BVerfG - Beschluß vom 19.07.1972
2 BvL 7/71
Normen:
GG Art. 1 Abs. 1 Art. 2 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1 Art. 12 Abs. 1 ; StPO § 53 Abs. 1 Nr. 3 ;
Fundstellen:
BVerfGE 33, 367
FamRZ 1972, 630
JZ 1973, 780
JuS 1973, 180
JuS 1973, 685
MDR 1973, 25
NJW 1972, 2214
SozSich 1973, 11
ZfS 1972, 336
ZfSH 1973, 345
Vorinstanzen:
AG Lüneburg, vom 04.03.1970 - Vorinstanzaktenzeichen 5a Gs 66/70

Verfassungsrechtliche Grundsätze für Zeugnisverweigerungsrechte im Strafverfahren

BVerfG, Beschluß vom 19.07.1972 - Aktenzeichen 2 BvL 7/71

DRsp Nr. 1994/2827

Verfassungsrechtliche Grundsätze für Zeugnisverweigerungsrechte im Strafverfahren

»Über die Regelung des § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO hinaus kann im Einzelfall ausnahmsweise und unter ganz besonders strengen Voraussetzungen eine Begrenzung des Zeugniszwangs unmittelbar aus der Verfassung folgen.«

Normenkette:

GG Art. 1 Abs. 1 Art. 2 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1 Art. 12 Abs. 1 ; StPO § 53 Abs. 1 Nr. 3 ;

Gründe:

A.

I.

1. Die Strafprozeßordnung gewährt den Angehörigen bestimmter Berufe ein sachlich begrenztes Zeugnisverweigerungsrecht. Dieses Recht beschränkte sich zunächst auf Geistliche, Strafverteidiger, Rechtsanwälte und Ärzte. Das Dritte Strafrechtsänderungsgesetz vom 4. August 1953 (BGBl. I S. 735) erweiterte den Kreis der Berechtigten um die Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer, Steuerberater, Zahnärzte, Apotheker und Hebammen. Durch das Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 19. Dezember 1964 (BGBl. I S. 1067) wurden ferner die Steuerbevollmächtigten einbezogen. Seitdem lautet die in Frage kommende Vorschrift:

§ 53

(1) Zur Verweigerung des Zeugnisses sind ferner berechtigt

1. Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekannt geworden ist;

2. Verteidiger des Beschuldigten über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekannt geworden ist;