OLG Hamm - Beschluss vom 21.08.1998
5 UF 300/98
Normen:
HKiEntÜ Art. 3, Art. 4, Art. 12, Art. 13;
Fundstellen:
DRsp I(167)442d-g
FamRZ 1999, 948

OLG Hamm - Beschluss vom 21.08.1998 (5 UF 300/98) - DRsp Nr. 1999/9722

OLG Hamm, Beschluss vom 21.08.1998 - Aktenzeichen 5 UF 300/98

DRsp Nr. 1999/9722

1. Lebt ein Kind zwei Jahre lang bei einem Elternteil (hier: in England), bei dem es sich ursprünglich nur zu Besuchszwecken aufgehalten hat, so hat sich dieser Aufenthalt derart verfestigt, dass er als "gewöhnlicher Aufenthalt" nach dem Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung anzusehen ist.. 2. Da das Abkommen von dem Grundsatz ausgeht, dass die Rückgabe des Kindes dem Kindeswohl am ehesten entspricht, und der entführende Elternteil aus seinem Rechtsbruch keine Vorteile ziehen soll, ist eine einschränkende Auslegung des Art. 13 Abs. 1b HKiEntÜ geboten. Die Hinnahme des Rechtsbruchs ist nur bei ungewöhnlich schwerwiegender Beeinträchtigung des Kindeswohls gerechtfertigt. Dazu zählen etwa die durch Tatsachen begründete Befürchtung, das Kind werde nach Rückführung missbraucht oder misshandelt, schwere Suchtmittelabhängigkeit des antragstellenden Elternteils oder die Rückkehr in ein Kriegsgebiet. Die mit dem erneuten Wechsel der Umgebung und der Bezugsperson naturgemäß verbundenen seelischen Belastungen des Kindes reichen nicht aus.