BVerfG - Beschluss vom 20.02.2013
2 BvR 228/12
Normen:
BGB § 1901 Abs. 2 S. 2; GG Art. 1; GG Art. 19 Abs. 4; GG Art. 2 Abs. 2 S. 1; JGG § 7; StGB § 63; StGB § 64; StPO § 126a; StVollzG § 109; StVollzG § 114; SächsPsychKG § 22 Abs. 1 S. 1; SächsPsychKG § 23; SächsPsychKG § 38 Abs. 1 S. 2;
Vorinstanzen:
OLG Dresden, vom 11.01.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ws 515/11
LG Leipzig, vom 18.10.2011 - Vorinstanzaktenzeichen II StVK 781/11

Medizinische Zwangsbehandlung eines im sächsischen Maßregelvollzug betreuten Untergebrachten

BVerfG, Beschluss vom 20.02.2013 - Aktenzeichen 2 BvR 228/12

DRsp Nr. 2014/6283

Medizinische Zwangsbehandlung eines im sächsischen Maßregelvollzug betreuten Untergebrachten

1. Die Zwangsbehandlung eines Untergebrachten greift, unabhängig davon, ob sie mit körperlichem Zwang durchgesetzt wird, in dessen Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein, das die körperliche Integrität des Grundrechtsträgers und damit auch das diesbezügliche Selbstbestimmungsrecht schützt.2. Eine Zwangsbehandlung im Sinne einer medizinischen Behandlung, die gegen den natürlichen Willen des Betroffenen erfolgt, liegt unabhängig davon vor, ob eine gewaltsame Durchsetzung der Maßnahme erforderlich wird oder der Betroffene sich, etwa weil er die Aussichtslosigkeit eines körperlichen Widerstandes erkennt, ungeachtet fortbestehender Ablehnung in die Maßnahme fügt und damit die Anwendung körperlicher Gewalt entbehrlich macht.3. Auch die Einwilligung eines Betreuers nimmt der Maßnahme nicht den Eingriffscharakter. Sie lässt den Eingriff unberührt, der darin liegt, dass die Maßnahme gegen den natürlichen Willen des Betroffenen erfolgt.4. Die Zwangsbehandlung eines Untergebrachten kann ungeachtet der besonderen Schwere des darin liegenden Eingriffs gerechtfertigt sein. Sie ist jedoch, wie jeder andere Grundrechtseingriff, nur auf der Grundlage eines Gesetzes zulässig, das die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Eingriffs bestimmt.5.