BGH - Urteil vom 03.03.2022
IX ZR 53/19
Normen:
InsO § 19 Abs. 2 S. 1; InsO § 133 Abs. 1;
Fundstellen:
BB 2022, 705
BFH/NV 2022, 702
DB 2022, 857
DStR 2022, 1770
DZWIR 2022, 471
GmbHR 2022, 538
MDR 2022, 1116
MDR 2022, 852
NJW 2022, 1457
NZG 2022, 1120
NZI 2022, 476
WM 2022, 589
ZIP 2022, 704
ZInsO 2022, 716
Vorinstanzen:
LG Hamburg, vom 19.01.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 336 O 169/17
OLG Hamburg, vom 21.02.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 1 U 29/18

Kenntnis eines Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners als eine innere dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsache; Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung durch drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit

BGH, Urteil vom 03.03.2022 - Aktenzeichen IX ZR 53/19

DRsp Nr. 2022/4651

Kenntnis eines Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners als eine innere dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsache; Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung durch drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit

a) Die insolvenzrechtliche Überschuldung ist ein eigenständiges Beweisanzeichen für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und den Vollbeweis für die Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Vorsatz.b) Die Stärke des Beweisanzeichens hängt davon ab, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Überschuldung den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erwarten lässt und wann der Eintritt bevorsteht.c) Die Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Umstände, aus denen die insolvenzrechtliche Überschuldung des Schuldners folgt, trägt im Insolvenzanfechtungsprozess grundsätzlich der Insolvenzverwalter.d) Die im Rahmen des Besteuerungsverfahrens erfolgende Übermittlung eines Jahresabschlusses, dem sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag entnehmen lässt, löst keine Beobachtungs- und Erkundigungsobliegenheit der Finanzverwaltung im Blick auf eine mögliche insolvenzrechtliche Überschuldung aus.

Tenor