Rechtsbeschwerde

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Autor: Lissner

Zulassung durch das Beschwerdegericht

Die Rechtsbeschwerde ist in Insolvenzverfahren nur statthaft, wenn sie vom Beschwerdegericht zugelassen wurde (§ 574 Abs. 1 ZPO). Die Nichtzulassungsbeschwerde findet nicht statt (§ 544 ZPO). Auch ein außerordentlicher Rechtsbehelf, der sich gegen eine "greifbar gesetzeswidrige" Entscheidung richten könnte, kann zum BGH nicht erhoben werden (vgl. BGH v. 15.02.2006 - IV ZB 57/04).

Zeitpunkt der Zulassung

Die Entscheidung über die Zulassung ist in dem Beschluss des Beschwerdegerichts zu treffen, mit dem es über die sofortige Beschwerde entschieden hat. Eine nachträgliche Entscheidung über die Zulassung kommt regelmäßig nicht in Betracht. Hiervon ausgenommen sind jedoch Fälle, in denen das Beschwerdegericht eine beschlossene Zulassung der Beschwerde versehentlich nicht in seine Entscheidung aufgenommen hat und sich aus dem Zusammenhang des Beschlusses selbst oder mindestens aus den Vorgängen bei seinem Erlass oder seiner Verkündung ergibt, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde beschlossen und nur versehentlich nicht in dem Beschluss ausgesprochen worden ist (BGH v. 12.03.2009 - IX ZB 193/08). In diesen Fällen kann eine Berichtigung des Beschlusses nach § 319 ZPO erfolgen (BGH v. 07.02.2013 - IX ZB 85/12).

Zulassung bei unstatthafter Rechtsbeschwerde

Ungeachtet einer eventuellen Zulassung ist die Rechtsbeschwerde dann nicht statthaft, wenn bereits die Erstbeschwerde unstatthaft war (BGH v. 23.10.2008 - IX ZR 235/06; BGH v. 31.03.2009 - IX ZB 77/09). Dies gilt nicht nur dann, wenn der Erstbeschwerdeführer die Rechtsbeschwerde erhebt, sondern auch, wenn diese von einem Verfahrensbeteiligten, der sich durch die Beschwerdeentscheidung erstmals beschwert sieht, eingelegt wird. Auch in diesem Fall ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn gegen eine entsprechende erstinstanzliche Entscheidung die sofortige Beschwerde nach § 6 InsO eröffnet gewesen wäre (BGH v. 23.09.2010 - IX ZA 21/10; BGH v. 14.12.2005 - IX ZB 54/04). Auch eine Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht ändert daran nichts (BGH v. 19.07.2012 - IX ZB 6/12). War die Ausgangsentscheidung für den Beschwerdeführer unanfechtbar, fehlt es auch an einer Grundlage für das Rechtsbeschwerdeverfahren; ein gültiges und rechtswirksames Verfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht ist nur möglich, solange das Verfahren nicht rechtswirksam beendet ist. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht ändert hieran nichts. Eine Entscheidung, die der Anfechtung entzogen ist, bleibt auch bei irriger Rechtsmittelzulassung unanfechtbar (BGH v. 07.02.2013 - IX ZB 43/12; BGH v. 22.06.2010 - VI ZB 10/10).

Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht

Nach § 574 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Die nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde ist jedoch dann nicht bindend, wenn das Beschwerdegericht bei seiner ursprünglichen Entscheidung irrtümlich davon ausgegangen ist, die Rechtsbeschwerde sei schon nach dem Gesetz statthaft (BGH v. 12.03.2009 - IX ZB 193/08). Hat das Beschwerdegericht fälschlich eine unanfechtbare Entscheidung auf die sofortige Beschwerde hin geändert, ist die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde selbst dann unstatthaft, wenn das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn die sofortige Beschwerde statthaft, jedoch unzulässig war, etwa weil es an der erforderlichen Beschwer fehlte (BGH v. 06.05.2004 - IX ZB 104/04), die Beschwerde dem Begründungserfordernis (§ 569 Abs. 2 Satz 2 ZPO) nicht genügte (BGH v. 21.12.2006 - IX ZB 81/06) oder verfristet war (BGH v. 23.10.2003 - IX ZB 369/02). Hat das Beschwerdegericht über die unzulässige sofortige Beschwerde sachlich entschieden, ist diese Entscheidung auf eine zulässige Rechtsbeschwerde hin aufzuheben und die sofortige Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (BGH v. 25.06.2009 - IX ZB 161/08).

Nichtzulassungsbeschwerde

Gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht statthaft. Ein außerordentliches Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof ist auch dann nicht statthaft, wenn die Entscheidung ein Verfahrensgrundrecht des Beschwerdeführers verletzt oder aus sonstigen Gründen "greifbar gesetzwidrig" ist. In einem solchen Fall ist die angefochtene Entscheidung durch das Gericht, das sie erlassen hat, auf (fristgebundene) Gegenvorstellung zu korrigieren. Wird ein Verfassungsverstoß nicht beseitigt, kommt allein eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht in Betracht (BGH v. 14.07.2009 - IX ZB 143/09).

Ausdrückliche gesetzliche Bestimmung;
Beschwer

Wie die Erstbeschwerde setzt auch die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde voraus, dass der Beschwerdeführer durch die Entscheidung des Beschwerdegerichts betroffen ist. Mangels Beschwer ist deshalb z.B. der Insolvenzverwalter nicht befugt, die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses durch das Beschwerdegericht anzufechten (BGH v. 08.03.2007 - IX ZB 163/06).

Anschluss des Gegners

§ 574 Abs. 4 ZPO lässt eine Anschließung des Rechtsbeschwerdegegners bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde zu.

Formalien der Rechtsbeschwerde, Fristen

Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat innerhalb einer Notfrist von einem Monat stattzufinden (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. Gleichzeitig wird festgelegt, dass die Rechtsbeschwerde durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht (dem Bundesgerichtshof) einzulegen ist. Aus dieser Regelung folgt gleichzeitig, dass eine Abhilfemöglichkeit der Vorinstanz ausgeschlossen ist. § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO enthält Bestimmungen über den Inhalt der Rechtsbeschwerdeschrift. Aus ihr muss danach hervorgehen, welche Entscheidung angegriffen wird, und dass gegen sie das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde eingelegt wird. In § 575 Abs. 1 Satz 3 ZPO ist bestimmt, dass mit der Rechtsbeschwerdeschrift eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden soll, um das Rechtsbeschwerdegericht frühzeitig, nämlich vor dem Eintreffen der angeforderten Akten, von dem Rechtsmittelinhalt in Kenntnis zu setzen. Gemäß § 575 Abs. 2 Satz 1 ZPO beträgt die Begründungsfrist für die Rechtsbeschwerde einen Monat und knüpft an die Zustellung der angefochtenen Entscheidung an (§ 575 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Der Rechtsbeschwerdeführer hat also nach Zustellung der Entscheidung einen Monat Zeit, seine Rechtsbeschwerde einzulegen und zu begründen. Sollte diese Frist im Einzelfall nicht ausreichen, erlaubt die Verweisung in § 575 Abs. 2 Satz 3 ZPO auf § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 ZPO auf Antrag eine Fristverlängerung um bis zu einem Monat, wenn nach der freien Überzeugung des Vorsitzenden das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht verzögert wird oder der Rechtsbeschwerdeführer erhebliche Gründe darlegt (§ 551 Abs. 2 Satz 6 ZPO), sowie weitere Verlängerungen, wenn der Gegner einwilligt (§ 551 Abs. 2 Satz 5 ZPO).

Begründung, Anträge

Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss zunächst die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts angefochten und ihre Aufhebung beantragt wird (§ 575 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Dabei handelt es sich um die Rechtsbeschwerdeanträge. Schließlich sind die Gründe der Rechtsbeschwerde anzugeben. Der Rechtsbeschwerdeführer muss die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 575 Abs. 3 Nr. 3a ZPO) und, wenn die Rechtsbeschwerde auf einen Verfahrensfehler gestützt wird, die Tatsachen vortragen, die den Verfahrensmangel ergeben (§ 575 Abs. 2 Nr. 3b ZPO). Diese strengen Anforderungen entsprechen den Vorgaben, die an eine Revisionsbegründungsschrift gestellt werden (§ 551 Abs. 3 ZPO).

Nur rechtliche Überprüfung

Mit der Rechtsbeschwerde kann nur geltend gemacht werden, dass die angefochtene Entscheidung auf der Verletzung formellen oder materiellen Rechts beruht576 Abs. 1 ZPO). Allerdings kann nur die Verletzung von Bundesrecht oder von Landesrecht, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt, der Rechtsbeschwerde zum Erfolg verhelfen. Das Vorbringen neuer Tatsachen oder Beweise ist ausgeschlossen. § 576 Abs. 2 ZPO bestimmt, dass die Rechtsbeschwerde nicht darauf gestützt werden kann, das erstinstanzliche Gericht habe seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen. Darüber hinaus sieht die Bestimmung vor, dass auch die zu Unrecht erfolgte Verneinung der Zuständigkeit durch das erstinstanzliche Gericht keinen Rechtsbeschwerdegrund darstellt. § 577 ZPO enthält Bestimmungen zum Prüfungsumfang des Rechtsbeschwerdegerichts und zu Inhalt und Form der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde.