG.
Minderjährige sind nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 52 ZPO verfahrensunfähig. Anträge von und gegen verfahrensunfähige Personen werden durch die gesetzliche Vertretung ermöglicht, wobei sich nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 51 ZPO die Vertretung nach den Vorschriften des BGB richtet. Bei der Geltendmachung von Unterhalt für ein Kind ist daher immer die richtige gesetzliche Vertretung des Kindes zu beachten, die sich nach § 1629 BGB bestimmt. Insbesondere beim Wechselmodell kann dies problematisch sein. Bei einer paritätischen Aufteilung der Betreuung zwischen den Eltern befindet sich das Kind nicht in der Obhut eines Elternteils, so dass bei einer gemeinsamen elterlichen Sorge keine gesetzliche Vertretungsbefugnis nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB besteht. Unterhaltsansprüche des Kindes können in diesen Fällen erst geltend gemacht werden, wenn für das Kind ein Pfleger, der das Kind bei der Geltendmachung seiner Unterhaltsansprüche vertritt, bestellt wurde oder einem Elternteil durch das Familiengericht nach § 1628 BGB die Entscheidung zur Geltendmachung von Kindesunterhalt (vgl. BGH, Urt. v. 21.12.2005 - XII ZR 126/03, FamRZ 2006, 1015 Rdnr. 9) bzw. der entsprechende Teil der elterlichen Sorge nach § 1671 BGB allein übertragen wurde.
Ein Alleinvertretungsrecht nach § 1629 Abs. 2 BGB umfasst jedoch nicht die Befugnis, mit einem Träger öffentlicher Leistungen eine Rückübertragung des Kindesunterhalts nach einem gesetzlichen Übergang des Kindesunterhaltsanspruchs auf diesen Leistungsträger (insbesondere nach § 33 Abs. 1 SGB II, § 94 Abs. 1 SGB XII oder § 7 Abs. 1 UVG) zu vereinbaren (BGH, Beschl. v. 18.03.2020 - XII ZB 213/19, FamRZ 2020, 991 Rdnr. 23 ff.; a.A. in der Vorinstanz OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.11.2018 -
Von der Frage der gesetzlichen Vertretung, die in allen Kindesunterhaltsverfahren von Bedeutung ist, ist die Frage der Verfahrensführungsbefugnis zu unterscheiden. Obwohl Inhaber eines Kindesunterhaltsanspruchs grundsätzlich das jeweils betroffene Kind ist, wird durch § 1629 Abs. 3 BGB in speziellen Kindesunterhaltsverfahren dem Kind die Befugnis genommen, den Unterhalt selbst gerichtlich zu beantragen, nämlich dann, wenn die noch miteinander verheirateten Eltern eines ehelichen Kindes voneinander getrennt leben oder eine Ehesache zwischen ihnen anhängig ist. Statt des Kindes kann in diesen Fällen nur der die Obhut ausübende Elternteil den Unterhalt im eigenen Namen geltend machen. Das Kind kann nicht selbst als Antragsteller auftreten und deshalb auch nicht Zahlung des Unterhalts an sich selbst verlangen. Vielmehr kann Kindesunterhalt nur von dem Elternteil geltend gemacht werden, in dessen Obhut sich das Kind befindet (§ 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB). Dieser Elternteil ist berechtigt und verpflichtet, Zahlung des Kindesunterhalts an sich selbst zu verlangen. Der Eintritt der Rechtskraft der Ehesache hindert die Fortführung des begonnenen Verfahrens nicht, da die gesetzliche Verfahrensstandschaft des antragstellenden Elternteils über die Rechtskraft der Ehesache hinaus so lange bestehen bleibt, bis das konkrete Verfahren über den Kindesunterhalt insgesamt (Beschwerde/Rechtsbeschwerde) abgeschlossen ist (BGH, Urt. v. 15.11.1989 - IVb ZR 3/89, FamRZ 1990, 283 Rdnr. 10; OLG Hamm, Urt. v. 29.07.1997 - 13 UF 41/97, FamRZ 1998, 379; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.02.1987 -
Obwohl die Verfahrensstandschaft nach dem Wortlaut des § 1629 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 BGB nur die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen des Kindes gegen den anderen Elternteil betrifft, entspricht es der allgemeinen Meinung, dass die Verfahrensstandschaft umfassend zu verstehen ist und sie auch für die Rechtsverteidigung gilt. Der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, kann daher auch auf der Passivseite stehen. Solange die Verfahrensstandschaft besteht, ist ein etwaiger negativer Feststellungsantrag bzgl. des Kindesunterhalts (§ 256 ZPO) oder ein Abänderungsantrag gegen den Verfahrensstandschafter zu richten.
Die gesetzliche Verfahrensstandschaft des § 1629 Abs. 3 BGB hindert jedoch nicht die Errichtung einer Beistandschaft. Im Fall der Vertretung des Kindes durch den Beistand tritt § 1629 Abs. 3 BGB hinter § 234 FamFG, der den Vorrang des Beistands im Verfahren enthält, zurück. Dass eine Vertretung des ehelichen Kindes durch den Beistand bei getrenntlebenden Eltern im Unterhaltsverfahren zulässig ist und demgemäß das vertretene Kind auch Beteiligter sein muss, lässt sich bereits dem Wortlaut der einschlägigen Normen entnehmen. Nach § 1713 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt es für die Berechtigung des Antrags auf Einrichtung einer Beistandschaft bei gemeinsamer elterlicher Sorge allein darauf an, dass sich das Kind in der Obhut des die Beistandschaft beantragenden Elternteils befindet (BGH, Beschl. v. 29.10.2014 - XII ZB 250/14, Rdnr. 13 ff. m.w.N.; OLG Schleswig, FamRZ 2014,
Das Recht zur Alleinvertretung (und damit auch eine Verfahrensstandschaft oder Beistandschaft) erlischt, wenn das Sorgerecht gem. § 1671 BGB auf den anderen Elternteil übertragen worden ist. Das Gleiche gilt bei einem faktischen Wechsel des Obhutsverhältnisses OLG Hamm, Beschl. v. 09.02.1990 -
Vergleichbares gilt, wenn das Kind volljährig wird. Dann endet die gesetzliche Verfahrensstandschaft exakt am Tag des 18. Geburtstags, nicht am Monatsende (vgl. BGH, Urt. v. 30.01.1985 - IVb ZR 70/83, FamRZ 1985, 471 Rdnr. 20 f.; OLG Frankfurt, Urt. v. 06.06.1991 - 1 UF 196/90, FamRZ 1991, 1210; OLG Zweibrücken, Urt. v. 23.05.2000 -
Das volljährig gewordene Kind tritt in die rechtliche Stellung des Verfahrensstandschafters ein und kann dies auch im laufenden Unterhaltsverfahren im Wege eines Beteiligtenwechsels (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 263 ZPO) vollziehen. Einer Zustimmung der Gegenseite bedarf es nicht, denn der Beteiligtenwechsel unterliegt nicht den Regeln der Antragsänderung (BGH, Urt. v. 30.01.1985 - IVb ZR 70/83, FamRZ 1985, 471 Rdnr. 21). Streitig ist, ob sich der Beteiligtenwechsel automatisch als gesetzlicher Beteiligtenwechsel vollzieht (so OLG Zweibrücken, Urt. v. 23.05.2000 -
Der Eintritt der Volljährigkeit mit der Folge des Wegfalls der Verfahrensführungsbefugnis ist stets von Amts wegen zu berücksichtigen. Das Problem stellt sich nicht, wenn das minderjährige Kind, gesetzlich vertreten durch einen Elternteil, selbst Beteiligter gewesen ist. Dann entfällt mit Eintritt der Volljährigkeit des Kindes lediglich die gesetzliche Vertretung, im Übrigen ändert sich nichts.
Von der Verfahrensstandschaft nach § 1629 Abs. 3 BGB ist die Verfahrensstandschaft nach § 265 ZPO zu unterscheiden. Hat das Kind staatliche Leistungen empfangen, kommt es i.d.R. zu einem gesetzlichen Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Leistungsträger (insbesondere nach § 33 Abs. 1 SGB II, § 94 Abs. 1 SGB XII oder § 7 Abs. 1 UVG). Nach § 265 Abs. 1 ZPO ist das Kind jedoch berechtigt, die ab Rechtshängigkeit auf den Sozialleistungsträger übergegangenen Ansprüche in eigenem Namen weiter geltend zu machen. Soweit ab Rechtshängigkeit die Unterhaltsansprüche auf den Sozialleistungsträger übergehen, muss das Kind jedoch Zahlung an diesen verlangen. In der letzten mündlichen Verhandlung (bei einem schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO bis zum Ende der Schriftsatzfrist) muss das Kind daher den Antrag dahingehend umstellen, dass die Unterhaltszahlungen an den Sozialleistungsträger zu erbringen sind, soweit diese bis zur mündlichen Verhandlung (bei einem schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO bis zum Ende der Schriftsatzfrist) auf den Sozialleistungsträger übergegangen sind. Aufgrund des Bestimmtheitsgebots nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist dieser Betrag genau zu beziffern. Wird der Antrag nicht entsprechend umgestellt, ist er abzuweisen, soweit die Unterhaltsansprüche auf den Sozialleistungsträger übergegangen sind, da das Kind insoweit nicht mehr anspruchsberechtigt ist (vgl. BGH, Urt. v. 19.03.2004 - V ZR 104/03, NJW 2004, 2152 Rdnr. 21). Das Gleiche gilt für die bis zur Rechtshängigkeit auf den Sozialleistungsträger übergegangenen Unterhaltsansprüche. Diese kann das Kind nicht mehr geltend machen, da es nicht mehr anspruchsberechtigt ist und die Verfahrensstandschaft nach § 265 ZPO nur für die Zeit ab Rechtshängigkeit gilt.
Durch die Umstellung des Zahlungsempfängers wird jedoch für den öffentlichen Leistungsträger kein eigenes Recht geschaffen, aus dem Titel zu vollstrecken. Antragsteller und damit Vollstreckungsberechtigter bleibt das Kind. Der öffentliche Leistungsträger kann lediglich, soweit die Ansprüche auf ihn übergegangen sind, eine Titelumschreibung nach § 727 ZPO betreiben (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.1984 - V ZR 218/83, NJW 1985, 809 Rdnr. 11 ff.). Eine derartige Titelumschreibung ist jedoch nur möglich, wenn der titulierte Anspruch nach Rechtshängigkeit übergegangen ist. Ist er bereits vor Rechtshängigkeit übergegangen, scheidet eine Titelumschreibung aus (OLG Dresden v. 11.04.2022 -
Im Fall eines gesetzlichen Forderungsübergangs auf den Sozialleistungsträger wird der Unterhaltsanspruch jedoch häufig treuhänderisch auf das Kind rückübertragen (insbesondere nach § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB II, § 94 Abs. 5 Satz 1 SGB XII, § 7 Abs. 4 Satz 3 UVG). Im Fall einer gemeinsamen elterlichen Sorge umfasst das Alleinvertretungsrecht des betreuenden Elternteils nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB jedoch nicht das Recht, im Namen des Kindes einen Rückabtretungsvertrag mit dem Sozialleistungsträger zu vereinbaren (BGH, Beschl. v. 18.03.2020 - XII ZB 213/19, FamRZ 2020, 991 Rdnr. 23 ff.; a.A. in der Vorinstanz OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.11.2018 -
Bei einer treuhänderischen Rückübertragung ist jedoch zu berücksichtigen, dass in diesen Fällen der Sozialleistungsträger verpflichtet ist, die Kosten einer Rechtsverfolgung zu übernehmen (vgl. § 33 Abs. 4 Satz 2 SGB II, § 94 Abs. 5 Satz 2 SGB XII bzw. § 7 Abs. 4 Satz 4 UVG), so dass dem Kind insoweit keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden darf.
PraxistippKommt es aufgrund staatlicher Leistungen an das Kind zu einem gesetzlichen Forderungsübergang, sollte der volle Kindesunterhalt erst ab Rechtshängigkeit und sollten Rückstände nur insoweit geltend gemacht werden, als der Kindesunterhalt die erhaltenen staatlichen Leistungen übersteigt, also soweit kein Forderungsübergang stattgefunden hat. Bei einer treuhänderischen Rückübertragung kann das Kind zwar auch die bereits übergegangenen Ansprüche in eigenem Namen geltend machen. Verfahrenskostenhilfe wird dem Kind bei einer Rückübertragung i.d.R. aber nur für die ab Anhängigkeit fällig werdenden Unterhaltsansprüche und für die Rückstände nur, soweit diese die gezahlten staatlichen Leistungen übersteigen, bewilligt werden können. Zwar bestünde ohne treuhänderische Rückübertragung eine Verfahrensstandschaft erst ab Rechtshängigkeit, für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe kann bei einer treuhänderischen Rückübertragung jedoch auf die Anhängigkeit abgestellt werden, da nur die bis zur Einreichung des Antrags fälligen Beträge den Verfahrenswert erhöhen. |
Nach § 114 FamFG müssen sich die Beteiligten in Unterhaltsverfahren grundsätzlich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Für Kindesunterhaltsverfahren ist insbesondere die Ausnahme des § 114 Abs. 4 Nr. 2 FamFG von Bedeutung. Danach ist eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich, soweit der Beteiligte durch das Jugendamt als Beistand, Vormund oder Ergänzungspfleger vertreten ist.
Die Zurückweisung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln, die nicht rechtzeitig vorgebracht werden, ist nach § 115 FamFG nur möglich, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Verfahrens verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.
Nach § 170 Abs. 1 Satz 1 GVG sind Verhandlungen, Erörterungen und Anhörungen in Familiensachen nicht öffentlich. Seit Inkrafttreten des FamFG ist daher in Unterhaltsverfahren in nicht öffentlicher Sitzung zu verhandeln. Die Verkündung der Endentscheidung ist in Unterhaltsverfahren nach § 173 GVG jedoch in jedem Fall öffentlich.
Endentscheidungen in Unterhaltssachen werden grundsätzlich erst mit Rechtskraft wirksam (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FamFG). Das Gericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit anordnen und in Unterhaltsverfahren soll dies auch geschehen (§ 116 Abs. 3 Satz 2 und 3 FamFG). Dies hat den Sinn und Zweck, den laufenden Lebensbedarf des Unterhaltsberechtigten zu sichern. Hinsichtlich rückständigen Unterhalts ist eine sofortige Wirksamkeit daher nur insoweit anzuordnen, als auch diese zur Sicherung des aktuellen Lebensbedarfs notwendig ist, z.B. weil der Unterhaltsberechtigte aufgrund des nicht gezahlten Unterhalts sein Konto überziehen musste (OLG Karlsruhe v. 21.10.2022 - 5 UF 107/22, NJW-RR 2022, 1660).
Die Vollstreckung in Unterhaltssachen erfolgt grundsätzlich nach den Vorschriften der ZPO über die Zwangsvollstreckung (§ 120 Abs. 1 FamFG). Vollstreckbar sind Unterhaltsbeschlüsse mit Eintritt der Wirksamkeit (§ 120 Abs. 2 FamFG). Tritt diese vor der Rechtskraft ein, kann der Verpflichtete nach § 120 Abs. 2 FamFG einen Antrag auf Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung stellen. Begründet ist ein derartiger Antrag, wenn der Unterhaltspflichtige glaubhaft macht, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Kein derartiger Nachteil dürfte vorliegen, wenn der Unterhaltsbedürftige wegen Mittellosigkeit voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, den im Fall der Abänderung des Titels zu Unrecht gezahlten Geldbetrag zurückzuzahlen (OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.12.2015 - 10 UFH 8/15, FamRZ 2016, 1961; OLG Hamm, FamRZ 2012, 730; OLG Hamburg, FamRB 2012, 279 f.; a.A. OLG Bremen, FamRZ 2011, 322 f.). Durch § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG hat der Gesetzgeber wegen der besonderen Bedeutung des Unterhalts zur Sicherung des laufenden Lebensbedarfs die sofortige Wirksamkeit von Unterhaltstiteln zum Regelfall erklärt. Dass ein Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Unterhalts im Fall der Abänderung des Unterhaltstitels i.d.R. nicht realisierbar ist, ist daher eine normale Folge der Zwangsvollstreckung. Da der mittellose Unterhaltsbedürftige den Unterhalt zur Deckung seines laufenden Lebensbedarfs benötigt, wird er i.d.R. die Unterhaltszahlungen auch verbrauchen. Für die Einstellung der Vollstreckung von Unterhaltsrückständen dürfte dies jedoch anders zu beurteilen sein, es sei denn, der Unterhaltsgläubiger ist auch auf die Nachzahlung angewiesen, z.B. weil er, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, Schulden aufnehmen musste (OLG Brandenburg v. 11.02.2015 -
WarnhinweisDie Entscheidung über eine sofortige Wirksamkeit ist nach § 116 Abs. 3 FamFG in der jeweiligen Endentscheidung zu treffen und kann daher vom Beschwerdegericht nicht nachgeholt werden (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.02.2013 - 18 UF 363/12; a.A. KG, Beschl. v. 09.05.2014 - 18 UF 43/13, FamRZ 2014, Außerdem sollte der Unterhaltsschuldner schon erstinstanzlich die Tatsachen vorbringen, die ausnahmsweise gegen die Anordnung einer sofortigen Wirksamkeit sprechen. Darüber hinaus sollte der Unterhaltsschuldner bereits in der ersten Instanz einen Antrag auf Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung nach § 120 Abs. 2 FamFG stellen und die Tatsachen, die einen derartigen Antrag begründen, vortragen. Schon nach dem Wortlaut des Gesetzes kann bereits das erstinstanzliche Gericht über einen derartigen Antrag in der Endentscheidung befinden. Darüber hinaus ist umstritten, unter welchen Bedingungen ein derartiger Antrag in der Beschwerdeinstanz zulässig ist. So hat das OLG Frankfurt entschieden, dass in Unterhaltssachen ein Antrag auf Einstellung der Vollstreckung nach § 64 Abs. 3 FamFG unzulässig ist, wenn der Schuldner es versäumt hat, erstinstanzlich einen Antrag nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FamFG zu stellen und die Gründe hierfür bereits erstinstanzlich hätten vorgebracht werden können (OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.06.2015 - 6 UF 105/15, FamRZ 2016, 76; OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.08.2014 - 6 UF 205/14, FamRZ 2015, 1223; OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.02.2011 - 3 UF 460/10, FamRZ 2012, 576). Demgegenüber haben das OLG Hamburg (FamRB 2012, 279 f.), das OLG Düsseldorf (FamFR 2013, 428) und das OLG Bremen (FamRZ 2011, 322 f.) entschieden, dass ein Antrag nach § 120 Abs. 2 Satz 3 FamFG auch dann zulässig ist, wenn der Unterhaltsschuldner in der ersten Instanz keinen Antrag nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FamFG gestellt hat. |
Nach § 235 Abs. 1 FamFG kann das Gericht anordnen, dass der Antragsteller oder der Antragsgegner innerhalb einer angemessenen Frist Auskunft über seine Einkünfte, sein Vermögen und seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen sowie bestimmte Belege vorzulegen hat, soweit dies für die Bemessung des Unterhalts von Bedeutung ist. Das Gericht kann auch anordnen, dass der Auskunftspflichtige schriftlich versichert, dass die Auskunft wahrheitsgemäß und vollständig ist. Die Versicherung darf nicht durch einen Vertreter erfolgen. Auf Antrag eines Beteiligten muss das Gericht nach § 235 Abs. 1 FamFG vorgehen, wenn der andere Beteiligte vor Beginn des Verfahrens einer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts bestehenden Auskunftspflicht entgegen einer Aufforderung innerhalb einer angemessenen Frist nicht nachgekommen ist (§ 235 Abs. 2 FamFG).
Auch wenn die Auskunft nicht mit Zwangsmitteln durchsetzbar ist (§ 235 Abs. 4 FamFG), kann ein Verstoß gegen die Anordnung Konsequenzen haben, auf die das Gericht bei der Anordnung hinzuweisen hat (§ 235 Abs. 1 Satz 4 FamFG).
Kommt ein Beteiligter einer Anordnung nach § 235 Abs. 1 FamFG nicht oder nicht vollständig nach, kann das Gericht über die Höhe der Einkünfte Auskunft und bestimmte Belege bei Arbeitgebern, Sozialleistungsträgern, Finanzämtern etc. anfordern (§ 236 Abs. 1 FamFG). Liegen die Voraussetzungen des § 236 Abs. 1 FamFG vor, muss das Gericht entsprechend vorgehen, wenn der andere Beteiligte dies beantragt (§ 236 Abs. 2 FamFG).
Ferner hat das Gericht es bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen, wenn ein Beteiligter einer Aufforderung nach § 235 Abs. 1 FamFG innerhalb der Frist nicht oder nicht vollständig nachgekommen ist (§ 243 Satz 2 Nr. 3 FamFG).
Kindesunterhalt kann auch im Wege einer einstweiligen Anordnung nach §§ 49 ff. FamFG geltend gemacht werden (zum vorläufigen Rechtsschutz siehe Mandatssituation 4.3). Nach § 246 Abs. 1 FamFG ist für eine einstweilige Anordnung in diesen Fällen kein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und es kann auch der volle Unterhalt ohne zeitliche Begrenzung zuerkannt werden. Wenn es zur Aufklärung des Sachverhalts oder für eine gütliche Beilegung des Verfahrens geboten erscheint, hat das Gericht eine mündliche Verhandlung anzuberaumen (§ 246 Abs. 2 FamFG).
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