Die rechtliche Stellung des Verwalters

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Notwendigkeit der Bestellung

Verhinderung des Insolvenzverwalters

Rechtliche Verhinderung

Ist der Verwalter gem. § 181 BGB im Einzelfall davon ausgeschlossen, für die Insolvenzmasse aufzutreten oder ist eine über die Regelung des § 181 BGB hinausgehende Interessenkollision bei einem Insolvenzverwalter zu befürchten, so ist für Aufgaben, an deren Wahrnehmung der Insolvenzverwalter in dieser Weise rechtlich gehindert ist, ein Sonderinsolvenzverwalter zu bestellen (vgl. BGH v. 24.01.1991 - IX ZR 250/89). Eine Interessenkollision in diesem Sinn ist u.a. dann gegeben, wenn persönliche Belange des Insolvenzverwalters betroffen sind oder widerstreitende Interessen innerhalb zweier Insolvenzverwaltungen vorliegen.

Tatsächliche Verhinderung

Eine tatsächliche Verhinderung des Insolvenzverwalters, wie etwa dessen Urlaubsaufenthalt, ist wohl nur dann Anlass zur Benennung eines Sonderinsolvenzverwalters, wenn keine anderen organisatorischen Maßnahmen getroffen werden können.

Das Institut der Sonderinsolvenzverwaltung darf nicht dazu missbraucht werden, einen Insolvenzverwalter zu bestellen, bei dem eine Interessenkollision schon bei dessen Amtsantritt bekannt ist (vgl. OLG Celle v. 23.07.2001 - 2 W 41/01).

Gesamtschaden

Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters

Bestehen Ansprüche wegen eines Gesamtschadens gegen den bestellten Insolvenzverwalter, so ist gem. § 92 Satz 2 InsO ein Sonderinsolvenzverwalter zu bestellen (vgl. BGH v. 22.04.2004 - IX ZR 128/03; BGH v. 05.10.1989 - IX ZR 233/87).

Schädigung der Insolvenzgläubiger

Der Gesamtschaden bezieht sich auf den Schaden, den der einzelne Insolvenzgläubiger ausschließlich aufgrund seiner Gläubigerstellung und damit als Teil der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger erlitten hat. Das schädigende Verhalten, aus dem der Schädiger in Anspruch genommen wird, muss die Insolvenzmasse verkürzt und damit zu einer geringeren Quote für die Gläubiger geführt haben (BGH v. 13.12.2018 - IX ZR 66/18). Der Schaden besteht in der Differenz zwischen der für die Erreichung der ohne das schädigende Ereignis anzunehmenden (Soll-)Quote erforderlichen (Soll-)Insolvenzmasse und der vorhandenen (Ist-)Masse (vgl. BGH v. 09.10.2014 - IX ZR 140/11, BGHZ 202, 324 Rdnr. 45; Schmidt/Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 92 Rdnr. 6). Er entspricht der Summe der Quotenschäden der einzelnen Gläubiger (BGH v. 25.09.2014 - IX ZR 156/12).

Schädigung der Massegläubiger

Die Befugnis des Sonderinsolvenzverwalters nach § 92 Satz 2 InsO erstreckt sich jedoch auch auf einen den Massegläubigern entstandenen Gesamtschaden. Mithin kommt es bei der Berechnung des Schadens nur darauf an, inwieweit die Pflichtverletzung des Insolvenzverwalters die Insolvenzmasse verkürzt und zu einem gemeinschaftlich erlittenen Schaden geführt hat. § 92 Satz 2 InsO ist jedenfalls entsprechend auf die Ansprüche der Massegläubiger aus § 60 InsO anzuwenden, wenn der von ihnen gemeinschaftlich erlittene Schaden durch eine Schmälerung der Insolvenzmasse nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit eintritt (BGH v. 12.03.2020 - IX ZR 125/17 m.w.N.). Denn in diesem Fall haben die Massegläubiger nur einen Anspruch auf eine Quote (arg. § 209 Abs. 1 InsO) und werden durch eine Masseverkürzung in gleicher Weise geschädigt wie ein Insolvenzgläubiger. Die Zielsetzung des § 92 Satz 2 InsO, den Gesamtschadensersatz für Masseschmälerungen allen Gläubigern gleichmäßig zukommen zu lassen und einen Wettlauf der Gläubiger zu verhindern, trifft nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit auch auf sie zu (BGH v. 12.03.2020 - IX ZR 125/17 m.w.N.).

Masseschmälerung durch den Verwalter

Wird durch ein pflichtwidriges Verhalten des Insolvenzverwalters die Masse geschmälert, handelt es sich um einen Schaden, welcher der Gemeinschaft der (Alt-)Gläubiger zur Last fällt und durch Zahlung in die Insolvenzmasse auszugleichen ist. Mit der Geltendmachung eines solchen Anspruchs ist ggf. ein Sonderinsolvenzverwalter zu betrauen (vgl. BGH v. 22.04.2004 - IX ZR 128/03). In diesem Rahmen kann ein Sonderinsolvenzverwalter auch mit der Aufgabe betraut werden, die Rückzahlung entnommener Vergütungen durchzusetzen (vgl. BGH v. 17.11.2005 - IX ZR 179/04). Auch mit der Frage, ob der Insolvenzverwalter die Masse restlos verwertet hat, kann ein Sonderinsolvenzverwalter betraut werden.

Voraussetzungen für die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters

Allein, dass es notwendig wird, derartige Ansprüche der Masse gegen den Insolvenzverwalter zu prüfen, rechtfertigt die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters. Nach OLG München (ZIP 1987, 656, 657) genügt es, dass es nicht auszuschließen ist und auch nicht völlig fern liegt, dass eine Schadensersatzpflicht gegen den amtierenden Insolvenzverwalter besteht. Nach Ansicht des BGH muss das Insolvenzgericht aufgrund des Akteninhalts oder nach dem Vortrag eines Verfahrensbeteiligten oder dem Beschluss der Gläubigerversammlung hinreichende rechtliche und tatsächliche Anhaltspunkte haben, dass ein Gesamtschadensersatzanspruch der Masse gegen den Insolvenzverwalter möglich erscheint. Es muss, ähnlich wie im Prozesskostenhilfeverfahren, summarisch prüfen, ob das Bestehen eines Gesamtschadensersatzanspruchs gegen den Insolvenzverwalter hinreichend wahrscheinlich ist. Weiter hat das Insolvenzgericht abzuwägen, welche Folgen die Bestellung eines Sonderinsolvenzverwalters für den Verwalter und den weiteren Verfahrensverlauf haben kann. Denn die Einsetzung eines Sonderinsolvenzverwalters kann neben erheblichen Kosten zu deutlichen Verfahrensverzögerungen führen und damit den Erfolg des Gesamtverfahrens beeinträchtigen. Bei geringfügigen und zweifelhaften Ansprüchen kann es eher gerechtfertigt sein, auf die Bestellung eines Sonderverwalters zu verzichten, als bei hohen oder als gesichert zu beurteilenden Ansprüchen (BGH v. 21.07.2016 - IX ZB 58/15).

Bildung von Sondermassen

Ein Sonderinsolvenzverwalter kann auch bestellt werden, wenn zur Befriedigung bestimmter Gläubigergruppen Sondermassen zu bilden sind, wie dies z.B. nach § 32 Abs. 3 DepotG der Fall ist (vgl. Uhlenbruck/Zipperer, InsO, § 56 Rdnr. 57).