Rechnungslegung

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Autor: Lissner

Rechnungslegungspflicht

Adressaten der Rechnungslegung

Der Insolvenzverwalter ist gem. § 66 Abs. 1 InsO verpflichtet, der Gläubigerversammlung Rechnung zu legen, deren Richtigkeit und Vollständigkeit vorab durch das Insolvenzgericht zu prüfen ist. Aus §§ 260, 259 BGB ergibt sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung gegenüber dem Schuldner, dessen Vermögen verwaltet wird. Die Rechnungslegungspflicht des Verwalters gegenüber dem Insolvenzgericht leitet sich aus § 58 InsO ab. Dagegen hat ein bestellter Verwalter keinen Anspruch auf Erstellung einer (Teil-)Schlussrechnung gegenüber dem abberufenen Verwalter (BGH v. 23.09.2010 - IX ZR 242/09).

Abweichende Regelung in einem Insolvenzplan

Der Insolvenzplan kann eine abweichende Regelung treffen (§ 66 Abs. 4 InsO). Die Schlussrechnungslegung steht in Gänze zur Disposition der Gläubiger. Die Rechnungslegung erfolgt im Interesse der Gläubiger. Wenn diese im Plan auf eine Rechnungslegung verzichten, soll für die Verfahrensaufhebung auch keine gerichtliche Vorprüfung der Schlussrechnung erforderlich sein (BayObLG, Beschl. v. 07.09.2022 - 102 VA 192/21). Eine abweichende Regelung über die Festsetzung der Vergütung kann hingegen nicht erfolgen.

Externe Rechnungslegungspflicht

Von dieser sogenannten internen Rechnungslegungspflicht des Verwalters ist dessen Verpflichtung zu unterscheiden, nach Handels- und Steuerrecht Rechnung zu legen (externe Rechnungslegungspflicht; vgl. Teil 5/8). So ist der Insolvenzverwalter z.B. nach § 155 InsO verpflichtet, Steuererklärungen für das schuldnerische Unternehmen abzugeben.

Die Verpflichtung tritt ein mit Beendigung des Amtes

Die Verpflichtung zur Rechnungslegung besteht grundsätzlich zum Zeitpunkt der Beendigung des Verwalteramts, jedoch kann die Gläubigerversammlung auch während des Verfahrens Zwischenabrechnungen verlangen (§ 66 Abs. 3 InsO). Das Amt des (vorläufigen) Verwalters endet mit

Beendigung der vorläufigen Insolvenzverwaltung gem. § 21 Abs. 2 Satz 1 InsO;

Entlassung aus dem Amt gem. § 59 InsO;

Aufhebung des Insolvenzverfahrens gem. §§ 200, 196 InsO;

Einstellung des Insolvenzverfahrens gem. §§ 207, 211, 212, 213 InsO sowie mit

Aufhebung des Insolvenzplanverfahrens gem. § 258 InsO.

Die Erfüllung der Rechnungslegungspflicht kann nach Maßgabe des § 58 Abs. 2 InsO vom Insolvenzgericht erzwungen werden. Allerdings ist das Insolvenzgericht nicht berechtigt, bei Verzug des Verwalters die Rechnungslegung im Wege der Ersatzvornahme auf einen Dritten zu übertragen (LG Bayreuth, Rechtspfleger 1965, 306). Das Insolvenzgericht kann den Verwalter jedoch mit Zwangsgeld dazu anhalten, seinen Pflichten nachzukommen (Teil 5/3.4). Dabei wird oftmals übersehen, dass der Insolvenzverwalter, der schließlich seinen Pflichten nachkommt, die Aufhebung des Zwangsgeldbeschlusses nur dann verlangen kann, wenn dieser noch nicht rechtskräftig ist.

Gegenstand der Rechnungslegung

Keine gesetzliche Bestimmung

Zu Inhalt und Umfang der Rechnungslegung des Insolvenzverwalters enthält die InsO keine Aussagen. Entsprechend dem Zweck der Verwaltung fremden Vermögens muss auch die Rechnungslegung nach der Insolvenzordnung die Geschäftsführung und die Verfahrensabwicklung des Verwalters darstellen, um eine ordnungsgemäße Prüfung durch das Gericht und danach durch die Gläubiger zu ermöglichen.

Inhalt der Schlussrechnung

Folglich muss die Rechnungslegung des Verwalters beinhalten: einen Tätigkeitsbericht (Schlussbericht) und eine Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben des Verwalters (abschließendes Zahlenwerk). Der Schlussbericht versteht sich dabei als erläuternde Darstellung des in der Schlussrechnung wiedergegebenen Zahlenwerks. Die Schlussrechnung im weiteren Sinne umfasst danach das Zahlenwerk und den Schlussbericht.

Prüfung der Rechnungslegung

Prüfung durch das Insolvenzgericht

Gläubiger identifizieren die gerichtliche Aufsicht über den Insolvenzverwalter vor allem auch mit der Prüfung der Schlussrechnung. Das Gesetz sieht hier vor, dass die Schlussverteilung gem. § 196 Abs. 2 InsO nur mit Zustimmung des Insolvenzgerichts durchgeführt werden darf, was zum einen den unmittelbaren Kontroll- und Mitwirkungsmechanismus des Insolvenzgerichts belegt, zum anderen aber auch die besondere Bedeutung der gerichtlichen Kontrolle widerspiegelt. Die Prüfung dieser Schlussrechnung gehört mithin zu den wichtigsten Pflichten des Insolvenzgerichts. Zwar ist nach dem Gesetz der "Gläubigerversammlung" Rechnung zu legen. Dies entbindet jedoch das Gericht nicht von einer formellen und (str.) materiellen (Vor-)Prüfung. Die Prüfung der Rechnungslegung in Form der Schlussrechnung obliegt dann funktionell dem Rechtspfleger, sofern das Verfahren eröffnet wurde. Dies gilt auch für die Rechnungslegung des vorläufigen Verwalters. Nach erfolgter Prüfung wird die Schlussrechnung mit den Belegen spätestens eine Woche vor dem Schlusstermin zur Einsicht der Beteiligten ausgelegt. Damit wird den Beteiligten die Möglichkeit gegeben, sich über den Inhalt der Schlussrechnung zu informieren und ggf. Anhaltspunkte für eine Haftung des Verwalters auszumachen. Die Bestandteile der Schlussrechnungslegung sind, auch wenn der Gesetzgeber nur von Schlussrechnung spricht, regelmäßig:

Schlussbericht;

Schlussrechnung als Einnahmen/Ausgabenüberschussrechnung;

Schlussbilanz, sofern eine Eröffnungsbilanz erstellt war;

Schlussverzeichnis (§ 188 InsO);

Belege und Kontoauszüge mit chronologischem Buchungsjournal;

Kontenblätter für die einzelnen Buchungskonten wie z.B. Aus- und Absonderungsrechte, Steuerberaterkosten, Anwaltskosten, Zinserträge;

Liste der delegierten Tätigkeiten;

Liste der Masseverbindlichkeiten;

im Fall einer Betriebsfortführung gesonderte Darstellung der Abwicklung und des sie betreffenden Belegwesens.

Erörterung im Schlusstermin

Der Schlusstermin dient u.a. der Erörterung der Schlussrechnung des Verwalters (§ 197 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO). Werden keine Einwendungen erhoben, so ist damit keine Entlastung des Verwalters verbunden. Vielmehr bleibt es den Beteiligten unbenommen, Haftungsansprüche gegen den Verwalter innerhalb der Fristen des § 62 InsO auch dann geltend zu machen, wenn die Schlussrechnung ungerügt blieb.

Umfang der gerichtlichen Prüfung

Der Umfang der gerichtlichen Schlussrechnungsprüfung ist umstritten und in der Literatur uneinheitlich bestimmt. Gläubiger, aber auch der Schuldner identifizieren die gerichtliche Schlussrechnungsprüfung eher mit einer "Vollprüfung" und verstehen damit meist neben der Rechtsaufsicht auch eine Fachaufsicht, im Rahmen der Schlussrechnungsprüfung also eine inhaltliche Vollkontrolle. Tatsächlich aber gilt auch im Rahmen der Schlussrechnungsprüfung tendenziell eher eine Gläubigerautonomie, d.h., in einem gläubigerbestimmten Verfahren haben vor allem diese die Schlussrechnung zu prüfen und ggf. entsprechend dagegen vorzugehen. Dies zeigt bereits die Bestimmung § 197 InsO, wonach eine Prüfung der Schlussunterlagen im Vorfeld zu geschehen hat, im Schlusstermin unter Beteiligung des Gerichts lediglich noch eine "Erörterung" der Schlussrechnung stattzufinden hat, das Procedere bei Einwendungen hingegen vor dem Prozessgericht abläuft. Die Prüfungspflicht des Gerichts umfasst folglich vor allem eine formelle Prüfung, eine materielle Prüfung ist hingegen streitig.

Die materielle Prüfung beinhaltet insbesondere die Verwaltungs- und Verwertungstätigkeit des Insolvenzverwalters. Dabei ist u.a. abzuklären, ob alle zur Masse gehörenden Vermögensgegenstände verwertet wurden und ob Masseverbindlichkeiten rechtmäßig begründet wurden. Die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit einzelner Vorgänge ist regelmäßig nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung, obgleich auch die bestmögliche Verwertung der Masse zu den Pflichten des Verwalters gehört, deren Erfüllung das Gericht zu prüfen hat.

Die formelle Schlussrechnungsprüfung besteht vordringlich in einer rechnerischen Prüfung und dem Abgleich der Belege. Das Ergebnis dieser Prüfung beinhaltet die Feststellung, dass die Voraussetzungen der Schlussrechnung vorliegen und dass die Schlussrechnung den äußeren Rahmen einhält, also alle Geschäftsvorfälle erfasst sind, die Buchhaltung in Ordnung ist und auch ansonsten die Ordnungsprinzipien der insolvenzrechtlichen Buchführung eingehalten sind. Hierzu sind zunächst eine ordentliche Schlussrechnung, bestehend aus Schlussbericht, Tätigkeitsbericht insbesondere über die Entwicklung vom Anfangsvermögen bis zum Schluss des Verfahrens, eine Insolvenzschlussbilanz, mindestens eine Einnahmenüberschussrechnung und ein Schlussverzeichnis erforderlich. Die formelle Prüfungspflicht bezieht sich also nur auf die äußere Ordnungsmäßigkeit einschließlich der rechnerischen Richtigkeit. Die Rechnungslegung muss hierzu so beschaffen sein, dass das Gericht ebenso wie ein sachverständiger Dritter die Buchführung ohne Schwierigkeiten übersehen und diese nachprüfen können, insbesondere danach, ob sämtliche Geschäftsvorfälle richtig und vollständig bezeichnet worden sind. Damit finden die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung der Richtigkeit, Klarheit, Vollständigkeit und Stetigkeit entsprechende Anwendung.

Externer Sachverständiger

Das Insolvenzgericht kann sich bei der Prüfung der vom Insolvenzverwalter gem. § 66 Abs. 2 InsO vorzulegenden Schlussrechnung der Hilfe eines Sachverständigen bedienen. Zutreffend geht man dabei aber davon aus, dass die Schlussrechnungsprüfung - vielmehr deren "Vorprüfung" - originäre Aufgabe der Gerichte ist. Während das Konkursrecht nur einen indirekten Prüfungsauftrag kannte, wird dieser in der InsO in § 66 InsO explizit formuliert. Durch die Hinzuziehung eines Sachverständigen wird dabei der eigentliche Prüfungsauftrag des Gerichts nicht beseitigt. Die finale Entscheidungskompetenz bleibt vielmehr bei den Gerichten. Das Ergebnis der Begutachtung oder einer Teilbegutachtung bildet daher nur einen Teilaspekt der späteren Prüfung durch das Gericht, so dass die Bestimmung § 66 InsO hierzu nicht im Widerspruch steht. Die Bestellung eines Sachverständigen entspricht dem allgemeinen zivilprozessualen Instrumentarium (§§ 402 ff. ZPO i.V.m. § 4 InsO), welches im Übrigen in der Insolvenzordnung ausdrücklich im Rahmen der Verfahrensgrundsätze genannt ist (§ 5 Abs. 1 Satz 2 InsO). Entscheidend ist, dass der Rechtspfleger des Insolvenzgerichts durch die Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht von der eigenen Prüfungspflicht enthoben ist. Deshalb steht der Hinzuziehung eines Sachverständigen auch die Regelung des Art. 33 Abs. 4 GG nicht entgegen. Die durch die Hinzuziehung eines Sachverständigen bei der Schlussrechnungsprüfung entstehenden Kosten sind Kosten des Insolvenzverfahrens gem. § 54 Nr. 1 InsO, die von der Insolvenzmasse zu tragen sind (OLG Stuttgart v. 15.10.2009 - 8 W 265/09). Die Möglichkeit, einen Sachverständigen zu bestellen, besteht bereits parallel zum laufenden Verfahren, sogenannter "begleitender Rechnungsprüfer" (AG Wetzlar v. 06.06.2018 - 3 IN 78/14). Gerade in größeren Verfahren verspricht dies nicht nur eine Zeitersparnis, sondern auch eine Kostenersparnis, wenn beispielsweise ein Gläubigerausschuss bestellt ist und dieser sich für denselben Prüfer entscheidet.

Prüfungsvermerk

Über das Ergebnis der Prüfung hat das Insolvenzgericht einen Prüfungsvermerk anzufertigen (§ 66 Abs. 2 Satz 2 InsO), der den Beteiligten ggf. auch Aufschluss über eventuelle Versäumnisse oder Unregelmäßigkeiten geben soll. Der Prüfungsvermerk ist also nicht als bloßes Abhaken zu verstehen.

Aufsicht des Insolvenzgerichts

Unabhängig von der in § 66 InsO normierten Rechnungslegungspflicht kann das Insolvenzgericht dem Insolvenzverwalter eine Rechnungslegung im Rahmen des § 58 InsO aufgeben. Eine Befreiung hiervon kann der Insolvenzplan nicht vorsehen. Eine Rechnungslegung ist darüber hinaus auch erforderlich, um die Vergütung des Verwalters festzulegen (vgl. § 8 InsVV).

Rechnungsprüfung durch Ausschuss/konkurrierende Prüfungsaufträge

Neben dem Gericht sind auch die Gläubiger zur Prüfung der Schlussrechnung berufen. Im Rahmen der Gläubigerautonomie obliegt diesen sogar in erster Linie die materielle Schlussrechnungsprüfung. Hierzu bedienen sich Gläubigergremien nicht selten eigenen Prüfern. Auch der Verwalter selbst wird in größeren Verfahren häufig einen Kassenprüfer einsetzen. Mithin kommt es nicht selten zu konkurrierenden Prüfungsaufträgen. Dies ist zulässig. Teilweise wird vertreten, dass in Verfahren, in denen ein Gläubigerausschuss existiert, der gem. § 69 InsO ebenfalls die Schlussrechnung des Insolvenzverwalters zu überprüfen hat und der seinerseits zum Zwecke der Rechnungsprüfung auf Kosten der Masse bereits einen Sachverständigen beauftragt hat, keine Möglichkeit des Gerichts mehr bestünde, einen weiteren Prüfungsauftrag zu vergeben. Auch die Gläubigerschutzvereinigung (GSV) spricht in einer Presseinformation davon, dass die Insolvenzmasse häufig durch eine nicht angebrachte Vergabe von Gutachtensaufträgen geschädigt würde. Zutreffend geht die h.M. (etwa Weitzmann, ZInsO 2007, 449 ff.; Graeber/Graeber, NZI 2014, 298 ff.; Madaus, NZI 2012, 119 ff.) aber davon aus, dass die Schlussrechnungsprüfung - vielmehr deren "Vorprüfung" - originäre Aufgabe der Gerichte sei und eine Vergabe an einen Schlussrechnungsprüfer denkbar bleibt. Während das Konkursrecht nur einen indirekten Prüfungsauftrag kannte, wird dieser in § 66 InsO explizit formuliert. Durch die Hinzuziehung eines Sachverständigen wird der eigentliche Prüfungsauftrag des Gerichts nicht beseitigt. Die finale Entscheidungskompetenz bleibt vielmehr bei den Gerichten. Das Ergebnis der Begutachtung oder einer Teilbegutachtung bildet daher nur einen Teilaspekt der späteren Prüfung durch das Gericht. Die Bestellung eines Sachverständigen entspricht dem allgemeinen zivilprozessualen Instrumentarium (§§ 402 ff. ZPO i.V.m. § 4 InsO), welches i.Ü. in der InsO ausdrücklich im Rahmen der Verfahrensgrundsätze genannt ist (§ 5 Abs. 1 Satz 2 InsO). Nicht zuletzt hat der Gesetzgeber selbst in der Begründung des RegEInsO ausdrücklich auf die Möglichkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen bei der Schlussrechnungsprüfung hingewiesen. Bei der Bestellung eines Sachverständigen handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Gerichte, die als verfahrensleitende Maßnahme nicht isoliert anfechtbar ist. Um unnötige Kosten zu vermeiden, bietet sich aber häufig die Bestellung eines gemeinsamen Rechnungsprüfers an. Ein solch sogenannter begleitender Schlussrechnungsprüfer kann beispielsweise bereits zu Beginn des Verfahrens eingesetzt werden. Im Rahmen des Berichtstermins könnten sich Gläubiger, Insolvenzverwalter und das Gericht beispielsweise über eine Person als Rechnungsprüfer einigen und diesen gemeinsam in einer Entscheidung bestellen.