BVerfG - Beschluß vom 25.01.1972
1 BvL 3/70
Normen:
GG Art. 6 Abs. 4 ; MuSchG § 9 Abs. 1 Satz 1 ;
Fundstellen:
BVerfGE 32, 273
AP Nr. 1 zu § 9 MuschG 1968
AuR 1972, 158
BB 1972, 498
DB 1972, 536
FamRZ 1972, 198
JZ 1972, 243
MDR 1972, 394
NJW 1972, 572
WM 1972, 362
ZfS 1972, 78
ZfSH 1972, 72
Vorinstanzen:
ArbG Hannover, vom 12.12.1969 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Ca 255/69

Verfassungsmäßigkeit des § 9 MuSchG

BVerfG, Beschluß vom 25.01.1972 - Aktenzeichen 1 BvL 3/70

DRsp Nr. 1996/8046

Verfassungsmäßigkeit des § 9 MuSchG

»1. Art. 6 Abs. 4 GG (Mutterschutz) enthält einen bindenden Auftrag an den Gesetzgeber.2. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß die schwangere Arbeitnehmerin den Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz in den Fällen, in denen dem Arbeitgeber die Schwangerschaft zur Zeit der Kündigung nicht bekannt war, jedenfalls dann verliert, wenn sie trotz Kenntnis der Schwangerschaft die in § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG vorgesehene Mitteilungsfrist schuldhaft versäumt.«

Normenkette:

GG Art. 6 Abs. 4 ; MuSchG § 9 Abs. 1 Satz 1 ;

Gründe:

I.

1. § 9 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz - MuSchG) in der Fassung vom 18. April 1968 (BGBl. I S. 315) lautet:

Die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.

2. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens wurde im April 1969 als Friseuse beim Beklagten eingestellt. Im Mai 1969 erfuhr sie von ihrem Hausarzt, daß sie schwanger sei. Am 25. Juni 1969 kündigte ihr der Beklagte mit tariflicher Frist.