BVerfG - Beschluß vom 03.05.1994
1 BvR 554/94
Normen:
BGB § 119 § 1953 Abs. 1 ; GG Art. 3 Abs. 1 Art. 14 Abs. 1 ;
Fundstellen:
DtZ 1994, 312
ErbPrax 1995, 122
Rpfleger 1995, 110
Vorinstanzen:
OLG Hamburg - Beschluß vom 04.02.194 - 2 Wx 115/92,

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Verneinung eines Irrtums nach § 119 BGB

BVerfG, Beschluß vom 03.05.1994 - Aktenzeichen 1 BvR 554/94

DRsp Nr. 1995/10411

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Verneinung eines Irrtums nach § 119 BGB

1. Die Regelung des § 119 Abs. 1 BGB, nach der eine Willenserklärung wegen Irrtums nur angefochten werden kann, wenn anzunehmen ist, daß sie der Erklärende bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung nicht abgegeben hätte, findet ebenso wie die Überbürdung der Beweislast auf den Anfechtenden seine Rechtfertigung im Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes.2. In der Anwendung dieser Regelung auf die Anfechtung der Ausschlagung einer Erbschaft liegt keine unverhältnismäßige Einschränkung des durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Erbrechts.3. Die Annahme, daß jemand auch bei Kenntnis der Eigentumsverhältnisse an den in der ehemaligen DDR belegenen Grundstücken ausgeschlagen hätte, verstößt nicht gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG.

Normenkette:

BGB § 119 § 1953 Abs. 1 ; GG Art. 3 Abs. 1 Art. 14 Abs. 1 ;

Gründe:

I.

1. Der Beschwerdeführer schlug im Jahre 1964 die Erbschaft nach seinem Vater mit der Begründung aus, daß der Nachlaß überschuldet sei. Nach seinen Angaben bestanden Nachlaßverbindlichkeiten in Höhe von rund 250.000 DM.