BVerfG - Beschluss vom 13.07.2020
1 BvR 631/19
Normen:
BVerfGG § 93c Abs. 1 S. 1; BGB § 1626a Abs. 1 Nr. 3; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1; ZPO § 114 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1;
Fundstellen:
FamRB 2021, 13
FamRZ 2020, 1559
FamRZ 2021, 279
Vorinstanzen:
AG Rostock, vom 18.12.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 10 F 107/18
AG Rostock, vom 12.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 10 F 107/18
OLG Rostock, vom 09.01.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 10 WF 263/18

Verfassungsbeschwerde bzgl. Versagung von Verfahrenskostenhilfe für ein Kindschaftsverfahren (hier: Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge für den Sohn); Gebot der Rechtsschutzgleichheit

BVerfG, Beschluss vom 13.07.2020 - Aktenzeichen 1 BvR 631/19

DRsp Nr. 2020/11222

Verfassungsbeschwerde bzgl. Versagung von Verfahrenskostenhilfe für ein Kindschaftsverfahren (hier: Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge für den Sohn); Gebot der Rechtsschutzgleichheit

1. Das Familiengericht überträgt auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil davon beiden Eltern gemeinsam, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Trägt der andere Elternteil keine Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen könnten, und sind solche Gründe auch sonst nicht ersichtlich, wird vermutet, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht. 2. Die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setzt ein gewisses Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge zwischen den Eltern voraus. Die gemeinsame elterliche Sorge kann daher nicht angeordnet werden, wenn eine schwerwiegende und nachhaltige Störung auf der Kommunikationsebene der Eltern vorliegt, die befürchten lässt, dass den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird. 3. Allein der Umstand, dass die Kindesmutter dem Vater ihres Kindes für Unterschriften "hinterherlaufen" müsse, rechtfertigt nicht die Beibehaltung der alleinigen elterlichen Sorge für das Kind.