BVerfG - Beschluss vom 26.04.2022
1 BvR 674/22
Normen:
GG Art. 6 Abs. 2 S. 1; GG Art. 6 Abs. 3; BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2; BVerfGG § 90 Abs. 2 S. 1; BVerfGG § 92; BVerfGG § 93 Abs. 1 S. 1; BGB § 1626; BGB § 1666a Abs. 1;
Vorinstanzen:
AG Halle (Westfalen), vom 29.11.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 22 F 219/21
AG Halle (Westfalen), vom 12.02.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 22 F 219/21

Inobhutnahme eines Kindes und vorläufiger Sorgerechtsentzug; Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde ua mangels Rechtswegerschöpfung und Fristwahrung; Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Feststellung einer Kindeswohlgefährdung durch die Fachgerichte

BVerfG, Beschluss vom 26.04.2022 - Aktenzeichen 1 BvR 674/22

DRsp Nr. 2022/9583

Inobhutnahme eines Kindes und vorläufiger Sorgerechtsentzug; Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde ua mangels Rechtswegerschöpfung und Fristwahrung; Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Feststellung einer Kindeswohlgefährdung durch die Fachgerichte

1. Die Inobhutnahme stellt nach in der Verwaltungsgerichtsbarkeit nahezu einhellig vertretener Auffassung einen Verwaltungsakt des Jugendamts dar, für dessen Überprüfung die Verwaltungsgerichte zuständig sind.2. Entscheidet eine Instanz in vollem Umfang über den Verfahrensgegenstand einer vorangegangenen Entscheidung, ist die vorangegangene Entscheidung in der Regel prozessual überholt und die Verfassungsbeschwerde dann insoweit unzulässig.3. Im Hinblick auf eine Kindeswohlgefährdung sind auch in einem einstweiligen Anordnungsverfahren unter Berücksichtigung der im Eilverfahren vorhandenen Möglichkeiten nachvollziehbare Ausführungen zur konkreten Art und zum Gewicht der Gefahren, die dem Kind bei einem Verbleib im elterlichen Haushalt drohen könnten, sowie zu einer richterlichen Einschätzung der zeitlichen Dringlichkeit der Fremdunterbringung verfassungsrechtlich notwendig.

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).

Normenkette: