BVerfG - Beschluss vom 17.12.2013
1 BvL 6/10
Normen:
BGB §§ 1600 ff.; BGB § 1600 Abs. 1 Nr. 5; EGBGB Art. 229 § 16; GG Art. 16 Abs. 1;
Fundstellen:
BVerfGE 135, 48
BVerfGE 2015, 48
DÖV 2014, 397
FamRB 2014, 95
FamRZ 2014, 449
FuR 2014, 238
FuR 2014, 3
MDR 2014, 225
NJW 2014, 1364
NVwZ 2014, 714
ZAR 2014, 11
ZAR 2014, 240
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Altona, vom 15.04.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 350 F 118/09

Verfassungsmäßigkeit der Regelung der behördlichen Vaterschaftsanfechtung gemäß § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB

BVerfG, Beschluss vom 17.12.2013 - Aktenzeichen 1 BvL 6/10

DRsp Nr. 2014/1910

Verfassungsmäßigkeit der Regelung der behördlichen Vaterschaftsanfechtung gemäß § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB

1. Die Regelung der behördlichen Vaterschaftsanfechtung (§ 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB) ist als absolut verbotene Entziehung der Staatsangehörigkeit anzusehen (Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG), weil der mit der Behördenanfechtung verbundene Wegfall der Staatsangehörigkeit durch die Betroffenen teils gar nicht, teils nicht in zumutbarer Weise beeinflussbar ist.2. Die Regelung genügt nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen sonstigen Verlust der Staatsangehörigkeit (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG), weil sie keine Möglichkeit bietet, zu berücksichtigen, ob das Kind staatenlos wird, und weil es an einer dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts genügenden Regelung des Staatsangehörigkeitsverlusts sowie an einer angemessenen Fristen- und Altersregelung fehlt.3. Verfassungsrechtliche Elternschaft (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) besteht bei einer durch Anerkennung begründeten rechtlichen Vaterschaft auch dann, wenn der Anerkennende weder der biologische Vater des Kindes ist noch eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind begründet hat. Allerdings hängt die Intensität des verfassungsrechtlichen Schutzes davon ab, ob die rechtliche Vaterschaft auch sozial gelebt wird.

Tenor