BVerfG - Beschluß vom 23.10.1958
1 BvL 45/56
Normen:
GG Art. 6 Abs. 5 ; ZPO § 644 ;
Fundstellen:
BVerfGE 8, 210
FamRZ 1958, 451
JZ 1959, 88
MDR 1959, 20
NJW 1958, 2059
Rpfleger 1958, 182
Vorinstanzen:
LG Marburg, vom 04.07.1956 - Vorinstanzaktenzeichen 4 O 81/56

Verfassungsmäßigkeit des § 644 ZPO

BVerfG, Beschluß vom 23.10.1958 - Aktenzeichen 1 BvL 45/56

DRsp Nr. 1996/7373

Verfassungsmäßigkeit des § 644 ZPO

»1. Die Zivilprozeßordnung in der Fassung des Gesetzes zur Wiederherstellung der Rechtseinheit vom 12. September 1950 (BGBl. I S. 455) ist nicht vorkonstitutionelles Recht im Sinne der Entscheidung vom 24. Februar 1953 (BVerfGE 2, 124 [128]).2. Art. 6 Abs. 5 GG enthält einen bindenden Auftrag an den Gesetzgeber; dieser verletzt die Verfassung, wenn er es unterläßt, den Verfassungsauftrag in angemessener Frist auszuführen.3. Art. 6 Abs. 5 GG ist Ausruck einer verfassungsrechtlichen Wertentscheidung, die Gerichte und Verwaltung im Rahmen der geltenden Gesetze bei der Ausübung des Ermessens bindet.«

Normenkette:

GG Art. 6 Abs. 5 ; ZPO § 644 ;

Gründe:

I.

1. Der Kläger des Ausgangsverfahrens (Kläger) ist ein außerehelich geborenes Kind. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens (Beklagter) hat sich in notarieller Urkunde zur Unterhaltszahlung verpflichtet, weigert sich aber, seine Vaterschaft gemäß § 1718 BGB anzuerkennen. Der Kläger hat deshalb vor dem Landgericht Marburg Klage erhoben und beantragt festzustellen, daß der Beklagte sein Erzeuger sei. Der Beklagte hat Klageabweisung erbeten mit der Begründung, daß kein rechtliches Interesse an der Feststellung bestehe, er im übrigen Zweifel an seiner Vaterschaft habe.