BAG - Urteil vom 09.06.2016
6 AZR 643/15
Normen:
InsO § 113 S. 2; InsO § 125 Abs. 1 S. 1; KSchG § 1 Abs. 2 S. 1; KSchG § 17 Abs. 1; KSchG § 17 Abs. 2; KSchG § 18 Abs. 1; KSchG § 18 Abs. 2;
Vorinstanzen:
LAG Niedersachsen, vom 21.09.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 8 Sa 1532/14
ArbG Lingen, vom 23.10.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Ca 174/14

Maßgebliche Beschäftigtenzahl bei anzeigepflichtigen MassenentlassungenEinheitliches Konsultations- und Anzeigeverfahren bei mehreren MassenentlassungenSperrfrist und Freifrist bei Massenentlassungen

BAG, Urteil vom 09.06.2016 - Aktenzeichen 6 AZR 643/15

DRsp Nr. 2017/16710

Maßgebliche Beschäftigtenzahl bei anzeigepflichtigen Massenentlassungen Einheitliches Konsultations- und Anzeigeverfahren bei mehreren Massenentlassungen Sperrfrist und Freifrist bei Massenentlassungen

1. Bei anzeigepflichtigen Massenentlassungen gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist für die Zahl der in der Regel Beschäftigten im Stilllegungsfall auch bei einem sukzessiven Vorgehen des Arbeitgebers mit mehreren Entlassungswellen der Zeitpunkt maßgeblich, in dem zuletzt noch eine normale Betriebstätigkeit entfaltet wurde. 2. Sollen in einem Betrieb nacheinander mehrere Massenentlassungen i.S.d. § 17 Abs. 1 KSchG durchgeführt werden, kann u.U. das Konsultationsverfahren ebenso wie das Anzeigeverfahren bezogen auf alle beabsichtigten Kündigungen zusammengefasst werden. Die Massenentlassungen bedürfen nach dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KSchG nicht zwingend gesonderter Verfahren nach § 17 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG . Im Gegenteil dient es der vollständigen Information des Betriebsrats und der Agentur für Arbeit, wenn im Rahmen eines einzigen Konsultatios- und Anzeigeverfahrens ein vollständiger Überblick über die beabsichtigten Kündigungswellen gegeben wird. Dies entspricht § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 bzw. Abs. 3 Satz 4 KSchG , wonach die erforderlichen Angaben über den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, zu machen sind.