BVerfG - Beschluß vom 29.09.2005
1 BvR 2872/04
Normen:
GG Art. 6 Abs. 2 ;
Vorinstanzen:
OLG Bamberg, vom 19.11.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 7 UF 118/04

Entziehung des Sorgerechts wegen sexueller Übergriffe

BVerfG, Beschluß vom 29.09.2005 - Aktenzeichen 1 BvR 2872/04

DRsp Nr. 2005/20906

Entziehung des Sorgerechts wegen sexueller Übergriffe

Die Entziehung des Sorgerechts durch die Zivilgerichte verletzt das Elternrecht der Mutter, wenn die Entscheidung nicht berücksichtigt, dass der des sexuellen Mißbrauchs verdächtige Kindesvater inzwischen inhaftiert worden ist und von ihm keine Gefahr mehr droht.

Normenkette:

GG Art. 6 Abs. 2 ;

Gründe:

I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Entziehung des Sorgerechts für ihren 1997 geborenen Sohn.

Das Kind ist aus ihrer Ehe mit dem Kindesvater hervorgegangen. In dem Haushalt der Kindeseltern lebte neben dem Sohn zunächst noch dessen im Januar 1992 geborene Halbschwester, die leibliche Tochter der Beschwerdeführerin. Nachdem die Kriminalpolizei gegen den Kindesvater Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs zu Lasten seiner Stieftochter aufgenommen hatte, entzog das Amtsgericht den Kindeseltern im Mai 2003 einstweilen das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Sohn. Aufgrund der Ermittlungen ergebe sich ein erheblicher Anfangsverdacht, dass die Tochter sexuell missbraucht worden sei. Aus den polizeilichen Vernehmungen ergebe sich weiter, dass beim Sohn ebenfalls erhebliche Auffälligkeiten seit Oktober 2002 vorlägen.