Außergerichtliche Schuldenbereinigung

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Geeignete Stelle oder Person i.S.d. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO

Wer als geeignete Person oder Stelle in Betracht kommt, sagt das Gesetz nicht. In § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO werden vielmehr die Länder ermächtigt, zu bestimmen, welche Personen oder Stellen als geeignet angesehen werden können.

Ausführungsgesetze der Länder

Von dieser Ermächtigung haben die Bundesländer durch den Erlass entsprechender Ausführungsgesetze zur Insolvenzordnung bzw. zum Sozialgesetzbuch Gebrauch gemacht, in dem sie weitgehend das Musterausführungsgesetz des Bundesjustizministeriums übernommen haben (vgl. z.B. Art. 14 bay. AGSG). Allerdings beschränken sich die Bundesländer dabei regelmäßig darauf, die Stellen zu bezeichnen, die als geeignet anzusehen sind und anerkannt werden können. Danach kann eine Stelle dann im Rahmen eines Anerkennungsverfahrens als geeignet angesehen werden, "wenn

sie von einer zuverlässigen Person geleitet wird, die auch die Zuverlässigkeit der einzelnen Mitarbeiter gewährleistet,

sie auf Dauer angelegt ist und Schuldnerberatung als eine ihrer Schwerpunktaufgaben betreibt,

in ihr mindestens eine Person mit ausreichender praktischer Erfahrung in der Schuldnerberatung tätig ist,

die erforderliche Rechtsberatung sichergestellt ist und

sie über zeitgemäße technische, organisatorische und räumliche Voraussetzungen für ordnungsgemäße Schuldnerberatung verfügt".

Die in einem Bundesland erteilte Genehmigung legitimiert die anerkannte Stelle grundsätzlich nicht dazu, auch in anderen Ländern als anerkannte Beratungsstelle aufzutreten (VG München v. 08.08.2019 – M 16 S 18.4084).

Mit der Begründung, dass die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 12/7302, S. 190) insoweit bereits ergiebige Aussagen enthalten, wird seitens der Länder auf die Bestimmung geeigneter Personen weitgehend verzichtet. Die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses nennt hier beispielhaft Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater. In der Praxis zeichnen sich aber auch vornehmlich Schuldnerberatungsstellen für den außergerichtlichen Einigungsversuch verantwortlich. Diese sind i.d.R. nicht nur berechtigt, eine solche außergerichtliche Einigung herbeizuführen, sondern dürften auch als besonders geeignet anzusehen sein, insbesondere nachdem solche Stellen seit dem 01.07.2014 auch berechtigt sind, den Schuldner im Insolvenzverfahren gerichtlich zu begleiten.

Rechtsdienstleistungsgesetz

Welche Personen darüber hinaus im Einzelfall als geeignet anzusehen sind, wird von den Gerichten festzustellen sein (VG Düsseldorf v. 05.09.2012 – 20 K 1012/129). Wenn mit § 8 Abs. 1 Nr. 3 RDG festgelegt wird, dass nur eine nach Landesrecht als geeignet i.S.v. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO anerkannte Stelle nicht den Beschränkungen des RDG unterliegt, kommt damit zum Ausdruck, dass Personen, die ansonsten nicht die Befugnis haben, fremde Rechtsangelegenheiten zu besorgen, weder im außergerichtlichen noch im gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren tätig sein können.

Vertretung des Schuldners

Gemäß § 305 Abs. 4 InsO kann sich der Schuldner im gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren von einer geeigneten Person oder einem Angehörigen einer als geeignet anerkannten Stelle i.S.d. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO auch bei eventuellen mündlichen Verhandlungen vertreten lassen (Uhlenbruck/Sternal, InsO, § 305 Rdnr. 137). Zu einer darüber hinausgehenden gerichtlichen Vertretung des Schuldners sind die anerkannten Stellen nicht befugt (vgl. BGH v. 29.04.2004 – IX ZB 30/04). In Verfahren, die nach dem 30.06.2014 beantragt werden, ist den geeigneten Personen und den Angehörigen einer als geeignet anerkannten Stelle auch die gerichtliche Vertretung des Schuldners im gesamten Insolvenzverfahren erlaubt (vgl. § 305 Abs. 4 Satz 1 InsO n.F.). Mit dieser Erlaubnis ist aber keine Verpflichtung der geeigneten Stellen oder Personen zur Vertretung des Schuldners im gerichtlichen Verfahren verbunden.

Gegen den Ausschluss von Bevollmächtigten nach den Bestimmungen des RDG oder nach § 157 ZPO ist in der Insolvenzordnung kein Rechtsmittel vorgesehen. Die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde ist nicht insolvenzspezifisch, sondern zivilverfahrensrechtlicher Art. Sie ist im Insolvenzverfahren daher nur statthaft, wenn sie gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zugelassen wurde (BGH v. 29.04.2004 – IX ZB 168/03).

Wettbewerbsverstoß

Wirbt ein Unternehmen, das keine zugelassene Stelle für Verbraucherinsolvenzen nach § 305 InsO ist und keine Erlaubnis nach dem RDG besitzt, in einem Angebot zur Finanz- und Wirtschaftsberatung mit "Entschuldungsmöglichkeiten", so ist diese Werbung irreführend und stellt einen Wettbewerbsverstoß nach § 5 UWG dar (OLG Oldenburg v. 08.09.2005 – 1 U 28/03). Die Zulässigkeit einer aus dem Ausland erbrachten Rechtsdienstleistung, welche die Regelung des Rechtsverhältnisses von im Inland ansässigen Parteien betrifft (hier: Schuldenbereinigung nach §§ 305 ff. InsO), ist nach dem RDG zu beurteilen (vgl. BGH v. 05.10.2006 – I ZR 7/04).