OLG Köln - Beschluß vom 30.10.1995
16 Wx 186/95
Normen:
BGB § 11 ; FGG § 36 Abs. 1, § 43, § 46 ;
Fundstellen:
FamRZ 1996, 859
OLGReport-Köln 1996, 50

Wohnsitz und Gerichtstand eines Pflegekindes

OLG Köln, Beschluß vom 30.10.1995 - Aktenzeichen 16 Wx 186/95

DRsp Nr. 1996/11912

Wohnsitz und Gerichtstand eines Pflegekindes

Die Eltern, die ein Kind auf nicht absehbare Zeit in die Obhut einer Pflegefamilie geben, begründen im Zweifel den Kindeswohnsitz stillschweigend an dem neuen Aufenthaltsort, d.h. am Wohnort der Pflegefamilie. Es ist anerkannt, daß die Regelung des § 11 BGB nicht zwingend ist, sondern neben oder anstelle des gesetzlichen Wohnsitzes nach den §§ 7, 8 BGB ein gewillkürter Wohnsitz begründet werden kann. Die zeitlich unbefristete Übergabe des Kindes in die Obhut einer Pflegefamilie spricht ungeachtet des etwa fortbestehenden Sorgerechts der Eltern grundsätzlich für deren Willen, den Wohnsitz des Kindes an dessen neuem ständigen Aufenthaltsort zu begründen.

Normenkette:

BGB § 11 ; FGG § 36 Abs. 1, § 43, § 46 ;

Gründe:

I. Die Antragsteller haben die Antragsgegner mit der an das Amtsgericht Tübingen gerichteten Klage vom 23.03.1995 auf Herausgabe ihrer Tochter J. N. in Anspruch genommen. Die Antragsteller haben das Sorgerecht über das Kind. Im Hinblick auf ein gegen den Vater anhängiges Strafverfahren wegen sexuellen Mißbrauchs zum Nachteil seiner Tochter S. hatten sie J. N. den Antragsgegnern zur Pflege gegeben, weil sie befürchteten, daß ihnen auch bezüglich dieses Kindes das Sorgerecht entzogen werden