Gläubigerausschuss

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Vorläufiger Gläubigerausschuss

Änderung durch das ESUG

Bestand bisher der Grundsatz, dass das Insolvenzgericht einen vorläufigen Gläubigerausschuss nur im eröffneten Verfahren einsetzen kann, hat das ESUG dieses Instrumentarium nunmehr erheblich erweitert und de facto für alle Unternehmensinsolvenzverfahren die Möglichkeit eines (vorläufigen) Gläubigerausschusses bereits im Eröffnungsverfahren geschaffen ("vorvorläufiger Gläubigerausschuss"). Dessen Wirkung sollte nicht unterschätzt werden, denn hiermit erhalten die Gläubiger vom ersten Tag des Verfahrens an die Gelegenheit der Mitbestimmung und können gerade in Eigenverwaltungsverfahren von vornherein das Verfahren entscheidend steuern.

Ermessen des Gerichts

Vor der ersten Gläubigerversammlung kann das Insolvenzgericht von Amts wegen gem. § 67 Abs. 1 InsO einen vorläufigen Gläubigerausschuss im eröffneten Verfahren einsetzen. Inwieweit hiervon Gebrauch gemacht wird, liegt im Ermessen des Gerichts. Es besteht keine Verpflichtung des Gerichts zu einer obligatorischen Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses im eröffneten Verfahren. Regt der Insolvenzverwalter die Einsetzung an, wird das Insolvenzgericht dieser Anregung regelmäßig nachkommen.

Besetzung des vorläufigen Ausschusses

In dem vom Gericht einzusetzenden vorläufigen Gläubigerausschuss sollen nach § 67 Abs. 2 InsO folgende Gläubigergruppen vertreten sein:

die absonderungsberechtigten Gläubiger;

die Insolvenzgläubiger mit den höchsten Forderungen;

die Kleingläubiger;

ein Vertreter der Arbeitnehmer.

Beteiligung der Arbeitnehmer

Nach dem ESUG sollen Arbeitnehmer grundsätzlich beteiligt sein, ohne dass es auf die Höhe rückständigen Arbeitsentgelts ankommt. Haben die Arbeitnehmer keine Forderungen angemeldet, können sie nach § 67 Abs. 3 InsO berücksichtigt werden, müssen es aber nicht. "Vertreter" der Arbeitnehmer kann auch ein Gewerkschaftsvertreter sein.

Abweichungen von der "Regelbesetzung"

Von der vorgegebenen Regelbesetzung kann das Gericht, in Ausnahmefällen abweichen.

Kein Anspruch auf Berufung

Ein Anspruch einzelner Gläubiger auf Beteiligung an einem Gläubigerausschuss kann aus § 67 Abs. 2 InsO nicht abgeleitet werden. Welche Personen im Einzelnen bestellt werden, bestimmt das Gericht. Ebenso obliegt es dem Gericht die Anzahl der Mitglieder festzulegen, wobei mindestens drei Personen bestellt werden sollten, um klare Mehrheitsverhältnisse sicherzustellen. Ein aus nur zwei Personen bestehender Gläubigerausschuss kann nur einstimmige Entscheidungen treffen. Die Einsetzung eines Gläubigerausschusses, der nur aus einer Person besteht, ist nicht möglich (LG Neuruppin, ZIP 1997, 2130).

Vorläufiger Ausschuss im Eröffnungsverfahren, "vorvorläufiger Gläubigerausschuss"

Nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO kann das Insolvenzgericht als weitere Sicherungsmaßnahme bereits im Eröffnungsverfahren einen vorläufigen Gläubigerausschuss einsetzen ("vorvorläufiger Gläubigerausschuss"; siehe Teil 3/4.5.6). Nach § 22a Abs. 1 InsO ist das Insolvenzgericht verpflichtet, einen solchen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen, wenn der Schuldner im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale erfüllt hat:

mindestens 4.840.000 € Bilanzsumme nach Abzug eines auf der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrags i.S.d. § 268 Abs. 3 HGB;

mindestens 9.680.000 € Umsatzerlöse in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag;

im Jahresdurchschnitt mindestens 50 Arbeitnehmer.

Antrag des Schuldners im Eröffnungsverfahren

Auf Antrag des Schuldners kann ein Ausschuss nach § 22a Abs. 1 InsO gebildet werden, auch wenn dessen Voraussetzungen nicht vorliegen. Grundsätzlich wird sich für den Schuldner empfehlen, einen solchen Antrag zu stellen, wenn die Schwellenwerte unerheblich unterschritten werden oder die genauen Zahlen noch nicht bekannt sind.

Ausschluss der Bestellung im Eröffnungsverfahren

§ 22a Abs. 1 InsO, und damit auch dessen Absatz 2, ist nicht anzuwenden,

wenn der Geschäftsbetrieb des Schuldners eingestellt ist,

die Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses im Hinblick auf die zu erwartende Insolvenzmasse unverhältnismäßig ist oder

die mit der Einsetzung verbundene Verzögerung zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners führt (§ 22a Abs. 2 InsO).

Zusammensetzung des Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren

Hinsichtlich der Zusammensetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren verweist § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO auf § 67 Abs. 2 InsO. Im Gläubigerausschuss sollen die absonderungsberechtigten Gläubiger, die Insolvenzgläubiger mit den höchsten Forderungen und die Kleingläubiger vertreten sein. Dem Ausschuss soll ein Vertreter der Arbeitnehmer angehören. Der Ausschuss stellt durch seine repräsentative Zusammensetzung eine Ausgewogenheit der Verfahrensinteressen her, indem auch kleinere Gläubiger die gleichen Rechte wie Großgläubiger geltend machen können.

Aufgaben des vorläufigen Gläubigerausschusses

Zu den Aufgaben eines vorläufigen Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren gehört es, den vorläufigen Insolvenzverwalter zu überwachen und zu unterstützen. Nach § 56a InsO ist der vorläufige Gläubigerausschuss im Eröffnungsverfahren bei der Auswahl der Person des Insolvenzverwalters zu beteiligen. Bei der Entscheidung über die Anordnung einer Eigenverwaltung hat das Insolvenzgericht eine Beschlussfassung des vorläufigen Gläubigerausschusses zu berücksichtigen (§ 270 Abs. 3 InsO).

Rechtsmittel

Die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses bzw. die Bestellung der einzelnen Mitglieder ist, soweit der Rechtspfleger entschieden hat, mit der befristeten Rechtspflegererinnerung anfechtbar (§ 11 Abs. 2 RPflG). Hat dagegen der Richter entschieden, ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 6 InsO; Uhlenbruck/Knof, InsO, § 67 Rdnr. 24).

Befristung des vorläufigen Gläubigerausschusses

Die Tätigkeit des vorläufigen Gläubigerausschusses bzw. einzelner Mitglieder dieses Ausschusses endet mit der Entscheidung der Gläubigerversammlung, einen (endgültigen) Gläubigerausschuss nicht einzusetzen, einen vom Gericht eingesetzten Ausschuss zu bestätigen oder einen mit einer oder mehreren anderen Personen besetzten Ausschuss einzusetzen. Die Entscheidung über die Beibehaltung bzw. Abwahl des vom Gericht eingesetzten Ausschusses muss nicht zwingend in der ersten Gläubigerversammlung getroffen werden. Im Gegensatz zu § 57 InsO enthält § 68 InsO keine Beschränkung auf die erste Gläubigerversammlung. § 68 InsO ist jedoch zu entnehmen, dass nach der ersten Gläubigerversammlung das Gericht auch dann keinen vorläufigen Gläubigerausschuss mehr einsetzen kann, wenn in dieser ersten Gläubigerversammlung keine Entscheidung in Bezug auf einen Gläubigerausschuss getroffen wurde.