BVerfG - Beschluß vom 18.07.1973
1 BvR 23/73; 1 BvR 155/73
Normen:
AuslG (Ausländergesetz vom 28. April 1965 - BGBl. I S. 353) § 10 ; GG Art. 19 Abs. 4 Art. 6 Abs. 1 Art. 3 Abs. 2 Art. 20 ;
Fundstellen:
BVerfGE 35, 382
BayVBl 1974, 190
DÖV 1974, 58
DVBl 1974, 79
FamRZ 1974, 180
JuS 1974, 251
JZ 1974, 259
MDR 1974, 288
NJW 1974, 227
NJW 1974, 1043
VerwRspr 26, 641
Vorinstanzen:
VGH Bayern, vom 03.10.1972 - Vorinstanzaktenzeichen 187 III 72
VGH Bayern, vom 13.11.1972 - Vorinstanzaktenzeichen 253 VIII 72
VGH Bayern, vom 16.04.1973 - Vorinstanzaktenzeichen 350 VIII 72

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Interessenabwägung bei einer Ausweisung

BVerfG, Beschluß vom 18.07.1973 - Aktenzeichen 1 BvR 23/73; 1 BvR 155/73

DRsp Nr. 1996/8123

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Interessenabwägung bei einer Ausweisung

»1. § 10 Abs. 1 Nr. 11 des Ausländergesetzes verletzt nicht das Rechtsstaatsprinzip.2. Der in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Rechtsschutz gilt in vollem Umfang auch für Ausländer.3. Die Anforderungen an das für die sofortige Vollziehung von Ausweisungsverfügungen erforderliche öffentliche Interesse dürfen im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Grundgesetzes nicht weniger streng sein als die Anforderungen an die Gründe für die Ausweisung selbst; vielmehr muß ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der sofortigen Vollziehung bestehen.4. Bei der gebotenen Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem privaten Interesse des Ausländers an weiterem Aufenthalt im Inland ist auch zu berücksichtigen, daß die sofortige Vollziehung einer Ausweisungsverfügung den Ausländer in seiner Rechtsverfolgung im Hauptsacheverfahren behindern kann.