LAG Baden-Württemberg - Urteil vom 22.05.2019
21 Sa 74/18
Normen:
ZPO § 767; BGB § 195; BGB § 199 Abs. 1; BGB § 273 Abs. 1; BGB BGB § 387; BGB § 390; BGB § 611 a Abs. 1 S. 1; BGB § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt.; BGB § 818 Abs. 3; GewO § 108 Abs. 1 S. 1; InsO § 35 Abs. 1;
Vorinstanzen:
ArbG Stuttgart, vom 15.05.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 27 Ca 239/17

Ansprüche des Arbeitgebers bei nachträglicher Feststellung des Arbeitnehmerstatus eines vermeintlich freien MitarbeitersAnspruch auf Rückzahlung gezahlter UmsatzsteuerWirksamkeit der Freigabe der vermeintlich selbständigen Tätigkeit durch den Insolvenzverwalter

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.05.2019 - Aktenzeichen 21 Sa 74/18

DRsp Nr. 2020/8639

Ansprüche des Arbeitgebers bei nachträglicher Feststellung des Arbeitnehmerstatus eines vermeintlich freien Mitarbeiters Anspruch auf Rückzahlung gezahlter Umsatzsteuer Wirksamkeit der Freigabe der vermeintlich selbständigen Tätigkeit durch den Insolvenzverwalter

1. Wird der Arbeitnehmerstatus eines vermeintlich freien Mitarbeiters rückwirkend festgestellt, kann der Dienstberechtigte die auf die Rechnungen des vermeintlich freien Mitarbeiters an diesen gezahlte Umsatzsteuer im Wege der Leistungskondiktion zurückverlangen. Er ist nicht darauf zu verweisen, die zu Unrecht an den Mitarbeiter gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt im Rahmen seiner Umsatzsteuererklärung erstattet zu erhalten. Ein Fall der (zwingenden) Durchgriffskondiktion liegt nicht vor, vielmehr kann der Gläubiger eine Rückabwicklung "über Eck" verlangen.2. Erteilt ein Insolvenzverwalter gegenüber einem Insolvenzschuldner die Freigabe des vermeintlich selbstständig geführten Geschäftsbetriebs gemäß § 35 Abs. 2 InsO, wird diese Freigabe nicht dadurch unwirksam, dass sich später herausstellt, dass der Insolvenzschuldner in Wahrheit Arbeitnehmer war. Anderes kann gelten, wenn die Freigabe von Anfang an offensichtlich unwirksam war, weil der Insolvenzverwalter aufgrund konkreter Anhaltspunkte davon hätte ausgehen müssen, dass ein Arbeitsverhältnis vorliegt.