LAG Hamm - Urteil vom 11.11.2005
7 Sa 822/05
Normen:
KSchG § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 § 18 ; BGB § 134 § 613 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 ; ZPO § 377 Abs. 3 ; Richtlinie 98/59/EG (vom 20.07.98);
Vorinstanzen:
ArbG Iserlohn, vom 17.03.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 4 Ca 2589/04

Wirksame Kündigung bei Betriebsstillegung - keine richtlinienkonforme Auslegung der Vorschriften zur Anzeigepflicht bei Massenentlassung - Vertrauensschutz bei unechter Rückwirkung - Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten der Bundesagentur für Arbeit - keine identitätswahrende Betriebsfortführung bei Umrüstung von Großserienproduktion auf Kleinserienfertigung

LAG Hamm, Urteil vom 11.11.2005 - Aktenzeichen 7 Sa 822/05

DRsp Nr. 2006/1604

Wirksame Kündigung bei Betriebsstillegung - keine richtlinienkonforme Auslegung der Vorschriften zur Anzeigepflicht bei Massenentlassung - Vertrauensschutz bei unechter Rückwirkung - Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten der Bundesagentur für Arbeit - keine identitätswahrende Betriebsfortführung bei Umrüstung von Großserienproduktion auf Kleinserienfertigung

1. Die gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung darf nicht im Widerspruch zum Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers stehen; eine richtlinienkonforme Auslegung der §§ 17 ff. KSchG ist daher nicht möglich.2. Eine richtlinienkonforme Auslegung der §§ 17 ff. KSchG auch für die Vergangenheit ist mit den Grundsätzen des Vertrauensschutzes nicht vereinbar; durfte die betroffene Partei mit der Fortgeltung der bisherigen Rechtslage rechnen und ist dieses Vertrauen bei einer Abwägung der Interessen des Einzelnen mit denjenigen der Allgemeinheit schutzwürdig, ist die unechte Rückwirkung unzulässig. 3. Entgegen der vom Arbeitsgericht Bochum vertretenen Rechtsauffassung erfahren die Verwaltungsakte der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der §§ 17, 18 KSchG Tatbestandswirkung für das arbeitsgerichtliche Kündigungsschutzverfahren.