Sofortige Beschwerde (§ 6 InsO)

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Autor: Lissner

Gegen Entscheidungen des Insolvenzgerichts, die innerhalb des Insolvenzverfahrens selbst ergangen sind, gewährt § 6 Abs. 1 InsO eine eingeschränkte Möglichkeit zur Einlegung der sofortigen Beschwerde, beschränkt auf diejenigen Fälle, in denen die Insolvenzordnung selbst die sofortige Beschwerde vorsieht (LG Stuttgart v. 27.08.2018 - 19 T 51/18). Nicht davon betroffen sind Entscheidungen lediglich aus Anlass eines Insolvenzverfahrens. Diese richten sich nach den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften. Dies gilt z.B. für Entscheidungen des Insolvenzgerichts im Rahmen des § 36 Abs. 4 InsO. Bestimmt etwa das Insolvenzgericht die Zusammenrechnung mehrerer Einkünfte des Schuldners, so kann sich dieser mit der sofortigen Beschwerde nach § 793 ZPO gegen diese Entscheidung zur Wehr setzen.

Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde

§ 6 Abs. 1 InsO führt zwei Voraussetzungen an, unter denen die sofortige Beschwerde statthaft ist. Das Rechtsmittel ist nur zulässig, wenn es sich gegen eine Entscheidung des Insolvenzgerichts richtet. Außerdem muss die sofortige Beschwerde durch die Insolvenzordnung selbst zugelassen worden sein.

Ausdrückliche gesetzliche Zulassung ist notwendig

Eine gerichtliche Entscheidung ist der Ausspruch der in einem konkreten Fall eingetretenen oder anzuordnenden Rechtsfolge, der im Insolvenzverfahren durch Beschluss oder Verfügung erfolgen kann. Im Regelfall wird es sich um einen Beschluss handeln. Liegt eine Entscheidung des Insolvenzgerichts vor, ist ein Rechtsmittel dagegen nur dann statthaft, wenn die sofortige Beschwerde in der Insolvenzordnung zugelassen ist, wie die zweite Voraussetzung von § 6 Abs. 1 InsO bestimmt. Allerdings beschränkt sich in die gesetzliche Regelung nicht darauf, eine positive Zulassung der sofortigen Beschwerde zu verlangen. Über dieses Zulassungserfordernis hinaus formuliert die Insolvenzordnung auch einen Ausschlusstatbestand. Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nach der ausdrücklichen Anordnung des § 6 Abs. 1 InsO nur in denjenigen Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz, also die Insolvenzordnung, die sofortige Beschwerde zulässt. Andere Rechtsmittel als die insolvenzrechtliche sofortige Beschwerde sind nach dieser Formulierung nicht statthaft. Gegen die dazu ergangene Beschwerdeentscheidung ist die Rechtsbeschwerde nach den Vorgaben der §§ 574 ff. ZPO zulässig (vgl. Teil 2/3.2).

Anwendungsfälle

Die Insolvenzordnung sieht Beschwerdemöglichkeiten in den §§ 4d, 21, 34, 57, 58, 59, 64, 70, 78, 98, 99, 101, 153, 194, 197, 204, 211, 216, 231, 253, 272, 274, 289, 292, 293, 296, 297, 298, 300, 303, 309 und 313 InsO vor. Die Insolvenzordnung enthält jedoch keine ausdrückliche Regelung, wonach die Rechtsmittelbegrenzung der §§ 6 ff. InsO auch für Rechtsmittel gegen Entscheidungen gilt, die ihre Grundlage nicht direkt in der Insolvenzordnung, sondern in anderen Gesetzen haben.

Verweisung auf die ZPO

§ 4 InsO eröffnet die Rechtsbehelfe der Zivilprozessordnung, soweit in der Insolvenzordnung gegenteiliges nicht bestimmt wird und die Regeln der Zivilprozessordnung passen. Da die Verfahrensrechte Dritter durch die Bestimmung des § 6 InsO nicht geschmälert werden sollen, richten sich z.B. die Rechtsbehelfe gegen Festsetzungen von Sachverständigen- und Zeugenentschädigungen nach den § 4 JVEG und nicht nach der Insolvenzordnung. Wird das Insolvenzgericht funktional als Vollstreckungsgericht tätig, wie etwa im Falle einer Entscheidung gem. § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO, richtet sich der Rechtsmittelzug nach den allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften (BGH v. 15.11.2007 - IX ZB 34/06; BGH v. 05.02.2004 - IX ZB 97/03). Gegen die Entscheidung des Insolvenzgerichts als Vollstreckungsgericht findet folglich die sofortige Beschwerde statt (§ 793 ZPO), während die Entscheidung des Beschwerdegerichts nur dann mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar ist, wenn diese durch das Beschwerdegericht ausdrücklich zugelassen worden ist (§ 4 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

Enumerationsprinzip

Gemäß § 6 Abs. 1 InsO gilt bezüglich der Rechtsmittel das Enumerationsprinzip. Vorbereitende Maßnahmen des Insolvenzgerichts sind schon deshalb nicht anfechtbar, weil es sich dabei nicht um Entscheidungen in dem Sinne handelt, dass damit eine nach außen wirkende Rechtsfolge verbunden ist. Ebenso sind all jene Entscheidungen unanfechtbar, für die in der InsO nicht ausdrücklich eine Anfechtungsmöglichkeit vorgesehen ist. So steht z.B. dem einzelnen Insolvenzgläubiger kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Insolvenzgerichts zu, keinen Sonderinsolvenzverwalter zur Durchsetzung eines Anspruchs aus § 60 InsO gegen den Insolvenzverwalter zu bestellen (BGH v. 25.06.2009 - IX ZB 84/08). Auch ist die gerichtliche Bestätigung des neu gewählten Insolvenzverwalters nicht anfechtbar (BGH v. 08.01.2009 - IX ZB 161/07). Ebenfalls unanfechtbar ist die Weigerung des Insolvenzgerichts, dem Insolvenzverwalter bestimmte Weisungen zu erteilen (BGH v. 13.06.2006 - IX ZB 136/05). Der Beschluss, mit dem das Insolvenzgericht einen Antrag auf Vertagung der Gläubigerversammlung abgelehnt hat, ist ebenfalls nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (BGH v. 05.04.2006 - IX ZB 144/05). Die Rücknahmefiktion des § 305 Abs. 3 Satz 2 InsO ist auch dann unanfechtbar, wenn das Insolvenzgericht, ohne gegen das Willkürverbot zu verstoßen, dem Schuldner erfüllbare Auflagen unterbreitet, die dieser innerhalb der gesetzlichen Frist nicht erfüllt (BGH v. 22.10.2009 - IX ZB 195/08).

Außerordentliche Beschwerde

Das für Rechtsmittel im Insolvenzverfahren geltende Enumerationsprinzip schließt jedoch eine sofortige Beschwerde des Schuldners nicht aus, die sich gegen eine dem Gesetz fremde, in den grundrechtlich geschützten räumlichen Bereich des Schuldners eingreifende Maßnahme wendet - hier: Ermächtigung des Sachverständigen, die Wohnung des Schuldners zu betreten (BGH v. 04.03.2004 - IX ZB 133/03).

Zuständiges Gericht

Welches Gericht über die sofortige Beschwerde entscheidet, ergibt sich aus den §§ 72, 119 GVG. Danach ist das Landgericht für die Entscheidung über das Rechtsmittel berufen. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Landesgesetzgeber von der in § 119 Abs. 3 GVG geregelten Experimentierklausel Gebrauch macht und die oberlandesgerichtliche Zuständigkeit für die Beschwerden gegen amtsgerichtliche Entscheidungen bestimmt. Soweit ersichtlich, hat von dieser Möglichkeit noch kein Bundesland Gebrauch gemacht.

Besetzung des Gerichts

Das Beschwerdegericht, als Kammer, entscheidet nicht in einer Dreier-Besetzung, sondern in der Regel durch eines seiner Mitglieder als originärem Einzelrichter568 Satz 1 ZPO), es sei denn, es wird ausdrücklich von der Möglichkeit einer Übertragung nach § 568 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht. Diese Rückübertragung vom Einzelrichter auf die Kammer ist danach möglich, wenn

die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 568 Satz 1 Nr. 1, 2 ZPO).

Entscheidet der originäre Einzelrichter in einer Sache, der er rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst, über die Beschwerde und lässt er die Rechtsbeschwerde zu, so ist die Zulassung wirksam. Auf die Rechtsbeschwerde unterliegt die Entscheidung jedoch wegen fehlerhafter Besetzung des Beschwerdegerichts der Aufhebung von Amts wegen, weil der Einzelrichter in Rechtssachen, denen er grundsätzliche Bedeutung beimisst, zwingend das Verfahren an das Kollegium zu übertragen hat. Bejaht er mit der Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters (BGH v. 28.06.2012 - IX ZB 298/11).

Beschwer

Zur Einlegung des Rechtsmittels ist nur derjenige befugt, der durch die konkrete Entscheidung, die angegriffen werden soll, beschwert ist. Die materielle Beschwer lässt sich definieren als Betroffenheit von einer Entscheidung, die formale Beschwer als Abweichung einer Entscheidung vom gestellten Antrag zu Lasten des Beschwerdeführers. Die Frage, ob Zulässigkeitsvoraussetzung eines Rechtsmittels im Insolvenzverfahren stets auch die formelle Beschwer ist, wird u.a. bei der Frage der Rechtsmittelmöglichkeiten gegen die Verfahrenseröffnung erörtert. Nach § 34 Abs. 2 InsO steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde gegen den Insolvenzeröffnungsbeschluss zu. Materiell betroffen ist der Schuldner zwangsläufig. Gleichwohl kann er sich gegen die Verfahrenseröffnung, die aufgrund eines Eigenantrags erfolgt, grundsätzlich nicht zur Wehr setzen. Allenfalls dann, wenn sich die Vermögenslage des Schuldners nach Antragstellung verbessert hat und der Eröffnungsgrund zum maßgeblichen Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallen ist, ist die sofortige Beschwerde statthaft (BGH v. 18.01.2007 - IX ZB 170/06).

Beschwer bei Vergütungsfestsetzung

Der Gesetzgeber regelt - pauschal und nicht individuell für den Einzelfall - eine Rechtsmittelbefugnis auch eines Insolvenzgläubigers. Danach kann jeder Insolvenzgläubiger im Grundsatz ein Rechtsmittel einlegen. Dabei ist es unerheblich, ob die Forderung festgestellt oder bestritten ist. Voraussetzung ist aber, dass die Forderung angemeldet ist. Der BGH (BGH, Beschl. v. 07.12.2006 - IX ZB 1/04) ist der Ansicht, dass es für die Frage der Beschwerdeberechtigung gem. § 64 Abs. 3 Satz 1 InsO nicht darauf ankomme, ob eine zur Tabelle angemeldete Forderung tatsächlich besteht. Insolvenzgläubiger in diesem Sinne, der zur Beschwerde berechtigt ist, sei danach im Grundsatz jeder Gläubiger, der seine Forderung im eröffneten Insolvenzverfahren zur Tabelle angemeldet hat. Es sei dabei nicht die Aufgabe des Insolvenzgerichts, die Insolvenzgläubigereigenschaft festzustellen. Zu unterscheiden ist hiervon, ob "tatsächlich" im Einzelfall auch eine Rechtsmittelbefugnis besteht. Grundsätzlich muss für ein Rechtsmittel eine Beschwer gegeben sein. Liegt eine solche nicht vor, treffen den Beschwerdeführer also in der Frage keine Nachteile - ist er nicht tangiert und grundsätzlich nicht befugt, ein Rechtsmittel einzulegen.

Zudem hat der BGH jüngst (BGH, Beschl. v. 22.11.2022 - IX ZB 15/22) festgestellt, dass in denjenigen Fällen, in denen ein Beschwerdewert erreicht werden muss - so etwa im Fall der Beschwerde gegen die Festsetzung der Insolvenzverwaltervergütung -, sich dieser Wert dabei nach dem Betrag, um den der Beschwerdeführer in seinem Recht verkürzt ist, richtet, also im Beispielsfall der Verwaltervergütung um die eigene, individuelle Beschwer. Entscheidend ist daher ausschließlich die individuelle Beschwer des Beschwerdeführers, mithin die Differenz zu der im Erfolgsfall höheren Quote (im Fall der Vergütungsfestsetzung).

Wegfall der Beschwer

Haben sich die durch ein Insolvenzgericht nach § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 InsO angeordneten Sicherungsmaßnahmen mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erledigt, ist die Beschwerde unzulässig, weil die angefochtenen Sicherungsmaßnahmen den Schuldner nicht mehr beschweren. Ein dagegen gerichteter Fortsetzungsfeststellungsantrag kann nur dann statthaft sein, wenn eine tiefgreifende Grundrechtsverletzung zum Nachteil des Schuldners oder eine fortwirkende Beeinträchtigung, welche eine Sachentscheidung trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels ausnahmsweise erfordert, möglich erscheinen (BGH v. 17.09.2009 - IX 214/08).

Keine aufschiebende Wirkung

Die sofortige Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Sowohl das Insolvenz- als auch das Beschwerdegericht können nach Einlegung der Beschwerde die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung aussetzen (§ 570 Abs. 2, 3 ZPO). Die Entscheidung des Beschwerdegerichts wird erst mit Eintritt der Rechtskraft wirksam. Jedoch kann das Beschwerdegericht die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen (§ 6 Abs. 3 Satz 3 InsO).

Formalien

Die Formalien der Beschwerdeeinlegung richten sich auch bei der Beschwerde im Rahmen der Insolvenzordnung nach den Regeln der Zivilprozessordnung. Die Beschwerde kann demnach schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden (§ 569 Abs. 2 und 3 ZPO). Abweichend von § 569 Abs. 1 ZPO ist die sofortige Beschwerde ausschließlich beim Insolvenzgericht einzulegen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Ein unterzeichnetes Telefax ist, wie bei allen Verfahrensarten, zulässig. Es ist auch möglich, das Rechtsmittel per Computerfax mit eingescannter Unterschrift einzulegen (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, NJW 2000, 2340).

Beschwerdefrist

Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung, oder aber, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung (§ 6 Abs. 2 InsO). Erfolgt die Zustellung im Wege der öffentlichen Bekanntmachung gilt mit dem Wirksamwerden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 InsO) die Zustellung als bewirkt (§ 9 Abs. 3 InsO). Die Zustellungswirkung tritt jedoch dann nicht ein, wenn die öffentliche Bekanntmachung fehlerhaft war (hier: Vergütungsbeschluss des Insolvenzverwalters statt richtig des vorläufigen Insolvenzverwalters). In diesem Fall kommt auch die Vorschrift des § 569 Abs. 1 Satz 2 zweiter Halbsatz nicht zum Tragen, wonach die Beschwerdefrist spätestens fünf Monate nach der Verkündung bzw. dem Erlass der Entscheidung beginnt (BGH v. 10.11.2011 - IX ZB 165/10). Die Frist beträgt, in Übereinstimmung mit der Zivilprozessordnung, zwei Wochen569 Abs. 1 ZPO).

Fehlende Rechtsbehelfsbelehrung

Die öffentliche Bekanntmachung einer im Insolvenzverfahren ergangenen Entscheidung wirkt als Zustellung und setzt die Beschwerdefrist in Gang, auch wenn die gesetzlich vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung fehlt oder fehlerhaft ist. Der Belehrungsmangel kann allenfalls eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründen (BGH v. 24.03.2016 - IX ZB 67/15).

Beschwerdebegründung

Die sofortige Beschwerde soll begründet werden571 Abs. 1 ZPO). Sie kann auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden. Sie kann allerdings nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen habe (§ 571 Abs. 2 ZPO). Der Vorsitzende oder das Beschwerdegericht kann für das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln eine Frist setzen. Werden Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht innerhalb der Frist vorgebracht, so sind sie nur dann zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Verfahrens nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt (§ 571 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 ZPO). Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen (§ 571 Abs. 3 Satz 3 ZPO). Der Beschwerderechtszug im Insolvenzverfahren ist eine vollwertige zweite Tatsacheninstanz und das Beschwerdegericht ist als solches ebenfalls Insolvenzgericht. Es ist daher nicht gehindert, die angefochtene Entscheidung mit einer anderen Begründung zu bestätigen (BGH v. 17.09.2009 - IX ZB 62/08).

Abhilfe/Nichtabhilfe

Das Insolvenzgericht muss entscheiden, ob es der Beschwerde abhilft (§ 6 Abs. 2 Satz 2 InsO). Hilft es der Beschwerde ab, ist ein mit Gründen versehener Beschluss erforderlich; Beschlussgründe sind bei Nichtabhilfe und Vorlage ebenfalls erforderlich, falls in der Beschwerdebegründung neue Tatsachen geltend gemacht worden waren oder der angefochtene Beschluss keine Gründe enthalten hatte. Das Landgericht entscheidet als Beschwerdegericht (§§ 72, 119 GVG) aufgrund freigestellter mündlicher Verhandlung4 InsO, § 128 Abs. 4 ZPO). Anwaltszwang besteht nach § 78 Abs. 1 ZPO nur bei mündlicher Verhandlung. Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden (§ 569 Abs. 1 ZPO); das gilt auch für die Anordnung einer schriftlichen Erklärung (§ 571 Abs. 4 ZPO). Das Amtsermittlungsprinzip des § 5 Abs. 1 InsO gilt auch für das Beschwerdeverfahren. Die Beschwerdeentscheidung wird verkündet oder - was die Regel ist - anstelle der Verkündung zugestellt. Die Entscheidung ergeht in der Form eines Beschlusses (§ 572 Abs. 4 ZPO).

Änderung von Amts wegen

Beschlüsse des Insolvenzgerichts, die mit der sofortigen Beschwerde angreifbar sind, können grundsätzlich innerhalb laufender Beschwerdefrist von Amts wegen geändert werden (BGH v. 13.07.2006 - IX ZB 117/04).

Kosten

Bezüglich der Kosten gilt: Soweit im Beschwerdeverfahren ein Beschwerdegegner vorhanden ist, richtet sich die Kostenentscheidung nach den §§ 91 ff. ZPO. Dies gilt z.B. für Entscheidungen über die Ersetzung der Zustimmung oder über die Bewilligung der Restschuldbefreiung. Fraglich ist, ob von dieser generellen Regelung der Kostenverteilung eine Ausnahme bei Beschwerden gem. § 309 Abs. 2 Satz 3 InsO gilt, weil der Gläubiger gegen den Schuldner nach § 310 InsO keinen Kostenerstattungsanspruch hat. Für Beschwerdeverfahren bei kontradiktorisch angelegten Beschwerden kommt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in Betracht. In diesen Fällen ist dem Schuldner ggf. Prozesskostenhilfe ohne Prüfung der Erfolgsaussicht zu bewilligen, wenn ein Gläubiger Beschwerde eingelegt hat (§ 119 Satz 2 ZPO). Wenig bekannte Ausnahmen von dieser gesetzlichen Regel sind die Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse, ein grober Missgriff des Gerichts in der angefochtenen Entscheidung und Täuschungsfälle.

Rechtspfleger

Soweit der Rechtspfleger für die Entscheidungen im Rahmen des Insolvenzverfahrens zuständig ist, gelten Besonderheiten bezüglich der Rechtsmittel. Zusammengefasst kann Folgendes gesagt werden:

Wäre gegen eine gleichlautende richterliche Entscheidung ein Rechtsmittel (meist die sofortige Beschwerde) gegeben, so gelten die Vorschriften über dieses Rechtsmittel unmittelbar (auch) bezüglich der Entscheidungen des Rechtspflegers (§ 11 Abs. 1 RPflG);

Wäre gegen eine gleichlautende richterliche Entscheidung ein Rechtsmittel nicht gegeben, findet aus verfassungsrechtlichen Gründen die (sofortige) Erinnerung statt (§ 11 Abs. 2 RPflG); der Rechtspfleger entscheidet über die Abhilfe. Hilft er nicht ab, so legt er die Erinnerung zur Entscheidung dem Richter vor (§ 11 Abs. 2, 28 RPflG). Dessen Entscheidung ist nicht anfechtbar.

§ 11 Abs. 3 Satz 2 RPflG schließt zudem eine Erinnerung gegen die Festsetzung eines Stimmrechts durch den Rechtspfleger zur Gänze aus. Nach § 18 RPflG ist aber z.B. die Entscheidung des Rechtspflegers über ein Stimmrecht in der Gläubigerversammlung unter den dort genannten Voraussetzungen möglich (vgl. BGH v. 23.10.2008 - IX ZB 235/06). Zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung vgl. BVerfG vom 26.11.2009 - 1 BvR 339/09.