OLG Hamm - Beschluss vom 22.05.2014
1 UF 66/13
Normen:
BGB § 138; BGB § 242; ZPO § 415; ZPO § 445 Abs. 2; FamFG § 70 Abs. 2;
Vorinstanzen:
AG Dortmund, vom 25.01.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 116 F 1130/12

Wirksamkeit und Auslegung eines Ehevertrages bei fehlender Kenntnis der Ehegatten von einer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Schwangerschaft der Ehefrau

OLG Hamm, Beschluss vom 22.05.2014 - Aktenzeichen 1 UF 66/13

DRsp Nr. 2014/15448

Wirksamkeit und Auslegung eines Ehevertrages bei fehlender Kenntnis der Ehegatten von einer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Schwangerschaft der Ehefrau

1. Auch wenn die einzelnen Regelungen in einem Ehevertrag noch akzeptabel sind, kann sich aus der Gesamtschau eine objektiv bedenkliche Belastung der Ehefrau ergeben, sofern keinerlei Kompensation für den Abschluss von gesetzlich vorgesehenen Scheidungsfolgen vorgesehen ist, obwohl sich die Ehefrau in erster Linie um die gemeinsamen geplanten Kinder kümmern soll. 2. Ist keinem Ehegatten bei Vertragsschluss die - objektiv bereits vorliegende - Schwangerschaft der Ehefrau bekannt, dann fehlt es an einer für die Annahme der Sittenwidrigkeit erforderlichen, auf einer ungleichen Verhandlungsposition beruhenden einseitigen Dominanz des Ehemannes. 3. Dem Ehemann ist eine Berufung auf den Ehevertrag nicht durch die Ausübungskontrolle verwehrt, wenn die Ehefrau von der - dem Lebensplan entsprechenden - Möglichkeit, sich durch zusätzliche Ausbildung oder Erwerbstätigkeit auf eigene Füße zu stellen und so für ihre Zukunftssicherung zu sorgen, keinen Gebrauch macht. Dem steht nicht entgegen, dass der Ehemann der Ehefrau die Finanzierung einer selbständigen Tätigkeit untersagt hat; denn die Ehefrau hätte in diesem Fall auch andere Berufswege (z.B. in abhängiger Beschäftigung) einschlagen können.

Tenor