BVerwG - Urteil vom 19.07.2012
10 C 2.12
Normen:
EheG § 4 Abs. 1 S. 1; EGBGB Art. 13 Abs. 2; VwGO § 173;
Fundstellen:
BVerwGE 143, 369
NJW 2012, 3461
NVwZ 2012, 8
ZAR 2013, 71
Vorinstanzen:
OVG Berlin-Brandenburg, vom 13.01.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 2 B 17.09
VG Berlin, vom 23.04.2009 - Vorinstanzaktenzeichen VG 16 V 57.08

Verstoß des im indischen Recht der Zivilehe bestehenden Ehehindernisses der direkten Schwägerschaft gegen den deutschen ordre public

BVerwG, Urteil vom 19.07.2012 - Aktenzeichen 10 C 2.12

DRsp Nr. 2012/18273

Verstoß des im indischen Recht der Zivilehe bestehenden Ehehindernisses der direkten Schwägerschaft gegen den deutschen ordre public

1. Das im indischen Recht der Zivilehe bestehende Ehehindernis der direkten Schwägerschaft verstößt auch nach Aufhebung des § 4 Abs. 1 Satz 1 EheG durch das Eheschließungsrechtsgesetz vom 4. Mai 1998 nicht gegen den deutschen ordre public (Art. 13 Abs. 2 EGBGB), da es die Eheschließungsfreiheit (Art. 6 Abs. 1 GG) nicht unverhältnismäßig einschränkt.2. § 173 VwGO i.V.m. § 293 ZPO verpflichtet das Gericht im Verwaltungsprozess, ausländisches Recht unter Ausnutzung aller ihm zugänglichen Erkenntnisquellen von Amts wegen zu ermitteln. Dabei gilt der Grundsatz der größtmöglichen Annäherung an das ausländische Recht unter Einbeziehung der relevanten Rechtspraxis.3. Selbst wenn die Verfahrensbeteiligten die Feststellungen des Tatsachengerichts zum ausländischen Recht nicht in Frage stellen, kann das Gericht zu weiteren Ermittlungen verpflichtet sein.4. Revisionsrechtlich ist die Ermittlung ausländischen Rechts sowie der ausländischen Rechtspraxis im Verwaltungsprozess nicht dem Bereich der Rechtserkenntnis zuzuordnen, sondern wie eine Tatsachenfeststellung zu behandeln.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Januar 2011 aufgehoben.