AG Eschwege - Beschluß vom 05.12.1994
1 X 283/94
Normen:
BGB § 1628 ; EGBGB Art. 4, Art. 14, Art. 19 ; MSA Art. 1, Art. 3, Art. 16; Türk. ZGB Art. 263 ;
Fundstellen:
DAVorm 1995, 390
FamRZ 1995, 565

AG Eschwege - Beschluß vom 05.12.1994 (1 X 283/94) - DRsp Nr. 1995/6441

AG Eschwege, Beschluß vom 05.12.1994 - Aktenzeichen 1 X 283/94

DRsp Nr. 1995/6441

Die internationale Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichtes nach Art. 1 MSA wird nicht durch das bloße Bestehen eines gesetzlichen Gewaltverhältnisses nach dem Heimatrecht von in Deutschland lebenden ausländischen Staatsangehörigen ausgeschlossen. Art. 3 MSA ist vielmehr dahingehend auszulegen, daß er den Gerichten nur den Rahmen vorschreibt, in welchem sie tätig werden können. Gem. Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB i.V.m. Art. 14 Abs. 1 EGBGB ist auf das Rechtsverhältnis zwischen türkischen Eltern und ihrem ehelichen Kind materiell-rechtlich türkisches Recht anzuwenden, wenn nicht nach Art. 6 EGBGB i.V.m. Art. 16 MSA die Anwendung dieses Rechtes im konkreten Fall ausgeschlossen ist. Der in Art. 263 S. 2 türk. ZGB vorgesehene Stichentscheid des Vaters verstößt eindeutig gegen Art. 3 Abs. 2 GG, so daß die Vorschrift des § 263 S. türk. ZGB an sich nicht anzuwenden wäre. Da entscheidend für die Nichtanwendung einer ausländischen Norm jedoch nicht ist, ob sie für sich genommen mit deutschen Rechtsvorstellungen unvereinbar ist, sondern ob ihre Anwendung zu einem odre public Ergebnis führen würde, wäre die Nichtanwendung nur dann zu bejahen, wenn im konkreten Einzelfall sich die Entscheidung des Vaters nicht ausschließlich am Wohl des Kindes orientieren würde.