BVerfG - Beschluss vom 16.04.2008
1 BvR 2253/07
Normen:
ZPO § 114 ; BGB § 1603 Abs. 2 ; GG Art. 3 Abs. 1 Art. 20 Abs. 3 ;
Fundstellen:
FamRB 2008, 359
FamRZ 2008, 1403
FuR 2008, 388
Vorinstanzen:
OLG München, vom 16.07.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 4 WF 277/07
AG Landsberg - 2 F 140/07 - 14.6.2007,
AG Amtsgerichts Landsberg - 2 F 140/07 (PKH) - 30.4.2007,

Verfassungsmäßigkeit der Versagung von Prozesskostenhilfe für die Verteidigung gegen Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder

BVerfG, Beschluss vom 16.04.2008 - Aktenzeichen 1 BvR 2253/07

DRsp Nr. 2008/11227

Verfassungsmäßigkeit der Versagung von Prozesskostenhilfe für die Verteidigung gegen Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder

1. Von einem Unterhaltsschuldner darf auch im Rahmen der gesteigerten Erwerbsobliegenheit des § 1603 Abs. 2 BGB nicht Unmögliches verlangt werden. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte, welche die Leistungsfähigkeit begründen sollen, setzt voraus, dass die zur Erfüllung der Unterhaltspflichten erforderlichen Einkünfte für den Verpflichteten überhaupt erzielbar sind. Dabei ist es nicht realistisch, von einem Unterhaltsschuldner die Steigerung seines Einkommens um nahezu die Hälfte seines bisherigen Einkommens zu verlangen, wenn er bereits für das tatsächlich erzielte Einkommen den Einsatz einer Vollzeittätigkeit unter Inkaufnahme von Schichtdienst erbringen muss und das Einkommen unter Berücksichtigung seiner fehlenden Ausbildung und seines Werdegangs auch nicht unterdurchschnittlich ist.2. Die Frage der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners ist für eine Entscheidung im sumarischen Prozesskostenhilfeverfahren regelmäßig nicht geeignet, zumal eine fehlerhafte Zurechnung fiktiven Einkommens zugleich eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG auf Schutz vor einer unverhältnismäßigen Belastung durch Unterhaltsleistungen darstellt.

Normenkette:

ZPO § 114 ; BGB § 1603 Abs. 2 ; GG Art. 3 Abs. 1 Art. 20 Abs. 3 ;

Gründe: