Der Vater des Klägers nahm in den Jahren 1983 und 1984 die Dienste der verklagten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Anspruch. Am 31. März 1984 erkannte er in zwei Urkunden an, den Beklagten für 1983 ein Honorar in Höhe von 115.700 DM und für weitere Tätigkeiten bis Ende März 1984 eine Vergütung von 89.020 DM zu schulden. Am 25. Mai 1984 verbürgte der Kläger sich auf den Anerkenntnisurkunden für die Verbindlichkeiten seines Vaters. Er wurde durch Urteil des Landgerichts Bonn vom 13. August 1985 verurteilt, an die Beklagten 204.720 DM nebst Zinsen zu zahlen. Die Berufung des Klägers wurde aufgrund mündlicher Verhandlung vom 5. März 1986 zurückgewiesen. Seine Revision, über die am 4. November 1987 mündlich verhandelt wurde, blieb ohne Erfolg. Weitere Schritte zur Unterbrechung der Verjährung ihrer Ansprüche gegen den Vater des Klägers, über dessen Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wurde, unternahmen die Beklagten nicht. Sie erhoben gegen ihren jetzigen Streithelfer - einen Rechtsanwalt - Klage auf Schadensersatz, weil er sie nicht darauf hingewiesen habe, daß zur Sicherung der Bürgschaftsforderung die Verjährung der Hauptforderung zu unterbrechen sei. Gegen den Streithelfer erging ein rechtskräftig gewordenes Grundurteil.
Die Vollstreckungsgegenklage, mit welcher der Kläger unter Berufung auf die Verjährung der Hauptforderung die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil vom 13. August 1985 geltend macht, hatte vor dem Landgericht Erfolg. Auf die Berufung des Streithelfers hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Die Revision ist begründet.
I.
Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, die Honorarforderungen der Beklagten gegen den Vater des Klägers seien nach der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren des Bürgschaftsprozesses (5. März 1986) und vor Schluß der Revisionsverhandlung (4. November 1987) verjährt. Die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Vaters steht dem nicht entgegen (vgl. BGHZ 95,
1. Danach verjährten die Honoraransprüche für die im Jahre 1984 erbrachten Leistungen mit Ablauf des 31. Dezember 1986. Das Schuldanerkenntnis des Vaters hat sich auf den Lauf der Verjährungsfrist nicht ausgewirkt. Die Voraussetzungen für ein abstraktes Schuldanerkenntnis, durch das ein eigenständiger vertraglicher Anspruch mit der 30jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB begründet worden wäre (vgl. BGH, Urt. v. 19. Februar 1982 -
2. Die Verjährung der Vergütungsansprüche für Leistungen im Jahre 1983 begann am 1. Januar 1984. Sie wurde durch das Schuldanerkenntnis vom 31. März 1984 nach § 208 BGB unterbrochen. Die neue Verjährung begann am 1. April 1984 und endete mit Ablauf des 31. März 1986, nicht - wie das Berufungsgericht gemeint hat - des 31. Dezember 1986. § 201 BGB ist auf eine neue Verjährung nach Beendigung der Unterbrechung der ursprünglichen Verjährung nicht mehr anwendbar (BGHZ 93,
II.
Der Kläger kann sich gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Verjährung der Hauptforderung berufen.
1. Die Berufung auf die Verjährung der Hauptforderung ist dem Kläger nicht schon deshalb versagt, weil sie sich erst vollendete, nachdem er aus der Bürgschaft gerichtlich in Anspruch genommen worden war. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterbricht eine Klage gegen den Bürgen die Verjährung des gesicherten Anspruchs gegen den Hauptschuldner nicht. Der Bürge kann daher, selbst wenn ihm die Einrede der Vorausklage - etwa gemäß § 773 Abs. 1 Nr. 3 BGB - nicht zusteht, die Verjährung der Hauptforderung auch dann noch einwenden, wenn diese Verjährung erst nach Erhebung der Bürgschaftsklage eintritt (BGHZ 76,
2. Dazu nötigt auch nicht die zeitlich nach der Grundsatzentscheidung BGHZ 76,
a) Die Bürgschaft begründet eine von der Verbindlichkeit des Hauptschuldners verschiedene, einseitig übernommene Verbindlichkeit des Bürgen (BGHZ 113,
b) Auch der Sinn der Verjährungsvorschriften vermag einen Ausschluß des Bürgen mit der Einrede, die Hauptschuld sei nach seiner gerichtlichen Inanspruchnahme verjährt, nicht zu rechtfertigen. In den Entscheidungen BGHZ 104,
c) Ob sich der Bürge auf eine Verjährung der Hauptschuld auch dann mit Erfolg berufen kann, wenn eine juristische Person als Hauptschuldnerin vor Ablauf der Verjährungsfrist vermögenslos geworden, im Handelsregister gelöscht und deshalb nicht mehr parteifähig ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
III.
Allerdings hat der Kläger sich während des Bürgschaftsprozesses auf den Eintritt der Verjährung der Hauptforderung nicht berufen. Das Berufungsgericht meint deswegen, er könne diese Einrede mit der Vollstreckungsgegenklage nicht mehr erheben, sondern sei mit ihr gemäß § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, weil er die Einrede in der Revisionsinstanz des Bürgschaftsprozesses hätte geltend machen können und müssen. Neue Tatsachen seien vom Revisionsgericht aus prozeßökonomischen Gründen zu berücksichtigen, wenn sie unstreitig seien oder wegen Offenkundigkeit keines Beweises bedürften, ihre Beachtung einer schnellen und endgültigen Streitbereinigung diene und keine schutzwürdigen Belange der Gegenpartei entgegenstünden. Seien diese Voraussetzungen - wie hier - erfüllt, verschiebe sich der für die Berücksichtigung des Vorbringens maßgebliche Präklusionszeitpunkt auf den Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht. Da die Einrede der Verjährung der Hauptforderung objektiv im Laufe des Revisionsverfahrens habe geltend gemacht werden können, sei Präklusion gemäß § 767 Abs. 2 ZPO eingetreten. Dieser auch im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht (vgl. insbesondere Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. § 561 Rdn. 29; ferner Stein/Jonas/Leipold, ZPO 20. Aufl. § 322 Rdn. 237; Rimmelspacher, Materiellrechtlicher Anspruch und Streitgegenstandsprobleme im Zivilprozeß S. 255 Fußn. 115) vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Eine solche Konsequenz wird weder von dem Grundgedanken, der die Rechtsprechung zur Zulassung neuen Vorbringens im Revisionsverfahren bewogen hat, noch von Sinn und Zweck des § 767 Abs. 2 ZPO gefordert.
1. § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmt, daß lediglich dasjenige vorbringen der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt, das aus dem Tatbestand des Berufungsurteils oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Die Urteilsgrundlage wird durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen (BGHZ 104,
a) Der grundsätzliche Ausschluß neuer tatsächlicher Umstände gemäß § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO trägt dem Charakter der Revisionsinstanz Rechnung, die keine Tatsachen-, sondern eine Rechtsinstanz ist (vgl. Mattern JZ 1963,
h) Der die Einschränkung des § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO tragende Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit zwingt indes nicht zu der Annahme, die insoweit begünstigte Partei sei zur Vermeidung endgültigen Rechtsverlustes von Gesetzes wegen gehalten, den ihr eingeräumten Handlungsspielraum auch zu nutzen. Mit dem Recht, ausnahmsweise entgegen der Grundkonzeption des § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO neue Tatsachen vorzutragen und ihre Berücksichtigung unter bestimmten Umständen erwarten zu dürfen, korrespondiert nicht notwendig die Pflicht, solche Tatsachen noch im Revisionsrechtszug vorbringen zu müssen. Die allgemeine Prozeßförderungspflicht nach § 282 Abs. 1 ZPO ist auf die Förderung des Verfahrens in den Tatsacheninstanzen zugeschnitten. Sie verpflichtet eine Partei, ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozeßlage einer sorgfältigen, auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozeßführung entspricht. Demgegenüber soll das Revisionsverfahren grundsätzlich von neuem Tatsachenvortrag freigehalten werden.
Es kann daher einer Partei nicht zu einem über den Prozeßverlust hinausgehenden Nachteil gereichen, wenn sie neue Tatsachen nicht in das Revisionsverfahren einführt. Sie kann nicht sicher davon ausgehen, daß das Vorbringen vom Revisionsgericht berücksichtigt wird, weil häufig nicht abzusehen ist, ob die neue Tatsache unstreitig bleibt oder ihrer Berücksichtigung schützenswerte Belange der Gegenpartei entgegenstehen. Wollte man sich auf den gegenteiligen Standpunkt stellen, könnte sich eine Partei gehalten sehen, alle möglichen neuen Tatsachen in der Revisionsinstanz vorzutragen, um die Rechtsfolge des § 767 Abs. 2 ZPO zu vermeiden. Hierdurch auftretende Streitfragen könnten das Revisionsverfahren nicht unerheblich verzögern. Bringt eine Partei neue Tatsachen nicht vor, sondern nimmt sie insoweit einen zweiten Rechtsstreit in Kauf, trägt sie mithin der besonderen Prozeßlage in der Revisionsinstanz Rechnung. Dann aber erscheint es nicht geboten, ihr im Zweitprozeß die Berufung auf neue Tatsachen mit dem Hinweis auf eine möglich gewesene Berücksichtigung im Revisionsverfahren des Erstprozesses zu versagen. Dagegen läßt sich nicht anführen, es komme für den Umfang der Präklusion nicht darauf an, ob eine Partei die neuen Tatsachen vorgetragen habe oder nicht (so Stein/Jonas/Grunsky a.a.O. § 561 Rdn. 29). Dies trifft zwar grundsätzlich zu (vgl. BGHZ 61,
2. Auch § 767 Abs. 2 ZPO schließt es nicht aus, bei einer Vollstreckungsgegenklage tatsächliche Umstände zu berücksichtigen, die erst nach Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz entstanden, aber im Revisionsverfahren nicht vorgetragen worden sind. Nach dieser Norm sind Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung, in der sie nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind. Bereits der Wortlaut der Bestimmung spricht dagegen, daß solche Tatsachen, die nach Schluß der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Erstprozeß eingetreten und im Revisionsverfahren nicht vorgebracht worden sind, durch § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert werden; denn ein Zwang zum Vortrag neuer Tatsachen in der Revisionsinstanz besteht - wie dargelegt - angesichts des grundsätzlichen Ausschlusses neuen Tatsachenvortrages gemäß § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht. Neue Tatsachen hätten daher im Revisionsverfahren nicht geltend gemacht werden müssen (so auch Gottwald S. 358).
Zweck des § 767 Abs. 2 ZPO ist es, die materielle Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils gegenüber nachträglichen Einwendungen abzusichern und dessen Vollstreckung vor Verzögerungen zu schützen (BGHZ 125,
3. Das Ergebnis stimmt überein mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu neuem tatsächlichen Vorbringen zu Restitutionsgründen in der Revisionsinstanz. Auch wenn das Revisionsgericht die neuen Tatsachen hätte berücksichtigen können (vgl. dazu BGHZ 3, 65,
IV.
Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Da es weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Die Hauptforderung ist - wie unter I dargelegt - verjährt; hierauf kann sich der Kläger gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen. Daher ist die landgerichtliche Entscheidung unter Aufhebung des Berufungsurteils wiederherzustellen.
Die Kosten der Rechtsmittelzüge hat der Streithelfer zu tragen, weil er allein Berufung eingelegt hat und im Revisionsverfahren unterlegen ist (vgl. BGH, Urt. v. 24. März 1959 -
Anmerkung Karsten Schmidt JuS 1998. 1063
Anmerkung Frauke Wernecke JZ 1999, 304
Bereits in der Entscheidung BGHZ 76,