OLG München - Urteil vom 05.10.2010
5 U 4438/09
Normen:
InsO § 134;
Fundstellen:
WM 2011, 164
Vorinstanzen:
LG München I, vom 29.06.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 23 O 22636/08

Anfechtung an den Handelsvertreter gezahlter Bestandsprovisionen in einem Schneeballsystem

OLG München, Urteil vom 05.10.2010 - Aktenzeichen 5 U 4438/09

DRsp Nr. 2011/11050

Anfechtung an den Handelsvertreter gezahlter Bestandsprovisionen in einem Schneeballsystem

1. Der Handelsvertreter, der gemäß vertraglicher Vereinbarung der Schuldnerin Kunden zugeführt hat, hat gegen diese auch dann einen rechtswirksamen Provisionsanspruch, wenn das von der Schuldnerin betriebene Anlagemodell - vom Kunden und dem Handelsvertreter unerkannt - wegen Betreibens eines "Schneeballsystems" sittenwidrig ist und ein wirksamer Anlagevertrag daher nicht zustande gekommen ist. 2. Die Handelsvertreterprovision stellt, auch soweit es sich dabei nicht um die Abschlussprovision, sondern um die Bestandsprovision handelt, eine entgeltliche Leistung für die vom Handelsvertreter erbrachte Gegenleistung der Kundenwerbung und Kundenpflege dar. 3. Gemäß § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO i.V.m. § 818 Abs. 3 BGB ist der Handelsvertreter zur Herausgabe der rechtsgrundlos erlangten Provisionszahlung oder zum entsprechenden Wertersatz, § 818 Abs. 2 BGB, nicht verpflichtet, wenn die Provisionszahlungen die Lebensgrundlage des Handelsvertreters dargestellt haben und die Beträge restlos für die laufenden Lebensbedürfnisse verbraucht worden sind. 4. Die für den rechtsgrundlos Bereicherten einer Gehalts- oder Unterhaltszahlung anerkannten Beweiserleichterungen sind auch auf die bereicherungsrechtliche Rückforderung der Handelsvertreterprovision anzuwenden.