BVerfG - Urteil vom 28.05.1993
2 BvF 2/90, 2 BvF 4/92, 2 BvF 5/92
Normen:
GG Art. 1 Abs. 1 Art. 2 Abs. 1, 2 Art. 4 Abs. 1. Art. 3 Abs. 2 Art. 6 ; RVO § 200 f § 200 g ; SFHG; SGB V § 24 ; StGB § 218 § 218a § 218b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 § 219 Abs. 1 Satz 1 ;
Fundstellen:
BVerfGE 88, 203
DRsp V(510)145a
DVBl 1993, 801
EuGRZ 1993, 229
EzA § 1 LohnFG Nr. 124
FamRZ 1993, 899
JA 1993, 313
JZ 1993, Sonderausgabe Beil. 11/93
JuS 1994, 69
MDR 1993, 789
MedR 1993, 301
NJ 1993, 333
NJW 1993, 1751
NStZ 1993, 483
NVwZ 1993, 877
NZS 1993, 353
SozSich 1993, 285
ZfSH/SGB 1993, 370

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs

BVerfG, Urteil vom 28.05.1993 - Aktenzeichen 2 BvF 2/90, 2 BvF 4/92, 2 BvF 5/92

DRsp Nr. 1993/2365

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs

»1. Das Grundgesetz verpflichtet den Staat, menschliches Leben, auch das ungeborene, zu schützen. Diese Schutzpflicht hat ihren Grund in Art. 1 Abs. 1 GG; ihr Gegenstand und - von ihm her - ihr Maß werden durch Art. 2 Abs. 2 GG näher bestimmt. Menschenwürde kommt schon dem ungeborenen menschlichen Leben zu. Die Rechtsordnung muß die rechtlichen Voraussetzungen seiner Entfaltung im Sinne eines eigenen Lebensrechts des Ungeborenen gewährleisten. Dieses Lebensrecht wird nicht erst durch die Annahme seitens der Mutter begründet. 2. Die Schutzpflicht für das ungeborene Leben ist bezogen auf das einzelne Leben, nicht nur auf menschliches Leben allgemein. 3. Rechtlicher Schutz gebührt dem Ungeborenen auch gegenüber seiner Mutter. Ein solcher Schutz ist nur möglich, wenn der Gesetzgeber ihr einen Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich verbietet und ihr damit die grundsätzliche Rechtspflicht auferlegt, das Kind auszutragen. Das grundsätzliche Verbot des Schwangerschaftsabbruchs und die grundsätzliche Pflicht zum Austragen des Kindes sind zwei untrennbar verbundene Elemente des verfassungsrechtlich gebotenen Schutzes.