Eröffnungsantrag

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Allgemeine Anforderungen

Darstellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit

Das Gesetz stellt an den Eigenantrag des Schuldners geringere verfahrensrechtliche Anforderungen als an den Eröffnungsantrag eines Gläubigers. So bedarf es grundsätzlich nicht der Glaubhaftmachung eines Insolvenzgrunds. Für die Zulässigkeit eines Eröffnungsantrags des Schuldners ist jedoch erforderlich, aber auch genügend, dass er Tatsachen mitteilt, welche die wesentlichen Merkmale eines Eröffnungsgrunds erkennen lassen (BGH, NJW 2003, 1187). Lediglich das Vorliegen eines Insolvenzgrunds zu behaupten, genügt demnach nicht. Vielmehr hat der Schuldner zumindest ein Vermögensstatut zu erstellen, aus dem sich seine derzeitige Vermögenssituation ergibt und das es dem Insolvenzgericht erlaubt, Schlüsse auf das Vorliegen eines Insolvenzgrunds zu ziehen. Soweit der Schuldner seinen Antrag auf die drohende Zahlungsunfähigkeit (vgl. Teil 15/1.2.1.2) stützt, muss darüber hinaus angegeben werden, mit welchen fälligen Verbindlichkeiten in nächster Zukunft zu rechnen ist und welche Möglichkeiten bestehen, diese Verbindlichkeiten abzudecken (siehe auch Muster in Teil 3/1.5.4).

Gläubigerverzeichnis

Nach § 13 Abs. 1 Satz 3 InsO hat der Schuldner seinem Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verpflichtend ein Verzeichnis seiner Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen (HK-InsO/Sternal, § 13 Rdnr. 21). Das Verzeichnis erleichtert es dem Gericht, die Gläubiger bereits in einem frühen Verfahrensstadium einzubeziehen. Dies gilt z.B. für die Bestellung des vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO. Um dem Gericht die Entscheidung über die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses zu ermöglichen, sind nach § 13 Abs. 1 Satz 4 InsO in dem Verzeichnis die Gläubigergruppen besonders kenntlich zu machen, aus deren Mitte das Gericht Mitglieder für den Gläubigerausschuss auswählt; dies allerdings nur dann, wenn der Geschäftsbetrieb des Schuldners nicht eingestellt ist. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass zu diesem Zeitpunkt im Verfahren gerade noch kein vorläufiger Insolvenzverwalter vorhanden ist, der nach der derzeitigen Praxis dem Gericht Vorschläge für die Besetzung präsentieren kann. Der Schuldner hat deshalb die höchsten Forderungen, die höchsten gesicherten Forderungen sowie die Forderungen der sogenannten institutionellen Gläubiger in dem Verzeichnis besonders herauszuheben, damit das Gericht diese unschwer identifizieren kann.

Nicht eingestellter Geschäftsbetrieb

Bei einem nicht eingestellten Geschäftsbetrieb setzt die Zulässigkeit des Eigenantrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 13 Abs. 1 Satz 5 InsO voraus, dass der Schuldner Angaben zur Bilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegangenen Geschäftsjahres macht. Soweit verlässliche Zahlen nicht zur Verfügung stehen, sind die Angaben erforderlichenfalls zu schätzen, wobei die Grundlagen für die Schätzung darzulegen und zu erläutern sind (AG Essen v. 25.03.2015 - 166 IN 22/15).

Erklärung des Schuldners

Dem Verzeichnis nach Satz 3 und den Angaben nach den Sätzen 4 und 5 ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind (§ 13 Abs. 1 Satz 7 InsO).

Form des Antrags

Im Übrigen gelten die oben gemachten Ausführungen zu Form und Inhalt des Eröffnungsantrags auch für den Schuldnerantrag. Ebenso müssen sich auch aus einem Schuldnerantrag diejenigen Tatsachen ergeben, anhand derer das Insolvenzgericht über die Zulässigkeit des Eröffnungsantrags zu entscheiden hat (z.B. Zuständigkeit und Insolvenzfähigkeit).

Eröffnungsantrag von einzelnen Vertretungsberechtigten

Wird der Eröffnungsantrag nicht von allen Vertretungsberechtigten bzw. allen persönlich haftenden Gesellschaftern oder Abwicklern gestellt, ist dieser nur zulässig, wenn der Insolvenzgrund glaubhaft gemacht wird (§ 15 Abs. 2 InsO). Insoweit sind an einen Eigenantrag demnach dieselben Anforderungen zu stellen wie an einen Fremdantrag.

Gerichtliche Prüfung

Ungeachtet dessen, dass die Zulässigkeit des Eigenantrags regelmäßig nicht von der Glaubhaftmachung des Insolvenzgrunds abhängig ist, hat das Gericht im Rahmen der Begründetheitsprüfung die Pflicht, amtswegige Ermittlungen zum Vorliegen eines Insolvenzgrunds anzustellen. In diesem Rahmen ist der Schuldner gem. § 20 InsO auch zur Auskunft über alle entscheidungserheblichen Tatsachen verpflichtet. Insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung bei einem Insolvenzverfahren über das Vermögen einer natürlichen Person muss das Gericht auch bei einem Eigenantrag letztlich vom Vorliegen eines Eröffnungsgrunds überzeugt sein (vgl. BGH, NJW 2003, 1187).

Führungslose Gesellschaft

Die Insolvenzgerichte sind damit insbesondere in den Fällen vor erhebliche Probleme gestellt, in denen ein Geschäftsführer in Anbetracht seiner Antragspflicht den Eröffnungsantrag stellt und anschließend unerreichbar ist. Insoweit hilft bei einer sogenannten Einmann-GmbH auch die in § 15a InsO enthaltene Antragspflicht der Gesellschafter nicht weiter. In diesen Fällen wird auch ein Sachverständiger nicht in der Lage sein, Ermittlungen hinsichtlich des Eröffnungsgrunds anzustellen. Kann sich das Insolvenzgericht demnach nicht vom Vorliegen eines Eröffnungsgrunds überzeugen, ist der Eigenantrag als unbegründet abzuweisen.

Rechtsschutzbedürfnis

§ 14 InsO verlangt ein Rechtsschutzbedürfnis nur für den Antrag des Gläubigers und geht dabei wohl stillschweigend davon aus, dass seitens des Schuldners ein Rechtsschutzinteresse regelmäßig unzweifelhaft ist. Dessen ungeachtet muss auch für einen Schuldnerantrag ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen (HK-InsO/Sternal, § 13 Rdnr. 25). Der Eröffnungsantrag eines Schuldners muss ernsthaft auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerichtet sein. Er darf nicht sachfremden Zwecken dienen (BGH v. 12.12.2002 - IX ZB 426/02; BGH v. 04.02.2016 - IX ZB 71/15; Graf-Schlicker/Kexel, § 13 Rdnr. 31; Uhlenbruck/Wegener, § 13 Rdnr. 81; Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, § 13 Rdnr. 112). Maßstab sind die in § 1 InsO genannten Verfahrensziele. Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (§ 1 Satz 1 und 2 InsO). An diesen Verfahrenszielen muss sich jeder Insolvenzantrag messen lassen (BGH v. 07.05.2020 - IX ZB 84/19). Das Rechtsschutzinteresse für einen Eröffnungsantrag fehlt folglich etwa dann, wenn der Antragsteller nicht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens anstrebt, sondern sich nur der Wirkungen des Eröffnungsverfahrens in rechtlich zu missbilligender Weise bedienen will (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 113). Gleiches gilt für einen Eröffnungsantrag, der unabhängig von den Vermögensverhältnissen des Schuldners und etwa bestehenden Ansprüchen gegen Gesellschafter, Geschäftsführer und Anfechtungsgegner ausschließlich auf eine Abweisung des Antrags mangels einer die Kosten des Insolvenzverfahrens deckenden Masse (§ 26 InsO) gerichtet ist. Ein grob obstruktives Verhalten des Schuldners kann darauf schließen lassen, dass dieser eine gesetzmäßige Durchführung des Insolvenzverfahrens nicht ernsthaft anstrebt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Schuldner seine Vermögenslosigkeit nur vortäuscht oder seine Vermögensverhältnisse vorsätzlich so verschleiert, dass eine sinnvolle Sachaufklärung und damit ein ordnungsgemäßes Verfahren nicht möglich ist (MüKo-InsO/Vuia, 4. Aufl., § 13 Rdnr. 89; Graf-Schlicker/Kexel, a.a.O.). Das Verfahrensziel der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger (§ 1 Satz 1 InsO) kann in einem solchen Fall von vorneherein nicht erreicht werden (BGH v. 07.05.2020 - IX ZB 84/19).

Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis bei "Firmenbestattung"

Das Rechtsschutzbedürfnis ist einem Eigenantrag etwa dann abzusprechen, wenn das Insolvenzverfahren dazu benutzt wird, einen unliebsamen Gesellschafter aus dem Unternehmen zu drängen. Missbräuchlich ist ferner der Insolvenzantrag, der ausschließlich einer sogenannten "Firmenbestattung" dient. Als "Firmenbestattung" wird ein Vorgang bezeichnet, bei dem sich die Verantwortlichen dazu entschließen, eine Gesellschaft verdeckt zu liquidieren, um ein Insolvenzverfahren zu vermeiden oder solange wie möglich hinauszuzögern. Regelmäßig werden dazu planmäßig die Vermögensgegenstände der Gesellschaft soweit wie möglich an nahestehende Personen, Nachfolgeunternehmen oder mit den Verantwortlichen verbundene Dritte übertragen, Forderungen der Gläubiger hingegen nicht mehr erfüllt (BGH v. 08.02.2018 - IX ZR 103/17 zu den Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 826 BGB). Äußere Anzeichen hierfür sind der Austausch der Geschäftsführer, die Veräußerung aller Gesellschaftsanteile, der Verlust der Geschäftsunterlagen und schließlich der Insolvenzantrag, der keinerlei verwertbare Vermögensgegenstände mehr ausweist (vgl. etwa Petersen, Die Firmenbestattung, 2015, S. 17 f. m.w.N.; Schmittmann, NZI 2007, 356). Ob eine manipulative Firmenbestattung anzunehmen ist, hat in erster Linie der Tatrichter zu beurteilen (BGH v. 09.10.2008 - IX ZB 224/07; BGH v. 07.05.2020 - IX ZB 84/19).

Versagung der Restschuldbefreiung

Wird dem Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Restschuldbefreiung rechtskräftig versagt, fehlt jedenfalls dann, wenn kein neuer Gläubiger hinzugetreten ist, einem erneuten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der allein dem Ziel der Restschuldbefreiung dient, ein schützenswertes rechtliches Interesse (BGH v. 11.10.2007 - IX ZB 270/05).

Bedingter Antrag

Wie der Gläubigerantrag darf auch der Schuldnerantrag grundsätzlich nicht unter einer Bedingung gestellt werden. Der Schuldner kann jedoch einen Eröffnungsantrag nebst Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten und Restschuldbefreiung wirksam unter der prozessualen Bedingung stellen, dass das Insolvenzgericht auf einen Gläubigerantrag seine - vom Schuldner bestrittene - internationale Zuständigkeit bejahe (BGH v. 09.02.2012 - IX ZB 86/11).

Konkurrierender Gläubigerantrag

Der Antrag des Schuldners auf Insolvenzeröffnung ist unzulässig, wenn bereits ein Gläubigerantrag zur Insolvenzeröffnung geführt hat und dieses Insolvenzverfahren noch andauert. Dass der Eröffnungsbeschluss noch nicht rechtskräftig ist, bleibt dabei unbeachtlich (BGH v. 04.12.2014 - IX ZB 5/14). Der zuvor mangels Masse abgewiesene Eröffnungsantrag eines Gläubigers steht der Zulässigkeit eines mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung verbundenen Antrags des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens allerdings nicht entgegen (BGH v. 07.07.2014 - IX ZB 86/13).