Das Gesetz stellt an den Eigenantrag des Schuldners geringere verfahrensrechtliche Anforderungen als an den Eröffnungsantrag eines Gläubigers. So bedarf es grundsätzlich nicht der Glaubhaftmachung eines Insolvenzgrunds. Für die Zulässigkeit eines Eröffnungsantrags des Schuldners ist jedoch erforderlich, aber auch genügend, dass er Tatsachen mitteilt, welche die wesentlichen Merkmale eines Eröffnungsgrunds erkennen lassen (BGH, NJW 2003, 1187). Lediglich das Vorliegen eines Insolvenzgrunds zu behaupten, genügt demnach nicht. Vielmehr hat der Schuldner zumindest ein Vermögensstatut zu erstellen, aus dem sich seine derzeitige Vermögenssituation ergibt und das es dem Insolvenzgericht erlaubt, Schlüsse auf das Vorliegen eines Insolvenzgrunds zu ziehen. Soweit der Schuldner seinen Antrag auf die drohende Zahlungsunfähigkeit (vgl. Teil 15/1.2.1.2) stützt, muss darüber hinaus angegeben werden, mit welchen fälligen Verbindlichkeiten in nächster Zukunft zu rechnen ist und welche Möglichkeiten bestehen, diese Verbindlichkeiten abzudecken (siehe auch Muster in Teil 3/1.5.4).
Nach § 13 Abs. 1 Satz 3 InsO hat der Schuldner seinem Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verpflichtend ein Verzeichnis seiner Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen (HK-InsO/Sternal, § 13 Rdnr. 21). Das Verzeichnis erleichtert es dem Gericht, die Gläubiger bereits in einem frühen Verfahrensstadium einzubeziehen. Dies gilt z.B. für die Bestellung des vorläufigen Gläubigerausschusses nach § 21 Abs. 2 Nr. 1a InsO. Um dem Gericht die Entscheidung über die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses zu ermöglichen, sind nach § 13 Abs. 1 Satz 4 InsO in dem Verzeichnis die Gläubigergruppen besonders kenntlich zu machen, aus deren Mitte das Gericht Mitglieder für den Gläubigerausschuss auswählt; dies allerdings nur dann, wenn der Geschäftsbetrieb des Schuldners nicht eingestellt ist. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass zu diesem Zeitpunkt im Verfahren gerade noch kein vorläufiger Insolvenzverwalter vorhanden ist, der nach der derzeitigen Praxis dem Gericht Vorschläge für die Besetzung präsentieren kann. Der Schuldner hat deshalb die höchsten Forderungen, die höchsten gesicherten Forderungen sowie die Forderungen der sogenannten institutionellen Gläubiger in dem Verzeichnis besonders herauszuheben, damit das Gericht diese unschwer identifizieren kann.
Bei einem nicht eingestellten Geschäftsbetrieb setzt die Zulässigkeit des Eigenantrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 13 Abs. 1 Satz 5 InsO voraus, dass der Schuldner Angaben zur Bilanzsumme, zu den Umsatzerlösen und zur durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer des vorangegangenen Geschäftsjahres macht. Soweit verlässliche Zahlen nicht zur Verfügung stehen, sind die Angaben erforderlichenfalls zu schätzen, wobei die Grundlagen für die Schätzung darzulegen und zu erläutern sind (AG Essen v. 25.03.2015 -
Dem Verzeichnis nach Satz 3 und den Angaben nach den Sätzen 4 und 5 ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind (§ 13 Abs. 1 Satz 7 InsO).
Im Übrigen gelten die oben gemachten Ausführungen zu Form und Inhalt des Eröffnungsantrags auch für den Schuldnerantrag. Ebenso müssen sich auch aus einem Schuldnerantrag diejenigen Tatsachen ergeben, anhand derer das Insolvenzgericht über die Zulässigkeit des Eröffnungsantrags zu entscheiden hat (z.B. Zuständigkeit und Insolvenzfähigkeit).
Wird der Eröffnungsantrag nicht von allen Vertretungsberechtigten bzw. allen persönlich haftenden Gesellschaftern oder Abwicklern gestellt, ist dieser nur zulässig, wenn der Insolvenzgrund glaubhaft gemacht wird (§ 15 Abs. 2 InsO). Insoweit sind an einen Eigenantrag demnach dieselben Anforderungen zu stellen wie an einen Fremdantrag.
Ungeachtet dessen, dass die Zulässigkeit des Eigenantrags regelmäßig nicht von der Glaubhaftmachung des Insolvenzgrunds abhängig ist, hat das Gericht im Rahmen der Begründetheitsprüfung die Pflicht, amtswegige Ermittlungen zum Vorliegen eines Insolvenzgrunds anzustellen. In diesem Rahmen ist der Schuldner gem. § 20 InsO auch zur Auskunft über alle entscheidungserheblichen Tatsachen verpflichtet. Insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung bei einem Insolvenzverfahren über das Vermögen einer natürlichen Person muss das Gericht auch bei einem Eigenantrag letztlich vom Vorliegen eines Eröffnungsgrunds überzeugt sein (vgl. BGH, NJW 2003, 1187).
Die Insolvenzgerichte sind damit insbesondere in den Fällen vor erhebliche Probleme gestellt, in denen ein Geschäftsführer in Anbetracht seiner Antragspflicht den Eröffnungsantrag stellt und anschließend unerreichbar ist. Insoweit hilft bei einer sogenannten Einmann-GmbH auch die in § 15a InsO enthaltene Antragspflicht der Gesellschafter nicht weiter. In diesen Fällen wird auch ein Sachverständiger nicht in der Lage sein, Ermittlungen hinsichtlich des Eröffnungsgrunds anzustellen. Kann sich das Insolvenzgericht demnach nicht vom Vorliegen eines Eröffnungsgrunds überzeugen, ist der Eigenantrag als unbegründet abzuweisen.
§ 14 InsO verlangt ein Rechtsschutzbedürfnis nur für den Antrag des Gläubigers und geht dabei wohl stillschweigend davon aus, dass seitens des Schuldners ein Rechtsschutzinteresse regelmäßig unzweifelhaft ist. Dessen ungeachtet muss auch für einen Schuldnerantrag ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen (HK-InsO/Sternal, § 13 Rdnr. 25). Der Eröffnungsantrag eines Schuldners muss ernsthaft auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gerichtet sein. Er darf nicht sachfremden Zwecken dienen (BGH v. 12.12.2002 - IX ZB 426/02; BGH v. 04.02.2016 - IX ZB 71/15; Graf-Schlicker/Kexel, § 13 Rdnr. 31; Uhlenbruck/Wegener, § 13 Rdnr. 81; Pape, in: Kübler/Prütting/Bork, § 13 Rdnr. 112). Maßstab sind die in § 1 InsO genannten Verfahrensziele. Das Insolvenzverfahren dient dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Dem redlichen Schuldner wird Gelegenheit gegeben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien (§ 1 Satz 1 und 2 InsO). An diesen Verfahrenszielen muss sich jeder Insolvenzantrag messen lassen (BGH v. 07.05.2020 - IX ZB 84/19). Das Rechtsschutzinteresse für einen Eröffnungsantrag fehlt folglich etwa dann, wenn der Antragsteller nicht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens anstrebt, sondern sich nur der Wirkungen des Eröffnungsverfahrens in rechtlich zu missbilligender Weise bedienen will (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 113). Gleiches gilt für einen Eröffnungsantrag, der unabhängig von den Vermögensverhältnissen des Schuldners und etwa bestehenden Ansprüchen gegen Gesellschafter, Geschäftsführer und Anfechtungsgegner ausschließlich auf eine Abweisung des Antrags mangels einer die Kosten des Insolvenzverfahrens deckenden Masse (§ 26 InsO) gerichtet ist. Ein grob obstruktives Verhalten des Schuldners kann darauf schließen lassen, dass dieser eine gesetzmäßige Durchführung des Insolvenzverfahrens nicht ernsthaft anstrebt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Schuldner seine Vermögenslosigkeit nur vortäuscht oder seine Vermögensverhältnisse vorsätzlich so verschleiert, dass eine sinnvolle Sachaufklärung und damit ein ordnungsgemäßes Verfahren nicht möglich ist (MüKo-InsO/Vuia, 4. Aufl., § 13 Rdnr. 89; Graf-Schlicker/Kexel, a.a.O.). Das Verfahrensziel der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger (§ 1 Satz 1 InsO) kann in einem solchen Fall von vorneherein nicht erreicht werden (BGH v. 07.05.2020 - IX ZB 84/19).
Das Rechtsschutzbedürfnis ist einem Eigenantrag etwa dann abzusprechen, wenn das Insolvenzverfahren dazu benutzt wird, einen unliebsamen Gesellschafter aus dem Unternehmen zu drängen. Missbräuchlich ist ferner der Insolvenzantrag, der ausschließlich einer sogenannten "Firmenbestattung" dient. Als "Firmenbestattung" wird ein Vorgang bezeichnet, bei dem sich die Verantwortlichen dazu entschließen, eine Gesellschaft verdeckt zu liquidieren, um ein Insolvenzverfahren zu vermeiden oder solange wie möglich hinauszuzögern. Regelmäßig werden dazu planmäßig die Vermögensgegenstände der Gesellschaft soweit wie möglich an nahestehende Personen, Nachfolgeunternehmen oder mit den Verantwortlichen verbundene Dritte übertragen, Forderungen der Gläubiger hingegen nicht mehr erfüllt (BGH v. 08.02.2018 - IX ZR 103/17 zu den Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 826 BGB). Äußere Anzeichen hierfür sind der Austausch der Geschäftsführer, die Veräußerung aller Gesellschaftsanteile, der Verlust der Geschäftsunterlagen und schließlich der Insolvenzantrag, der keinerlei verwertbare Vermögensgegenstände mehr ausweist (vgl. etwa Petersen, Die Firmenbestattung, 2015, S. 17 f. m.w.N.; Schmittmann, NZI 2007,
Wird dem Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Restschuldbefreiung rechtskräftig versagt, fehlt jedenfalls dann, wenn kein neuer Gläubiger hinzugetreten ist, einem erneuten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der allein dem Ziel der Restschuldbefreiung dient, ein schützenswertes rechtliches Interesse (BGH v. 11.10.2007 - IX ZB 270/05).
Wie der Gläubigerantrag darf auch der Schuldnerantrag grundsätzlich nicht unter einer Bedingung gestellt werden. Der Schuldner kann jedoch einen Eröffnungsantrag nebst Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten und Restschuldbefreiung wirksam unter der prozessualen Bedingung stellen, dass das Insolvenzgericht auf einen Gläubigerantrag seine - vom Schuldner bestrittene - internationale Zuständigkeit bejahe (BGH v. 09.02.2012 -
Der Antrag des Schuldners auf Insolvenzeröffnung ist unzulässig, wenn bereits ein Gläubigerantrag zur Insolvenzeröffnung geführt hat und dieses Insolvenzverfahren noch andauert. Dass der Eröffnungsbeschluss noch nicht rechtskräftig ist, bleibt dabei unbeachtlich (BGH v. 04.12.2014 - IX ZB 5/14). Der zuvor mangels Masse abgewiesene Eröffnungsantrag eines Gläubigers steht der Zulässigkeit eines mit einem Antrag auf Restschuldbefreiung verbundenen Antrags des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens allerdings nicht entgegen (BGH v. 07.07.2014 -
Den Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer natürlichen Person kann entweder diese Person selbst oder deren gesetzlicher bzw. rechtsgeschäftlicher Vertreter stellen (§ 4 InsO i.V.m. § 79 ZPO).
Bei juristischen Personen oder bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit ist nach § 15 Abs. 1 InsO jedes Mitglied des Vertretungsorgans bzw. jeder persönlich haftende Gesellschafter sowie jeder Abwickler zur Antragstellung berechtigt. Auf die konkrete Vertretungsbefugnis kommt es dabei nicht an. Danach ist z.B. für den rechtsfähigen Verein sowie für die AG oder die Genossenschaft jedes Vorstandsmitglied antragsberechtigt, auch wenn dieses ansonsten nur zusammen mit einem anderen Vorstandsmitglied vertretungsberechtigt ist. Dasselbe gilt für die Gesamtvertretung einer GmbH durch mehrere Geschäftsführer.
Derjenige, der, ohne ordnungsgemäß zum organschaftlichen Vertreter einer juristischen Person bestellt worden zu sein, deren Geschicke auch durch nach außen hervortretendes, üblicherweise dem Vertretungsorgan zuzurechnendes Handeln maßgeblich in die Hand genommen hat, ist als sogenanntes faktisches Vertretungsorgan der strafbewehrten Antragspflicht ebenso ausgesetzt wie ein ordnungsgemäß bestelltes Vertretungsorgan (Uhlenbruck/Hirte, § 15 Rdnr. 2). Der faktische Geschäftsführer einer GmbH ist somit gem. § 15a InsO unter den dort genannten Voraussetzungen verpflichtet, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH zu beantragen (vgl. BGH, NJW 1988, 1789). Dieser Antragspflicht folgt das Antragsrecht des faktischen Vertretungsorgans. Wer verpflichtet ist, einen Eröffnungsantrag zu stellen, dem kann nicht das Recht abgesprochen werden, seiner Verpflichtung nachzukommen. Das Antragsrecht des faktischen Vertretungsorgans endet dort, wo keine Antragspflicht besteht, und ist demnach bei drohender Zahlungsunfähigkeit nicht gegeben. Für die juristische Person Anträge zu stellen, ohne Vertretungsbefugnis zu besitzen, sollte auf die Fälle beschränkt bleiben, in denen der Schutz des Rechtsverkehrs dies gebietet.
Die juristische Person, die keinen organschaftlichen Vertreter hat, ist geschäfts- und prozessunfähig (vgl. OLG Dresden, NZI 2000,
Soweit eine Vorgesellschaft aufgrund entsprechender Geschäftstätigkeit als insolvenzfähig anzusehen ist, ist ein wirksam bestellter organschaftlicher Vertreter zur Insolvenzantragstellung befugt (HK-InsO/Sternal, § 15 Rdnr. 5). Dasselbe gilt für den Geschäftsführer einer als Komplementärin auftretenden Vor-GmbH für die Antragstellung bzgl. der nach außen hin tätig gewordenen GmbH & Co. KG. Ansonsten sind die Gesellschafter antragsberechtigt. Für die Vorgründungsgesellschaft gilt, wie für Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, jeder persönlich haftende Gesellschafter als antragsberechtigt.
Bei der BGB -Gesellschaft, der OHG und der KG ist wie bei der KGaA jeder persönlich haftende Gesellschafter antragsberechtigt. Besonderheiten gelten nach § 15 Abs. 3 InsO für Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (z.B. GmbH & Co. KG). Hier sind die organschaftlichen Vertreter bzw. die Abwickler der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter antragsberechtigt. Für die GmbH & Co. KG sind demnach die Geschäftsführer der Komplementär-GmbH zur Antragstellung befugt.
Wird der Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern bzw. allen Abwicklern, allen Gesellschaftern der juristischen Person, allen Mitgliedern des Aufsichtsrats gestellt, so ist dieser Antrag nur dann zulässig, wenn der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht wird (§ 15 Abs. 2 Satz 1 InsO).
Darüber hinaus sieht § 15 Abs. 2 Satz 3 InsO in diesem Fall vor, dass das Insolvenzgericht die übrigen Antragsberechtigten anzuhören hat.
Stützt sich ein Eröffnungsantrag auf die drohende Zahlungsunfähigkeit als Eröffnungsgrund, so muss der Antragsteller abweichend von § 15 Abs. 1 InsO zur Vertretung der juristischen Person bzw. der Gesellschaft berechtigt sein (§ 18 Abs. 3 InsO). Dabei ist die Vertretungsbefugnis, sofern keine vertraglichen Regelungen vorliegen, nach dem Gesetz zu beurteilen. Im Einzelnen gilt danach:
e.V., Mehrheitsprinzip, | |
OHG, KG, KGAA, Einzelvertretung (§§ 125, 161 Abs. 2 HGB, § 279 Abs. 2 AktG), | |
Eine Antragstellung durch die Gesellschafter einer juristischen Person oder die Mitglieder eines Aufsichtsrats kann sich demnach nicht auf die drohende Zahlungsunfähigkeit stützen.
Für natürliche Personen sind keine Antragspflichten vorgeschrieben. Auch die Erteilung einer Restschuldbefreiung setzt nicht voraus, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglichst frühzeitig gestellt wird.
Auch bei der Personengesellschaft (OHG, KG) mit natürlichen Personen als persönlich haftende Gesellschafter besteht keine Pflicht zur Antragstellung. Stellt dagegen eine juristische Person den persönlich haftenden Gesellschafter dar (GmbH & Co. KG), besteht die Pflicht zur Antragstellung.
Wird dagegen eine juristische Person zahlungsunfähig oder ergibt sich deren Überschuldung, so ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (siehe Teil 15/1.2.1.1) bzw. sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung (siehe Teil 15/1.2.1.3) zu beantragen (§ 15a Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO i.d.F. des Gesetzes v. 22.12.2020, BGBl I, 3256; vgl. Teil 15/2.4.1.1). Die drohende Zahlungsunfähigkeit (siehe Teil 15/1.2.1.2) i.S.d. § 18 InsO löst keine Antragspflicht aus.
Das Gleiche gilt gem. § 15a Abs. 1 Satz 2 InsO für eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (z.B. GmbH & Co. KG).
Bei der Vor-GmbH ist fraglich, ob eine Antragspflicht besteht. Die Vorgesellschaft wird der Personengesellschaft gleichzustellen sein. Die Geschäftsführer und persönlich Handelnden haften vollumfänglich. Strittig ist, ob die Überschuldung wegen zunächst bestehender persönlicher Haftung als Insolvenzgrund angenommen werden kann. Antragsberechtigt sind die Gesellschafter wegen unbeschränkter persönlicher Haftung. Es besteht keine Antragspflicht. Die Überschuldung ist kein Insolvenzgrund.
Die Pflicht zur Stellung des Antrags über das Vermögen einer Genossenschaft trifft den Vorstand (§ 15a InsO). Trotz Aufhebung des § 100 GenG durch Art.
Bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien sind die persönlich haftenden Gesellschafter zur Antragstellung verpflichtet (§ 15a InsO, § 278 Abs. 3 i.V.m. § 283 Nr. 14 AktG). Es ist jeder Komplementär allein verpflichtet. Bei alleiniger Antragstellung ist für die Insolvenzgründe keine Glaubhaftmachung erforderlich (§ 278 Abs. 1 AktG i.V.m. §§ 161 Abs. 2, 125 Abs. 1 HGB).
Bei eingetragenen Vereinen ist der Vorstand gem. § 42 Abs. 2 Satz 1 BGB verpflichtet, den Antrag zu stellen. Gemäß § 26 BGB gilt das Mehrheitsprinzip. Es ist jedoch jedes einzelne Vorstandsmitglied zur Antragstellung verpflichtet. Bei alleiniger Antragstellung ist der Eröffnungsgrund glaubhaft zu machen (§ 15 Abs. 2 InsO). Für den Liquidator des Vereins gilt Gleiches (§ 48 Abs. 2 InsO). Beim nicht eingetragenen Verein ist gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 InsO i.V.m. § 42 Abs. 2 Satz 1 BGB der Vorstand antragsverpflichtet. Im Übrigen gelten die gleichen Regelungen wie zum eingetragenen Verein.
Die Antragspflicht bei der Stiftung richtet sich gem. §§ 86 Abs. 1, 42 Abs. 2 BGB i.V.m. Landesrecht und Satzungsrecht an den Vorstand. Bei wirtschaftlichen Vereinen ist gem. § 22 BGB jedes Mitglied zur Antragstellung verpflichtet.
Zu den juristischen Personen in diesem Sinne zählen auch vergleichbare Auslandsgesellschaften, die ihren Verwaltungssitz und Betrieb im Inland haben. Allerdings ist insoweit die Gründungstheorie des EuGH zu beachten, die im Einzelfall dazu führen kann, dass deutsches Recht nicht oder nur modifiziert zur Anwendung kommen kann (vgl. LG Freiburg v. 08.11.2010 - 8 Ns
Inhaltlich bedeutet die Antragspflicht, dass der Antrag spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit (siehe Teil 15/1.2.1.1) oder sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung (siehe Teil 15/1.2.1.3) zu stellen ist (§ 15a Abs. 1 Satz 2 i.d.F. des Gesetzes v. 22.12.2020, BGBl I, 3256). Die Fristen beginnen mit positiver Kenntnis der jeweils zur Antragstellung verpflichteten Person von der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung (ohne Rücksicht auf die Aufstellung einer Bilanz). Eine fahrlässige Unkenntnis ist unbeachtlich (BGHZ 75,
Die Antragspflicht entsteht mit Eintreten der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Die antragsverpflichtete Person darf die Frist von drei bzw. sechs Wochen nicht ohne weiteres ausschöpfen. Sie stellt lediglich eine zeitliche Begrenzung dar, bis zu deren Ablauf der Unternehmensleiter das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu prüfen hat. Diese Frist dient nicht in erster Linie dazu, außergerichtliche Vergleichsbemühungen zu unterstützen. Solche Vergleichsbemühungen hemmen den Fristablauf nicht (BGHZ 75,
Antragspflichtig sind die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler (§ 15a Abs. 1 Satz 1 InsO). Jeder organschaftliche Vertreter ist für sich allein verpflichtet, auch bei Gesamtvertretung. Eine Antragspflicht gilt auch für den faktischen organschaftlichen Vertreter (BGH v. 11.07.2005 - II ZR 235/03). Der faktische Geschäftsführer einer GmbH kann demzufolge auch Täter einer Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO sein (BGH v. 18.12.2014 - 4 StR 323/14).
Im Fall der Führungslosigkeit einer GmbH ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer AG oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Antragstellung verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine (positive) Kenntnis (§ 15a Abs. 3 InsO). Die Beweislast von der Unkenntnis des Eröffnungsgrunds oder der Führungslosigkeit trifft den Gesellschafter bzw. das Mitglied des Aufsichtsrats.
Die Antragspflicht schon im Vorfeld der Vertreterlosigkeit, wenn der Aufenthalt der Geschäftsführer für die Gesellschafter unbekannt ist, war im Referentenentwurf noch vorgesehen, ist aber als unpraktikabel fallengelassen worden (BT-Drucks. 16/6140, S. 136). "Führungslosigkeit" i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 2 InsO liegt nur dann vor, wenn der organschaftliche Vertreter der Gesellschaft tatsächlich oder rechtlich nicht mehr existiert. Ein "unbekannter Aufenthalt" genügt nicht (AG Hamburg v. 27.11.2008 - 67c
Die Antragspflicht besteht für den Gesellschafter allerdings dann nicht, wenn er von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis hat. Aus dem Regierungsentwurf (BT-Drucks. 16/6140, S. 55) ergibt sich, dass den Gesellschafter bzw. Aufsichtsrat die "volle Beweislast" für seine Unkenntnis treffen soll. Was dies im Einzelnen bedeuten soll, ist umstritten: Mehr als seine Unkenntnis wird der Gesellschafter bzw. Aufsichtsrat in einem solchen Fall nicht vorzutragen imstande sein. Er muss aber darlegen, dass er die Umstände, die auf die Zahlungsunfähigkeit, die Überschuldung und die Geschäftsführerlosigkeit schließen lassen, nicht kannte. Sodann hat der Geschädigte vorzutragen und unter Beweis zu stellen, aufgrund welcher konkreten Tatsache Kenntnis bestanden haben muss. Die Antragspflicht des Gesellschafters entfällt, wenn der Gesellschafter nur eines der beiden Elemente, also
entweder den Insolvenzgrund oder | |
die Führungslosigkeit |
nicht kennt.
Eine umfassende Nachforschungspflicht wird dem einzelnen Gesellschafter nicht auferlegt. Hat der Gesellschafter oder das Aufsichtsratsmitglied Kenntnis vom Insolvenzgrund, so ist dies für ihn freilich Anlass nachzuforschen, warum der Geschäftsführer keinen Insolvenzantrag stellt. Der Gesellschafter wird dann meist die Führungslosigkeit erkennen. Umgekehrt hat der Gesellschafter, der die Führungslosigkeit kennt, Anlass nachzuforschen, wie es um die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft steht. Dabei hat naturgemäß der kleinbeteiligte Gesellschafter (10 %) weniger oder keinen Anlass zu solchen Überlegungen, weshalb ihm die Entlastung regelmäßig und ohne Schwierigkeiten gelingen wird.
Mit Kenntnis i.S.d. Vorschrift ist die positive Kenntnis gemeint; Kennenmüssen genügt grundsätzlich nicht. Die Rechtsprechung lässt es allerdings in vergleichbaren Fällen genügen, dass sich die Person, auf deren Kenntnis es ankommt, bewusst der Kenntnis verschlossen hat.
Der Antragspflicht kann das Mitglied des Vertretungsorgans, wie sich aus § 15a Abs. 4 Nr. 2 InsO ergibt, nur durch einen zulässigen Eröffnungsantrag nachkommen. Wurden die Geschäftsunterlagen vernichtet und ist das Vertretungsorgan deshalb angeblich nicht in der Lage, vollständig und nachvollziehbar zu den Eröffnungsvoraussetzungen vorzutragen, lässt ein solcher Sachverhalt die Antragspflicht nicht entfallen. Vorwerfbares eigenes Verhalten entbindet das Vertretungsorgan nicht von seinen Pflichten aus § 15a InsO (BGH v. 07.05.2020 - IX ZB 84/19).
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen einer gegebenen Verpflichtung einen Insolvenzantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig stellt (§ 15a Abs. 4 InsO). Auch die fahrlässige Begehungsweise ist strafbar (§ 15a Abs. 5 InsO). Danach macht sich auch strafbar, wer die Antragsobliegenheiten fahrlässig nicht erfüllt. Dementsprechend muss auch derjenige, der das Vorliegen eines Insolvenzantragsgrunds nicht positiv kennt, aber angesichts seiner individuellen Kenntnisse oder Vorbildung hätte erkennen können, mit Strafverfolgung rechnen. Dies kann vor allem bei führungslosen Gesellschaften für Gesellschafter oder für Mitglieder eines Aufsichtsrats weitreichende Folgen haben (siehe Teil 15/1.2).
Zu den Rechtsfolgen von Zahlungen, die bei bestehender Insolvenzreife einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit geleistet werden, vgl. Teil 15/2.4.2.
Die Verletzung der Antragspflicht durch den organschaftlichen Vertreter der GmbH führt zu einer Haftung nach § 43 GmbHG gegenüber der GmbH (vgl. BGH v. 18.03.1974 -
Gegenüber der AG haftet der organschaftliche Vertreter bei Verletzung der Antragspflicht nach § 93 Abs. 2 AktG.
Diejenigen, die nach § 15a InsO zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet sind, haften den Gesellschaftsgläubigern gegenüber, wenn sie dieser Pflicht nicht oder verspätet nachkommen gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a InsO, der als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB gilt (vgl. BGH v. 06.06.1974 -
Für das Verfahren über den Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist nach Nr. 2310 KV- GKG eine halbe Gebühr zu erheben. Im Gegensatz zum Gläubigerantrag, der eine Mindestgebühr von 198 € auslöst (Stand: 01.01.2021; siehe auch Teil 3/1.4.7), gilt für den Eigenantrag der Mindestbetrag des § 34 Abs. 2 GKG, also derzeit 15 € (Stand: 01.01.2021). Im Übrigen bestimmt sich die Gebührenhöhe nach dem Wert der Masse (§ 58 Abs. 1 GKG). Für die gerichtlichen Auslagen, die im Rahmen des Eröffnungsverfahrens anfallen (siehe auch Teil 3/1.4.7), haftet der Schuldner als Antragsteller nach § 23 Abs. 1 GKG. Hierzu gehört für den Fall, dass dem Schuldner die Verfahrenskosten gem. § 4a InsO gestundet wurden oder die Eröffnung abgelehnt wird, auch die Vergütung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 26a InsO, § 23 Abs. 3 GKG i.V.m. Nr. 9017 KV- GKG). Wird das Verfahren eröffnet, gehören die Kosten des Eröffnungsverfahrens zu den vorweg aus der Masse zu befriedigenden Ansprüchen (§ 54 Nr. 1 InsO).
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