BVerfG - Urteil vom 21.06.1974
1 BvQ 4/74
Normen:
BVerfGG § 32 ; GG Art. 2 Abs. 2 ; StGB §§ 218a 218b 219 (i.d.F. des 5. StrRG v. 18.6.1974 - BGBl. I S. 1297) ;
Fundstellen:
BVerfGE 37, 324
BayVBl 1974, 527
DRiZ 1974, 264
EuGRZ 1974, 51
FamRZ 1974, 432
NJW 1974, 1322

Einstweilige Anordnung gegen das Inkrafttreten der Neuregelung des Schwangserschaftsanbbruchs

BVerfG, Urteil vom 21.06.1974 - Aktenzeichen 1 BvQ 4/74

DRsp Nr. 1994/2796

Einstweilige Anordnung gegen das Inkrafttreten der Neuregelung des Schwangserschaftsanbbruchs

1. § 218a i.d.F. des Fünften Gesetzes zur Reform des Strafrechts (5. StrRG) v. 18.6.1974 (BGBl. I S. 1297) tritt einstweilen nicht in Kraft.2. § 218b und § 219 StGB i.d.F. dieses Gesetzes sind auch auf Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen seit der Empfängnis anzuwenden.Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt innerhalb der ersten zwölf Wochen seit der Empfängnis vorgenommene Schwangerschaftsabbruch ist nicht nach § 218 StGB strafbar, wenn an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach § 176 StGB (sexueller Mißbrauch von Kindern), § 177 StGB (Vergewaltigung) oder § 179 Abs. 1 StGB (sexueller Mißbrauch Widerstandsunfähiger) vorgenommen worden ist und dringende Gründe für die Annahme sprechen, daß die Schwangerschaft auf der Tat beruht.3. Ein gerichtlich anhängiges Strafverfahren wegen einer Tat, die nach § 218a StGB nicht strafbar wäre, wird bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem Grundgesetz ausgesetzt.4. Eine rechtskräftig verhängte Strafe, die wegen einer Tat verhängt worden ist, die nach § 218a StGB nicht strafbar wäre, darf bis zur vorbezeichneten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht vollstreckt werden.

Normenkette:

BVerfGG § 32 ; GG Art. 2 Abs. 2 ;